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Bagehots Buch über die englische Verfassung.
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schichte dient dazu, sie in Helles Licht zu setzen. Die jahrelange Fort­dauer des Johnson'schen Regiments im Widerspruch mit dem Congreß, im Gegensatz zu der Meinung der Volksmehrheit, sind schlagende Belege zu der Mangelhaftigkeit des amerikanischen Systems. Was der Verfasser an einer anderen Stelle über die Gefahr von Zwistigkeiten zwischen der legislativen und executiven Gewalt sagt, über die gegenseitige Lähmung beider, über den verderblichen Einfluß dieses Zustandes auf den politischen Geist der Nation, der corrumpirt statt erzogen zu werden Gefahr laufe dies alles wird nicht mehr übertrieben gefunden werden können, nachdem die letzten Jahre genug der leidigen Thatsachen als Beweise dieser Behauptungen geliefert haben.

Bei der Untersuchung der Vorbedingungen für eine parlamentarische Cabinetsregierung kommt der Versasser zu dem Satz: sie ist in den allermeisten Fällen nur beifolgsamen Nationen" möglich, d. h. bei solchen, in welchen die größere Anzahl der weniger Erfahrenen von der kleineren Anzahl der Er­fahrenen gelenkt zu werden wünscht. England ist das Urbild eines solchen , folgsamen Landes. Als die Wähler seiner Regierung erkennt es eine gebil­dete Minderheit an, welche sachverständig und mächtig zugleich ist, es hat eine Art von Treue für einige überlegene Männer, welche fähig sind, eine gute Regierung zu wählen und denen sich keine andere Classe gegenüberstellt. In welcher Art und Weise diesefolgsame Gesinnung" der Nation mit ver­hältnißmäßig unscheinbaren aber in ihrer Wirkung sicheren Mitteln aufrecht erhalten wird, läßt der Verfasser sich besonders angelegen sein nachzuweisen. Mit Recht legt er auf dastheatralische Schauwesen" der Gesellschaft und den angeborenen Respect des Engländers vor demselben großes Gewicht. Monarchien und Aristocratien", sagt er,besitzen die große Eigenschaft, welche die Menge regiert von welcher die Staatsphilosophen aber nichts bemerken können die Sichtlichkeit ihrer Existenz." Die realistische Kritik, die der von der Vortrefflichkeit der englischen Staatseinrichtungen durchdrungene Verfasser in den hierher gehörigen Abschnitten ausübt, ist sachlich durchaus zutreffend, aber sie ist dabei von einer unbefangenen Offen­herzigkeit, die auf deutsche Leser sast abstoßend wirkt. Consequent wird der Gesichtspunkt betont, daß die politische Folgsamkeit in einer Nation aufrecht zu erhalten eins der größten Verdienste der Staatsinstitutionen ist. Ein Land, in welchem die unteren Stände leicht in Respect zu halten sind, ist am meisten geeignet gut regiert zu werden.

In Betreff des Adels heißt es:Die Aufgabe des Adelsstandes ist, dem gemeinen Volk zu imponiren und auf die Einbildungskraft einen Einfluß auszuüben, der sonst nicht ausgeübt werden würde. Die bloße Existenz des Adels ist schon deshalb nützlich, weil sie das Gefühl des Gehorsams gegen