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tur nach copirt, das Ganze recht in Sonne und endlich in eine fromme Beziehung setzt.
Die Richtung war im Ganzen in der Ausstellung spärlich vertreten, auch scheint es, wie wenn sie ihre besten Tage gehabt hätte. Das Publicum erstaunt nicht mehr darüber, wie natürlich mit bloßem Farbstoff sich Steine und Balken wiedergeben lassen, wie wenn es eben Steine und Balten wären, und nach dem neuesten Bilde Pilotys, dem Portrait des Baron von Schack in ganzer Lebensgröße zu urtheilen, hat der Meister selber die technische Manier, mit der er jenen körperhaften Schein zuwege brachte, aufgegeben. Wie viel ist nun noch in dem Werke von-dem künstlerischen Talente geblieben, das sich dem Maler gewiß nicht absprechen läßt? Das Original ist ziemlich getroffen, und das ist anzuerkennen, da die Ähnlichkeit nicht immer Sache der modernen Portraitmaler ist. Aber daß dem Künstler die materielle Erscheinung immer Alles war, das rächt sich nun, wo es sich darum handelt, die Individualität nicht blos in ihren Gcsichtszügen und in einer eleganten Haltung vor einem reichen Damastvorhang wiederzugeben, sondern sie von innen heraus zu gestalten, ein ganzes Leben ahnen zu lassen, den Mann, den Charakter auch, wenn es sein muß, mit seinen Härten dem Beschauer vorzuführen. So das Individuum in sich zusammengefaßt, in seiner guten Stunde darstellen, das that nicht blos ein Holbein, sondern das that auch ein Van Dyk, der das Vornehme nicht in den Kleidern suchte, sondern in der Würde der Erscheinung, in welcher der Mann ganz er selber ist, in dem vollen Gefühl seiner Persönlichkeit. Auf diese Weise sein Original wiederzugeben hat Piloty nicht verstanden; er hat eine Salonfigur hingestellt und das nicht einmal mit sicherem Behagen, die seine Hand kokett über die Stuhllehne'gelegt und mit einem Ausdruck, der nichts weiter als erstaunt ist.
Dieser Art von Realismus namentlich hat man es zu verdanken, wenn in der neuesten Zeit unter den Malern die „Technik" zum Schlagwort geworden ist. Technik bezeichnet im Grunde lediglich die Art und Weise, wie der Künstler die materiellen Mittel, deren er zur Darstellung bedarf, äußerlich handhabt. Es ist kein gutes Zeichen, wenn der Strich und Zug des Pinsels, der Auftrag der Farbe fast zur Hauptsache gemacht werden, dagegen Form und Colorit, die immer Sache der Anschauung und wesentliche Elemente der Malerei sind, halb oder ganz zur Technik gerechnet oder gar mit ihr verwechselt, jedenfalls vernachlässigt werden. Es beweist zunächst, daß sich die Kunst nicht nur gegen den Inhalt, sondern auch gegen die künstlerische Erscheinung gleichgiltig verhält; eine gewisse Art von Virtuosität nimmt in demselben Maße zu, als der Sinn für schöne und charaktervolle Darstellung sich abstumpft, und der Schüler hält sich nach den ersten Lehrwochcn schon für einen Meister, weil er gewisser Handgriffe Herr geworden ist. So oft der Technik