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Aristotelische Forschungen von Gustav Teichmüller. Zweiter Band. Aristoteles' Philosophie der Kunst. Halle, Emil Barthel. 1869.
Bereits bei einer Anzeige des ersten Bandes (Grenzboten 1868 Nro. 41 xg,A. 79 s.) ist auf die Borzüge dieses Werkes hingewiesen worden, und da der vorliegende Band sich mit der streng historisch-philosophischen Reconstruction der Aristotelischen Kunstlchre beschäftigt, so muß sich eine Anzeige an diesem Orte mit der Bemerkung begnügen, daß auch dieser neue Band dem ersten ebenbürtig ist, ja ihn vielfach in Akribie der Untersuchung und Klarheit der Darstellung übertrifft. Einem dritten Bande soll die Aristotelische Theorie der eiMelnen Künste vorbehalten bleiben, und von ihm darf wiederum auch ein größerer Leserkreis eine Reihe interessanter Aufschlüsse erwarten, während der vorliegende zweite Band fast ausschließlich den Fachgenossen zugänglich ist. — Schließlich sei hinzugefügt, daß, wenn der Verfasser II. XI. unsern früher ausgesprochenen Zweifel betreffs der Aristotelischen Notiz über Epos und Tragödie zurückzuweisen versucht, Referent seine abweichende Ansicht unter Berufung auf die Entwickelungsgeschichte der Tragödie durchaus aufrecht erhalten muß. An einem anderen Orte wird sich demnächst die Gelegenheit bieten, auf diese interessante Kontroverse einzugehen.
F,ür Freunde der Tonkunst von Friedrich Rochlitz. 4 Bände. Dritte Auflage. Leipzig. Carl Cnobloch 1868.
Mitten inne zwischen den Gebieten der Kunst und der Wissenschaft ist ein weites Feld von jeher der Tummelplatz einer großen Menge von Talenten gewesen, deren Begabung und schöpferische Kraft in keinem rechten Verhältniß zu der Liebe und Begeisterung stand, die sie der Kunst wie der Wissenschaft entgegentrugen. Die große und ehrenwerthe Reihe der Kunstfreunde, vorzüglich auf musikalischem Gebiete, erzänzte sich in früherer Zeit fast nur aus solchen Naturen, welche, in der richtigen Erkenntniß, daß ihre Flügel zum künstlerischen Fliegen nicht ausreichten, ihre Federn genügsam zum Schreiben über und für die Kunst verwendeten. Es wäre nicht wohlgethan, wenn die fortgeschrittene Kunstwissenschaft von heute auf jene Männer verächtlich herabsehen wollte, die während der Zeit etwa von Mozart's erstem Auftreten bis ungefähr zu Beethoven's Tode mit Rath und That, in Rede und Schrift redlich für die Würdigung unserer großen Musiker und ihrer Werke im großen Publicum gewirkt haben. Ihre Zeitgenossen verdanken ihrer rastlosen Begeisterung unermüdete Anregung, lehrreichen und zu rechter Zeit auftretenden Unterricht über die Werke und ihre Schöpfer, mannigfache Aufklärung über die Aufgaben, die Mittel und die Grenzen der Kunst. Aber auch die Nachlebenden sind ihnen Dank schuldig. Ihre Schriften sind zu einer werthvollen historischen Quelle geworden, aus der manche wichtige Einzelnotiz und nicht selten die bedeutsamsten