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Preußen sonst noch alle sind — Patzkc jedoch ist dabei vergessen — als Gründe angeführt, weshalb man zu der Geschichte kein Herz sasscn könne. Was soll man darauf erwidern? Wir räumen das Gewicht aller Vorwürfe, die man gegen die innere und äußere Politik Prcußeus erheben mag, bereitwillig ein; aber was beweisen sie gegen die Nothwendigkeit der Erbauung von Kriegsschiffen? Angenommen der Krieg bricht morgen aus, die Franzosen sallcn in das Land, werden auch dann noch die Schulregulative als zureichender Grund geltend gemacht werden, um die Theilnahme an der Vertheidigung des deutschen Bodens abzulehnen? Und ist die Erbauung einer Anzahl von Kanonenbooten, um welche es sich jetzt zunächst handelt, denn etwas Anderes als die nothdürftigstc Vorbereitung für jene Abwehr? Selbst zugegeben, was von den Pessimisten behauptet wird, eine Radicalcur der preußischen und deutschen Zustände wäre erst von ein paar Niederlagen zu erwarten, aber aus die Niederlagen müssen dann doch Siege svlgcn, und die Schiffe können wir nicht erst bauen, wenn wir sie zu diesen Siegen unbedingt nöthig haben. Uns selbst wollen wir stärken, indem wir Preußen, unsern rechten Arm stärken; und gerade weil dieser Arm sich bisher schwach und lahm gezeigt hat, deshalb müssen wir suchen, ihn stark zu machen. Von Vorliebe für Preußen, von Vertrauen oder Mißtrauen, man kann dies nicht oft genug sagen, ist dabei gar keine Rede. Auf was wir allein rechnen, ist das wohlverstandene Interesse des preußischen Staats, in welchem wir nirgends einen Punkt entdecken^ der mit dem Lebensanliegcn der deutschen Nation in Widerstreit wäre. So z. B. bei Schleswig-Holstein; die praktischen Engländer fassen denn auch die Angelegenheit der Herzogthümcr bekanntlich ganz und gar als ein preußisches Machtintcrcssc auf. Wenn trotzdem gerade diese Sache von Preußen bisher matt und kleinmüthig genug betrieben worden ist, so hat es damit vor allen Dingen sich selbst wehe gethan, und dies gewiß nicht aus einer besondern Lust an der Selbsterniedrigung, sondern einfach, weil es sich nicht stark genug fühlte, seine und Deutschlands Anliegen dem zu befürchtenden Widerstände ganz Europa's gegenüber durchzusetzen. Wir bessern hieran nichts, wenn wir uns begnügen, darüber zu wehklagen und zu schelten, sondern wir müssen das Unserige dazu thun, daß das Gefühl der relativen Schwäche, in welcher Preußens ganze heutige Politik wurzelt, sich in Bewußtsein der Kraft verwandele. Daß übrigens Preußen jemals seine eigenen Schiffe unter den Hammer bringen könnte, solche Befürchtung kann doch wol nur der äußerste politische Unverstand hegen. Denjenigen aber, welche mit eintöniger Ausdauer dabei bleiben, zu sagen: wir wollen keine preußische, nur eine deutsche Flotte, sagen wir! Zeigt uns doch auch nur einen Schimmer von Möglichkeit, eine deutsche, das will sagen, eine unter deutscher Flagge segelnde und