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Wir schließen unsre Auszüge mit einigen Mittheilungen aus dem, was die „Bavaria" nach Abhandlungen Lentners über die Volksschauspiele Oberbayerns und die in dem sagenannten „Haberscldtrciben" sich äußernde Volksjustiz bemerkt.
Das Volk der bayerischen Hochlande bat sich aus alter Zeit bis auf unsre Tage sein Theater erhalten, auf welchem von Bauern gedichtete Stücke von Bauern für Bauern aufgeführt werden. Der Ursprung des Volksschauspiels in diesen Strichen ist theils in der dramatischen Thätigkeit der städtischen Sängerzünfte des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts, theils in den viel älteren Mysterien, und wol auch in den noch weiter in die Vorzeit hinaufreichenden Schaustellungen. Liedern und Sprüchen zu suchen, welche, wie die Kämpfe zwischen Sommer und Winter zn Lötnrc und die Umzüge des Wasser- vogcls. sich an bestimmte Jahreszeiten knüpfen. Wann zuerst weltliche Schauspiele auf bayerischen Dorfbühnen aufgeführt worden sind, läßt sich nicht sagen. Gewiß dagegen ist, daß geistliche Komödien schon im fünfzehnten Jahrhundert unter den Bauern am Inn und Lech zur Darstellung kamen. Während im übrigen katbolische» Deutschland sich nach der Reformation die Jesuiten der Volksbühne bemächtigten und durch ihre Schüler und Novizen sowol weltliche als geistliche Stücke aufführen ließe», machte sich in den bayerischen Alpen das Volk im vorigen Jahrhundert wenigstens was die weltlichen Dramen betrifft, von der durch jene Eindringlinge eingeführte» Manier wieder los, und so gelangte das Bauerndrama hier zu einer Art Nachblüte. Nicht blos in dem bekannten Oberammergau, sondern auch in andern Dörfern und Märkten, z. B. zu Aibling, Tölz. Mittenwuld und Garmisch gab es noch in Verletzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Bauerntheater, Die Aufklärungsperiode ließ wie gegen manches andere Gute uud Erhaltenswenhe auch gegen diesen Zug der Sitte und Neiguug die Polizei los. Sie brachte es damit aber nur so weit, daß das Volk einen Theil seiner Bühnenstoffe aufgab. Man führte fortan keine der Legende entnommenen Heiligenkomödien auf. Das weltliche Schauspie! wurde eifrig fortgesetzt, und es wird noch jetzt vou den Ammergauern und den Bewohnern einiger andern Dörfer im Osten des Gebirgs unermüdlich neben dem bekannten Passionsdrama cnltivirt.
Das Ammergauer Passionsspiel ist durch Devricnt und Andere, manchen unsrer Leser wol auch durch eigne Anschauung mit seinen Acteuren, seiner Bühneneinrichtung u. a. bekannt geworden. Die übrigen Bühnen des Oberlandes gleichen gcnan der dortigen, nur daß sie kleiner und weniger ausgcbil- det sind. Das Proscenium pruukt gewöhnlich in der Architektur der Rokokozeit, mit gewundenen Säulen, aus scheckigstem Hvlzmarmor, goldnen Kapitalen, Festons, Schilden. Vasen und allegorischen Statuen. Unter den Decorationen für die weltlichen Stücke darf ein goldstrahlender Rittersaal, ein wilder Wald
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