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So weit die deutsche Zunge klingt.
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aller ähnlichen wahrzunehmen, das ist die deutliche, zuverläßig begründete Kenntniß der wirklichen Sprachverhältnisse. Eine solche kann uns eben nur die Statistik geben und Böckh hat diese Aufgabe, soweit ihm hier und da die dazu unerläßlichen Vorarbeiten an die Hand gingen, mit dem umfassenden Sinne eines deutschen Gelehrten gelöst. Im zweiten Abschnitte der Einlei­tung erörtert er die Methode, die allein zu richtiger Feststellung der Familien­sprache jedes Einzelnen, d. h. des wahren Idioms seiner Gedanken führen kann; auf diese Einzelbeobachtungen erst läßt sich dann nachher eine Ge- sammtstatistik der Nationalitätsverhältnisse gründen, welche zuletzt die Massen­erstreckung der großen Volksganzen, ihre mehr oder weniger in einander überfließenden Grenzen und den Grad ihrer tropfenweisen Zerstreuung jen­seits derselben auf Karten selbst zu sinnlicher Anschauung zu bringen erlaubt, wobei freilich wie der Prätor der graphische Darsteller um die Minima sich nicht kümmern kann. So überraschend einfach nun die methodischen Grundsätze Böckh's sich ausnehmen, so überzeugend geht doch auch die Noth­wendigkeit ihrer Darlegung aus den vielfachen principiellen Unklarheiten hervor, welche den Werth der übrigens so fleißigen ethnographischen Arbeiten z. B. verdienter östreichischer Statistiker leider einigermaßen vermindern.

Nach diesen kurzen, aber wichtigen Vorworten, die bei des Verfassers Liebe für den Gegenstand seiner nationalstatistischen Betrachtung natürlich in reiner und edler, aber hie und da gar schwierig gebauter Sprache gehal­ten sind, folgt die eigentliche Beschreibung, eine Wanderung in die Runde, unsere Sprachgrenzen entlang, oft aber auch darüber hinauseilend bis tief ins Innere der großen außerdeutschen Nachbargebiete, fo weit nur irgend unser unendlich ausdehnsames Volk über europäischen Boden seine Ansied- lungen verbreitet hat. Gäbe es schon eine überall gleich aufmerksame und treue internationale Statistik für diese Bevölkerungs- und Sprachzustände, so wäre die Arbeit am Ende leicht, eine bloße Zusammenrechnung würde genügen. So aber ist eine genaue Angabe und eindringende Kritik der ver­schiedenartigsten Quellen, eine schwierige Reduction ihrer Angaben auf einen Zeitpunkt allenthalben geboten. Diesem Behufe dient besonders der tabel­larische Anhang mit seinen reichen Erläuterungen. Wie aber im Reiche des Lebendigen nirgends ein Stillstand ist, wie Geburt und Tod, Ab- und Zu­wandern, Vordringen und Zurückweichen, Anpflanzen und Ausrotten, gerechte Duldung und gewaltthätige Unterdrückung die Berührungslinien der Völker hin und her schieben, so begnügt sich mit Recht der nationale Statistiker nicht mit dem momentanen Querschnitte: auch in die Vergangenheit senkt er den historischen Blick und deutet auf die Werdezeit der Colonisation, in die Zukunft richtet er die Hoffnung auf ein weiteres Vordringen seines sittlich und wirthschaftlich tüchtigeren Volkes oder die Mahnung zu schützen, was