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il kaut, sich verbinden sollte, so hindert jene nicht, daß man auch dies thue — eommö N taut.
Schließlich ist das Meisterstück der jesuitischen Kunst die Lehre von der „Liebe zu Gott." Als vornehmstes und größtes Gebot steht geschrieben: „Du sollst lieben Gott deinen Herrn von ganzem Herzen, von ganzer Seele u. s. w." Von diesem unbequemen Gebot scheint lediglich nichts wegzudeuten. Dennoch weiß der Casuist auch ihm beizukommen, um es illusorisch zu machen. Ueber das wichtige „Wann und wie oft" Gott so geliebt werden soll, hat Gott selbst nichts entschieden. Wie natürlich, daß die heiligen Väter sich mit dieser offenen Frage angelegentlich beschästigen! Suarez sagt: es ist genug, wenn man Gott liebt vor der Todesstunde; er bestimmt aber keine Zeit. Vasquez findet, daß es genügt in der Todesstunde. Andere: wenn man die Taufe empfängt; andere: an den Festtagen; Scotus: jeden Sonntag. Hurtado von Mendoza behauptet, daß man alle Jahre einmal Gott zu lieben verpflichtet sei. Pater Conink meint, daß die Verpflichtung in je 3 oder 4 Jahren stattfinde, Henriquez ist für je 5 Jahre, Filiutius aber findet es wahrscheinlich, daß man nicht allzustreng alle 5 Jahre verpflichtet sei. Wann aber? das überläßt er dem Urtheil der Verständigen. Endlich findet einer, daß man genau genommen nur zur Befolgung der andern Gebote verpflichtet sei, ohne irgend eine Neigung zu Gott und ohne Hingebung unsres Herzens an ihn, — vorausgesetzt, daß man ihn nicht haßt. „Schaue an die Güte Gottes! es ist uns nicht sowohl geboten ihn zu lieben, als — ihn nicht zu hassen!"
Man sollte nun denken, eine solche Aufdeckung der jesuitischen Künste, ausgeführt zugleich mit solchem schriftstellerischen Talent, mit soviel Witz und so viel sittlicher Energie hätte müssen einen Aufschrei der Gewissen zur Folge haben, hätte geradezu tödtlich für den Jesuitismus sein müssen. Statt dessen sehen wir Port Rvyal unterdrückt, die Provincialbriefe auf Befehl des Königs verbrannt, den Jesuitismus siegreich aus dem Kampfe hervorgehen. Wie war das möglich? Mußte nicht der Angriff gerade deshalb um so mächtiger sein, weil er aus dem Katholicismus selbst sich erhob, an die guten Mächte innerhalb des eigenen Bekenntnisses sich wandte und von Männern ausging, die nicht müde wurden, ihre Rechtgläubigkeit zu betheuern? Gerade darin lag die verhängnißvolle Täuschung. Es sind die siegreichsten Abschnitte unsres Buchs, in welchen gezeigt wird, wie der Jansenismus an seiner eigenen Halbheit zu Grunde gehen mußte.
Ausgegangen war die jansenistische Bewegung von dem tieferen religiösen Bedürfniß des Subjects. Das Verlangen nach Heilsgewißheit wurde in jenen frommen Seelen zu stark, als daß ihnen die äußeren Formen der kirchlichen Gemeinschaft genügen konnten. Nicht Zweifel an irgend welchen Dogmen oder an der Autorität der Kirche, sondern Zweifel an seinem individuellen Heilsbesitze drängen den Jansenisten, eine besondere Versicherung desselben nicht neben, sondern innerhalb der kirchlichen Institutionen zu suchen, zunächst durch größeren Eifer in den vorgeschriebenen Cultushanvlungen, durch asketische Uebungen und fromme Werke, dann durch besondere Betonung derjenigen Dogmen, welche ihm die Gewißheit seines Heils auf unmittelbarste Weise verbürgen, endlich durch die Steigerung der religiösen Temperatur bis aus die Stufe, wo man sich durch besondere Erfahrungen, durch Visionen und Wunder des Bewußtseins der Zugehörigkeit zu den Erwählten versichert. Je mehr sich nun eine solche Gemeinschaft als die „heilige Kirche" innerhalb der verunreinigten weiß, um so näher liegt die Gefahr eines Bruchs mit der Kirche, und der Bruch scheint unvermeidlich, sobald