«3
unentgeltliche Leistung und nicht als eine bezahlte Arbeit erscheinen läßt. In der That ist es aber nur die alte Frage von der Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit der Erhebung eines Schulgeldes, welche dem Landtage wieder vorgelegt wird — jenes Schulgeldes, welches das allgemeine Landrecht so wenig kennt, wie die Berfaffungsurkunde, und dessen Beseitigung im Verwaltungswege der Minister v. Altenstein schon im Jahre 1851 zu bewirken suchte, während dagegen der Minister v. Raumer das Schulgeld für eins der naturgemäßesten Elemente der Lehrerbesoldung erklärte und seine sorg/ fältige Conservirung dringend empfahl. Dieser letzteren Ansicht schließt sich der neue Gesetzentwurf an, dessen Motive das Schulgeld für eine „eigen- wüchsige, von dem Rechtsbewußtsein des Volks getragene Einrichtung" erklären, welche ihre tiefere Begründung in der in dem sittlichen Bewußtsein der Nation lebenden Wahrheit finde, daß es in erster Linie nicht die Pflicht des Staats und der Communen, sondern die Pflicht der Eltern sei, für leibliche und geistige Ausbildung der Kinder zu sorgen, und erstere dann erst einzutreten hätten, wenn letzteren die Kraft hierzu gebreche. Den Ausfall des auf drei Millionen Thaler sich belaufenden Schulgeldes könne die Schule nicht tragen; die Aufbringung dieses Betrags durch Steuerzuschläge werde aber um so mehr Widerspruch hervorrufen, als jeder Hausvater die vorübergehende, durch eigene schulpflichtige Kinder bedingte Schulgeldsabgabe leichter und lieber zahle, als eine bleibende unabänderliche Erhöhung seiner Steuerlast, weshalb auch an den Steuern weit mehr Ausfälle zu entstehen Pflegten, als an den Schulgeldern. Endlich zeige das Schulgeld einen heilsamen Einfluß auf die Benutzung und Wirksamkeit der öffentlichen Volksschule, indem ihr Werth in den Augen der Eltern und Kinder durch Entrichtung des Schulgeldes steige.
Im Wesentlichen sind alle diese Gründe schon enthalten in einer vor etwa 20 Jahren von dem Consistorialrath Textor in Stettin verfaßten Apologie des Schulgeldes, dessen Broschüre seiner Zeit der Minister Ladenberg den Behörden mittheilte, damit dieselben ersähen, welche „Vorurtheile und einseitigen Bedenken" der Aufhebung des Schulgeldes entgegengestellt würden. Was zunächst die für das Schulgeld angeführten praktischen Gründe anlangt, so sind dieselben theils factisch unrichtig, theils wird die Kehrseite der Medaille übersehen oder doch ignorirt. Allerdings ist es unzweifelhaft, daß weder die Schulen noch die Lehrer den Ausfall von drei Millionen Thaler Schulgeld tragen können und daß diese Summe von den Communen durch Steuerumlage wird aufgebracht werden müssen. Auch soll ohne Weiteres zugegeben werden, daß bei denen, welchen die Aufhebung dieses Schulgelds nicht zu Gute kommt, bei den Reichen, den Unverheirateten und den kinderlosen Familien diese Maßregel hier und da Widerspruch er-