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Tagebücher von Varnhagen.
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Schmerzen bereitet, sie haben, so hoffen wir. dadurch gesühnt, was ihr Geschlecht in den letzten Deceunien vorher versäumt und gefehlt hatte. Das Jahr war bitter, aber sein Fieber brachte ihnen selbst und ihrem Volke die Rettung.

" Berliner Brief.

Berlin d. 4. März 1862. Da über die deutsche Frage im preußischen Abgeordnetenhaus bereits be­richtet worden, soll hier noch das Wenige, was aus dem Kammerleben der letzten Woche zu erwähnen ist, kurz erwähnt werden.

Die Plenarsitzungen sind auch in der verflossenen Woche noch nicht von großer Bedeutung gewesen. Doch sind die Commissionen nunmehr in ihren Arbeiten so weit vorgerückt, daß beide Häuser demnächst an die concrcten le- gislativen Aufgaben werden gehen können.

Das Abgeordnetenhaus hat während der letzten acht Tage zwei Sitzungen gehabt, am Dienstag und am-Sonnabend. In der ersteren^, welche sich nur mit Petitiousberichten beschäftigte, kam nichts von allgemeinerer Bedeutung vor. In der Sonnabendsitzung wurde über einen Antrag aus Aufhebung der gesetzlichen Zinsbeschränkungen verhandelt. Durch diesen Antrag wird nur ein Gesetzentwurf wieder aufgenommen, welchen die Regierung schon vor zwei Jahren beim Landtag eingebracht h«t. Die Wuchergesetze beruhen auf demselben Irrthum, wie der Schutzzoll, der Zunftzwang und ähnliche Ver­anstaltungen, welche das materielle Wohl des Volkes dadurch zu fördern meinen, daß sie den freien Verkehr unter Bevormundung stellen und ihm Licht und Lust abschneiden. Aber sie bewirken nur das Gegentheil von dem, was sie bezwecken, weil sie. wie jeder Eingriff der Gesetzgebung in die natür­lichen Gesetze des Verkehrs, das Capital in falsche, künstliche Kanäle leiten-. Die principielle Seite der Frage ward am Sonnabend von den Abgeordneten Michaelis. Fauchcr und Schulze-Delitzsch gut vertreten. Die Specialde- batte wird erst, m dieser Woche stattfinden. Ueber das weitere Schicksal die­ses Antrages besteht kein Zweifel. Das Abgeordnetenhaus wird ihn mit

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