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Briefe aus Sicilien. II.
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Dintenflaschen. Die austunken zu müssen! es begreift sich, daß ein junger Kerl in einer Anwandlung von Weltsucht davor wegläuft. Er geräth schließ­lich an die Schweine und kehrt um. Das letzte Bild bringt die Versöhnung: die drei großen Dintenflaschen stehen noch immer da, aber sie scheinen ein wenig kleiner geworden zu sein, und ein schöner Schweinebraten hält ihnen im Gemüthe des Beschauers die Waage. So sind die Extreme, Schweine und Dintenflaschen. einfach und sinnig versöhnt und Alles ist auf eine für den Sodn ganz annehmbare Weise ausgeglichen. Das nenne ich eine Predigt!

Von sonstigen Straßenbeobachtungen noch zwei: eine über Diejenigen, die das Wasser holen, und eine über das Wasser, das geholt wird. Die Cataneserinnen als Chosphoren geben ein schönes Bild. Die Flaschen und Amphoren, welche sie tragen, haben die antike Form beibehalten (den Wespen­bauch mit dem schlanken Halse und den oben dicht an die Mündung ge­setzten langen Henkeln), und man trägt sie nun auch nach antiker Weise. Solch ein Wassertrog mit den lebhaft gestikulirenden ab- und zugehenden Weibern ist gar zu hübsch! Und das Wasser selbst kommt so antik geflossen, daß einem Philologen dabei das Herz im Leibe beben müßte. Da sind die­selben Wasserpfeiler, die wir in Pompeji sahen, und hier mit all' ihrem Röhrenwerk, oft zu kleinen Thürmen und eastellartigen Bauten erweitert. Das Wasser kommt in Aquäducten vom Gebirge herab, steigt in diese Pfeiler hinauf und wird von da aus auf das nächste Revier in die verschiedenen Brunnenkästen und in die Häuser vertheilt. So hatten wir es auch schon in Palermo gesehen.

Wir machten uns nun an die Alterthümer. In dem jammervollen Zu­stande, in dem sie sich befinden, und nachdem wir so viel bessere gesehen, erregten sie kein besonderes Interesse mehr. Eine ganz hübsche Sammlung, die indessen nichts Hervorragendes enthält, fanden wir im Museum des Prin­cipe Biscari. Ergötzlich sind einige Gliederpuppen in Terracotta, die als Kinderspielzeug gebraucht wurden. Eine Terracottaarbeit aus dem sechzehn­ten Jahrhundert, den Tod des heiligen Benedict darstellend, ist vortrefflich. Das Museum, welches die Benedictiner zusammengebracht haben, enthält einige kleine Fresken aus römischen Gräbern, leicht und elegant hingezeich­nete, aber höchst liederlich ausgeführte Figürchen der spätesten Zeit. Außer­dem finden sich hier eine Menge antikerund christlicher Grabinschristen, ein Jupitertorso und ein bacchisches Relief.

Der Benedictinerconvent, in welchem sich außer all' diesen Dingen eine Bibliothek mit vielen Manuscripten befindet, die noch kein Mensch kennt, ist von mächtiger Ausdehnung; es soll das zweitgrößste Kloster der Christen­heit sein. Gegenwärtig verliert sich eine technische Schule darin; früher beher­bergte es die jüngeren Söhne des Adels, die nur hier eine anständige Exi-