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Der türkisch-griechische Conflict.
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als Preußen: es hat kein directes Interesse bei derselben und ist doch ge­zwungen eine Stellung zu der Frage zu nehmen. Dann aber kommt das berliner Cabinet in Gefahr, es mit einem der beiden einzigen Bundesgenossen, auf die es gegen Frankreich rechnen kann, zu verderben, nämlich mit England oder Rußland. Läßt sich die Krisis nicht beschwören, so wird man in Peters­burg verlangen, daß Preußen sich erkenntlich zeige für Dienste, welche ihm Rußland seit 1864 geleistet; nimmt es aber Rußlands Partei, so verfeindet es sich ziemlich sicher mit England. Man darf daher annehmen, daß vor­läufig Mne Regierung ernstlicher bestrebt ist den Conflict zu beseitigen, als die preußische, und ihrem Einfluß wird auch wohl die correete Haltung zuzuschreiben sein, welche das neue rumänische Ministerium beobachtet. Sollte die orientali­sche Frage aber nicht sofort beseitigt werden, dann würde sie für Preußen eine andere Bedeutung erhalten, und zwar die einer Brücke, auf welcher das Cabinet sich vorsichtig von Osten nach Westen bewegt, um das lästige und zuweilen bereits demüthigende Zusammenwirken mit Rußland gegen ein auf­richtiges EinVerständniß mit den Westmächten zu vertauschen sobald nämlich die Stimmung in Frankreich ein solches erlaubt. Zu solchem Wechsel aber wird eine starke Steigerung des Conflictes nöthig.

Zunächst bleibt es fraglich, ob eine Conserenz noch möglich ist. Schwer­lich kann eine Basis der Verhandlung gefunden werden, welche Griechenland und die Pforte anzunehmen geneigt wären.

Serryer.

Mit Berryer ist der bedeutendste Redner Frankreichs seit Mirabeau zu Grabe gegangen; aber er war mehr als das: er war ein Charakter, der un­erschütterlich im allgemeinen Wechsel seinen Ueberzeugungen treu blieb, er war von Anfang an und bewährte sich bis zu seinem Ende als liberaler Legitimist. Ein solcher Mann war unter dem Geschlecht, dessen Mehrzahl nur nach dem Winde ausschaut um seinen Mantel danach zu hängen, namentlich in Frank, reich eine seltene Erscheinung und verdient, daß man einen kurzen Blick auf sein Leben werfe.

Peter Anton Berryer war 1790 als ältester Sohn eines ausgezeichneten Advocaten, dessen Familie von deutschem Ursprung sein soll, geboren. Im Collöge von Juilly erzogen, zeichnete er sich während seiner Studien wenig aus; erst die Liebe weckte seinen Ehrgeiz, als er 21 Jahr alt ein IKjähriges Mädchen, Frl. Gauthter, heirathete; er warf sich nun mit Eifer in die Lauf­bahn des Parquets und gewann bald einen bedeutenden Ruf. Anfangs Be-