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sei, irgend eine Erhöhung der directen oder indirecten Abgaben durchzusetzen. Noch bevor die durch eine ganze Reihe von Interpellationen in Wendung gebrachte Frage nach der Zulässigkeit oder Rathsamkeit einer Prämienanleihe zum Abschluß gekommen, hat der Finanzminister resignirt, um seinem Nachfolger die Sorge für Deckung des Ausfalls in den preußischen Staatseinnahmen zu überlassen.
Von den Staatsmännern, welche den Grafen Bismarck auf seinem Wege vom Conflikt zu den Lorbeeren des Jahres 1866 begleiteten, war Herr v. d. Heydt derjenige, dem nicht nur die meiste Fachkenntniß, sondern trotz der Unbeliebtheit, der er eigentlich bei allen Parteien genoß, zugleich der größte politische Einfluß zugeschrieben wurde. Obgleich wir weit davon entfernt sind, seinen Rücktritt als den Vorläufer einer neuen liberalen Aera in Preußen anzusehen, läßt sich nicht leugnen, daß das Ausscheiden dieses Ministers im gegenwärtigen Zeitpunkte bedeutungsvoll ist und noch bedeutungsvoller werden kann. Unwillkürlich tritt die Frage nach dem Geschick der übrigen Minister an die Männer, welche die Heydt'sche Finanzpolitik im Reichstage zu Fall gebracht haben.
Das größte Anrecht auf Theilnahme an dem Schicksal des ehemaligen Finanzministers steht ohne Frage Herrn v. Mühler zu, und die liberale Partei hat wiederholt ausgesprochen, daß der Rücktritt dieses Cultusministers die dringendste ihrer Forderungen ist. Wenn sich irgend annehmen ließe, daß das Geschick des neuen Unterrichtsgesetzentwurss zugleich sür die politische Zukunft seines Urhebers entscheidend sein werde, so wäre in dieser Beziehung Rath zu schaffen. So stehen die Sachen aber bekanntlich nicht und wir möchten glauben, daß eine etwaige Annahme der Eulenburg'schen Kreisordnung dem Cultusminister gefährlicher werden könnte, als die schon jetzt ziemlich zweifellose Verwerfung von dessen eigenen Vorlagen. Uns scheint, daß der Regierung, wie sie einmal beschaffen ist, der Entschluß, den Hauptstein der Differenzen mit der Volksvertretung zu beseitigen, ungleich leichter werden wird, wenn ihr durch Annahme der neuen Kreisordnung die Möglichkeit eines gedeihlichen Zusammengehens mit dem wichtigsten Factor der Gesetzgebung näher gerückt ist, wenn so zu sagen die Verschiedenheit zwischen der Stellung des Cultusministers und der Position seiner Collegen verschärst worden ist.
Wir wissen wohl, daß das nicht konstitutionelle Logik ist und sind keinen Augenblick darüber im Zweifel, daß ein organisches Gesetz von der Wichtigkeit der Kreisordnung Rücksichten so äußerlicher Art nimmermehr zum Opfer gebracht werden kann. Aber es wird sich kaum leugnen lassen, daß dieser Gesichtspunkt ein Argument mehr für die Wichtigkeit der Eulenburg'schen Vorlage und für das Wünschenswerthe ihrer Annahme ist. Nach der Position,