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Literatur.
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sehen, dem irgend ein ungeschickter Bearbeiter etliche sentimentale Lichter ausgesetzt hätte. Der Versasser glaubt an alle, selbst die sinnlosesten Legenden und geräth vor allen, selbst den abgeschmacktesten Reliquien (z. B. der Fußtapfe, die Jesus bei der Himmelfahrt aus dem Oelbcrg in den Stein gedrückt haben soll) in augenver- drchendc Verzückung. Seine Kenntniß der Geschichte ist höchst mangelhast, seine Kritik dessen, was er sieht und hört, gleich Null (glaubte er doch unter anderm sei­nem Dragoman, daß am Jordan Tiger- und Löwenjagden stattfinden). Ucberdies ist die Reise schon vor fast zwei Jahrzehnten gemacht und sehr Vieles veraltet. Wir vermuthen, Uebersetzer und Verleger haben hier dem deutschen Publicum nur eine Kuriosität bieten wollen. Dazu ist das Gefasel des Herrn Ministers der Auf­klärung aber doch zu wenig amüsant und vor Allem zu weitschweifig.

Die Länder am untern Rio bravo dcl Norte. Geschichtliches und Erlebtes von Adolph Uhde, k. würtemb. Artillcriehauptmann a. D. Mit einer Uebcrsichts- karte. Heidelberg. In Commission bei I. C. B. Mohr. 1861.

Ein recht gutes, in jetziger Zeit, wo ein Krieg europäischer Mächte mit Mexico droht, besonders interessantes Buch, zum Theil aus langjährige eigne Beobachtungen, zum Theil auf Studium von Quellen gegründet, die wenigen zugänglich sein möch­ten. Der Rio bravo dcl Norte ist der Grenzfluß zwischen Texas und Mexico, und so umfassen die Mittheilungen des Verfassers zunächst Land und Leute, Naturcrzeug- nisse und Sitten in den Nordprovinzcn Mexicos: Tamaulipas, Neu-Leon und Coha- huila, sodann aber geht der Verfasser zu einer Schilderung Mexicos und der Mexi­kaner überhaupt über, und zuletzt folgt eine ausführliche Darstellung der Kämpft, durch die sich das Land von der Herrschaft Spaniens losriß, der Bürgerkriege, welche darauf begannen, der Trennung und des Eintritts von Texas in die Union der Vereinigten Staaten von Nordamerika, des Kriegs zwischen letzteren und Mexico und der Partcikämpsc, welche vom Frieden von Guadelupc Hidalgo bis auf die Gegenwart die Mehrzahl der Provinzen dieser unglücklichen Republik zerfleischten. Die Leser fanden in lden letzten Heften bei -Besprechung der mcxicanischen Frage einen Auszug von dcm, was der Verfasser über das mexikanische Militär sowie über die Ursachen des Conflicts zwischen der jetzigen Regierung und den verbündeten drei europäischen Mächten sagt. So sei denn das Buch den Lesern bestens em­pfohlen.

Erinnerungen aus dem italienischen Fcldzug von 1860. Von Wilhelm Rü­st ow, Obcrstbrigadier der italienischen Südarmec. Zwei Theile. Leipzig, F. A. Brockhaus. 1861.

Der als Militärschriftstcllcr rühmlich bekannte Versasser hat. von Mazzini und Bcrtcmi engagirt und anfänglich zur Leitung eines Angriffs der mazzinistischen Frci- schaaren auf das päpstliche Gebiet bestimmt, dann aber nach Sicilien abgegangen, den Feldzug Garibaldi's bis zur Einnahme von Capua und dem Eintreffen der Picmontescn mitgemacht und dabei vielfache Gelegenheit gehabt, den Gang der Dinge nicht blos, sondern zugleich die innern Ursachen und die leitenden Persönlichkeiten zu beobachten. Vieles in seinen Mittheilungen ist entschieden wcrthvoll, sehr Vieles von dem, was die deutsche Presse über die Hauptereignisse und Hauptpersönlichkeiten des denkwürdigen Frcischaarenzugs (beiläufig meist nach sehr gefärbten englischen und französischen Berichten) brachte, erscheint nach Nüstow's Darstellung in anderem

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