397
zumachen. Das geschieht aber am besten, wenn-die parlamentarische Thätigkeit zum Ehrenamt, nicht zum Köder für den klein en Ehrgeiz wird, der in politischen Versammlungen ebenso unberechtigt. — wie der große Ehrgeiz berechtigt ist.
Das Geschick der Steuervorlagen, mit denen Herr v. d. Heydt vor den Reichstag trat, nachdem er durch seinen Widerspruch gegen den bekannten Lasker'schen Antrag selbst verschuldet, doch dem Finanzbedürfniß des Staats nicht durch den Landtag die Mittel zur Besriedigung geschafft wurden — das Geschick dieser Vorlagen ist noch nicht endgültig entschieden, aber daß die Mehrzahl der Anträge, sür welche der preußische Finanzminister den norddeutschen Bundeskanzler ins Feuer zu schicken wußte, zu Boden fällt, läßt sich schon heule absehen. Wenn auch, wie es den Anschein hat. die Wechsel- Stempelsteuer angenommen wird, so ist damit das Deficit nicht gedeckt und dem Bundespräsidium bleibt nichts übrig, als sich wiederum in die königl. preußische StaatSregierung zu verwandeln und mit dem Landtage in die Verhandlungen zu treten, welche der Finanzminister noch vor wenigen Monaten ablehnte. Vergeblich sind die Oificiöseii de>' „Kreuzzeitung" und der „Prooinzial- correspondenz" bemüht, alle Schuld auf die nationalliberale Partei zu wälzen und mit einem Bruch zu drohen. Die Haltung der Conservativen hat die Unfeiiigkeit der Denlschr>ft v. d. Heydts indirect ebenso hart veruitheilt, wie es durch die Reden und Abstimmungen der nationalen Feaciion ge'chehen. Wer die parlamentarische Geschichte cer letzten J'hre auch nur ihren Umrissen nach, vecsolgt hat, der wird wissen, daß mindestens der eine Flügel der nationalen Partei mit seiner Bereitwilligkeit, die Politik des Bundeskanzlers zu unterstützen. bis an die äußerste Grenze des Möglichen gegangen ist. Daß sich im vorliegenden Fall auch nicht eine Stimme aus dem Schooß derselben für die Vorlage erhoben hat. die Vertheidigung derselben fast ausschließlich von den Bundescommissarien geführt werden mußte, ist eine so vielsagende Thatsache, daß sie füglich jedes Commentars entbehren kann. — Die für das Zollparlament in Aussicht genommene Tabaksteuer wird der Partei, welche heute sür das Ungeschick der Finanzverwaltung verantwortlich gemacht wird, Gelegenheit zu dem Beweise geben, daß sie volle Einsicht in die Nothwendigkeit gehabt, Deckung zu schaffen, und einem chronischen Deficit vorzubeugen. Der Termin für den Zusammentritt des Zollparlaments ist noch nicht festgesetzt; wahrscheinlich wird er mit dem sür den Schluß des Reichstages zusammenfallen, so daß die zweite Hälfte des Junimonats unsern Volksvertretern die verdienten Ferien bringt. Ob diese Ferien auch für die Diplomatie gelten werden, ist seit den Gerüchten, die seit den letzten Tagen in der Lust schwirren und von einer Wiederaufnahme der Nord-Schleswig'schen Frage reden, wieder zweifelhaft geworden. Wir sind es nachgerade zu gewohnt geworden, am politischen Himmel Wolken aufsteigen zu sehen, als daß die Signalisirung derselben noch besondern Eindruck machen könnte. Das tou^jours cm veciettö ist seit 1866 unser Wahlspruch geworden, und wird es bleiben, bis wir mit Frankreich auf die eine ooer die andere Weise abgerechnet und damit zugleich die süddeutsche Frage entschieden haben.
Literatur.
Die neue Partiturausgabe der Opern Mozart's. Bd. 1—3. Leipzig bei Breitkopf u. Härtel.
Dr. L. Ritter von Köchel, der Verfasser eines schätzbaren chronologisch-thema-