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zunächst zu loben, daß sie auf gründlich, r Kenntniß der Vorgänger und Mitstrcben» den auf diesem Gebiet und sehr beachtcnswerthcm selbständigem Studium der Quellen beruht und von einer tüchtigen Bildung nicht blos im Bereich der Musik ge- getragen wird. Ferner ist die geschickte Sichtung und Grnppirung des Stoffes anzuerkennen und nicht minder der Scharfsinn, der die schwierigsten und dunkelsten Partien dieser Seite menschlichen Empfindens und Schaffens aufzuhellen bestrebt ist und sie, verbunden mit einer bedeutenden Gabe der Daistelsung, in vielen Punkten dem Verständniß wirklich aufhellt. Endlich und nicht am wenigsten erfreulich berührt die liebevolle und warme Versenkung des Verfassers in den antiken Geist, die dem sonst so verdienstvollen bedeutendsten Vorgänger desselben, Forkel, so gut wie ganz abgeht. Das Material, das der Verfasser zusammengetragen hat, ist massenhaft und wird dem Musikgelchrtcn (der Laie wird Vieles überschlagen müssen) um so willkommncr sein, als die Fülle der beigczoguen Beispiele in Noten in den Text verwebt, nicht als Anhang beigefügt ist. Sehr merkwürdig sind die Proben indischer Musik, die zwar wie alle orientalische Tonkunst eine wilde Blüthe, aber nichts weniger als ohne Sinn für Wohlklang und weder so barock häßlich und phantasielos wie die der Chinesen, noch so wüst und wild wie die der Araber ist, ja — was bei unsrer arischen Abstammung nicht zu verwundern ist — in einigen der mitgetheilten Lieder sehr lebhast an italienische, schottische und deutsche Weisen erinnert. Nicht weniger interessant sind die Nvtenbeigaben, die als Beispiele arabischer Musik dienen, und wir empfehlen den Lesern, sich diese sowie die übrigen Proben zu besserer Verstnnlichung vorspielen zu lassen — sie werden ihn tiefer in die eigenthümliche Stimmung des Morgenlandes versenken, als manches Bild. Ungemein geistvoll und lebendig sind die Schilderungen, die der Verfasser sodann von der Musik im Kulturleben der westasiatischen Völker und der Aegyptcr gibt, indeß möchte hier doch Manches, was Hypothese ist und bleiben wird, auch mehr als geschehen, in hypothetischer Form auszudrücken gewesen sein. Sehr unterrichtend und reich an feinen Bemerkungen über das Verhältniß der Tonkunst zu andern Er- fchcinungen althellenischer Cultur ist endlich die bis in das kleinste Detail gehende Darstellung der Geschichte der Musik bei den Griechen, der politischen und ethischen Bedeutung derselben, der Mufiklchrc nach Melodie und Rhythmus, Tv», Intervalle, System und Klanggcschlecht (ein Kapitel, das indeß nur dem philologisch und musikalisch zugleich Gebildeten zugänglich ist) n, s. w. Das Ganze dieses letzten Hauptabschnitts ist die erste wohlgeordnete und anschauliche Schilderung des organischen Wachsthums der griechischen Tonknnst und der Wechselwirkung zwischen derselben und dem Leben, und wird, als solche Allen, welchen es um volles Verständniß dieses Lebens und namentlich der bildenden Kunst und der Dichtung innerhalb desselben zu thun ist, hiermit bestens empfohlen.
Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch. Verlag von F. L, Her big. — Druck von C,. E, Elbert in Leipzig.