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als entscheidend herausgestellt hätte. Humboldt ist in den letzten Tagen des Mai nahe daran, seine Hoffnungen auf Oestreichs Beitritt aufzugeben. „Meine wesentlichste Hoffnung," schreibt er. „ist jetzt, daß auch die beschränkten Bedingungen Oestreichs nicht angenommen werden, und daß dasselbe, wenn es sich nicht durch Ausflüchte und halbe Zusagen Hinhalten läßt, schließlich doch zum Kriege schreiten muß. Richtiger ließ sich die Situation nicht bezeichnen. In der That ist Oestreich der Krieg ebenso wider Willen durch Napoleons Hartnäckigkeit ausgenöthigt worden, wie Napoleons Starrsinn die späteren Friedenskongresse zum Scheitern brachte.
Wie schon bemerkt, entsprang die Abneigung Oestreichs gegen eine Politik, die, wenn sie vom Kriegsglück begünstigt war, zur völligen Vernichtung der napoleonischen Macht führen mußte, zum großen Theil aus der Furcht vor Rußland. Dies Motiv ist an sich nicht ungerechtfertigt. Wohl aber war und ist es ein verhängnisvoller Irrthum der östreichischen Politik, das Gegengewicht gegen die russische Uebermacht in einer Annäherung an Frankreich zu suchen, und zwar aus zwei Gründen, 1) weil Frankreich sich in gar keinem natürlichen Gegensatz zu Rußland befindet; vielmehr in den für Oestreich wichtigsten Fragen dem russischen Standpunkt bei weitem näher als dem östreichischen steht und daher sür Oestreich ein durchaus unzuverlässiger und gefährlicher Alliirter ist; und 2) weil jede Annäherung Oestreichs an Frankreich zu einer Annäherung Preußens an Rußland führt, wie wir zum Schaden Deutschlands nicht blos auf dem wiener Congresse erfahren haben, sondern auch in Zukunft immer wieder erfahren werden, so lange Oestreich die Stärke seiner Politik in der Steigerung des Gegensatzes gegen Preußen sucht. Die russische wie die französische Uebermacht findet ihren Damm nur in der Einigkeit Preußens und Oestreichs. Von der Erkenntniß der Grundbedingungen, die eine solche Einigkeit ermöglichen, ist aber Oestreich, trotz aller Erfahrungen der näheren und ferneren Vergangenheit, gegenwärtig weiter entfernt, als es je gewesen ist.
Z.
Die schlesuiig-holsteiiiische Frage in Süddeutschland.
Aus Schwaben, 6 Dec.
Unser Landtag hat keine Zeit verloren, für Schleswig-Holstein einzutreten. Gleich der Tag der Wiedereröffnung war durch ein einstimmiges Votum beider Häuser für das Recht Deutschlands und der Herzogthümer bezeichnet, und seitdem folgten unausgesetzt Anträge und Interpellationen, um eine widerstrebende Regierung durch den Druck der öffentlichen Meinung zur Mitwirkung an den durch die nationale Ehre gebotenen Maßregeln zu drängen.