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schchn müsse, wird man nicht mehr bestreiken können, wäre es auch nur, um die Heimatsverhültnisse zu ordnen, was wie gesagt, ein unabweisbares Bedürfniß ist. So lange jeder Gutsbesitzer seine Armen selbst versorgen muß. kann er das Recht beanspruchen, aufzunehmen, wen er will, und ebenso beliebig die Aufuahme auch den auf dem Gute Geborenen zu verweigern. Das Erstere ist eine sür das Gemeinwoht nachtheilige Last, das Letztere ein eben solches Recht.
Wir haben schon im Eingange gezeigt, daß die Immunität der Rittergüter von Anfang an bestand und aus der innersten Bedeutung eines freien Gutes hervorging. Die Rittergüter selbst blieben deshalb abgabenfrei; diejenigen Theile derselben, welche aus abgabenpflichtigcn Bauerhufen entstanden, erlegten aber beständig Abgaben. Zu der Zeit, wo die Zuschlagung solcher Hufen ju den Rittergütern in größerem Umfange stattfand, waren die Landesverhältnisse im Allgemeinen fast rechtlos und durchaus verwirrt. Als man später die immunen von den tributären Gutstheilen sondern wollte, fehlte hiezu alle Sicherheit, und man mußte sich mit dem Uebereinkommen begnügen, daß die eine Hälfte der Rittergüter als ursprüngliche und immune Besitzung, die andere als hinzugezogene, zu Abgaben verpflichtete, angesehn werden solle. So ist die erstere Hälfte bis auf den heutigen Tag principiell immun gebliebe». Zwar haben die Rittergutsbesitzer einzelne Abgaben und Ausbringungen übernommen, die auf alle Hufen gleichmäßig vertheilt Herden; aber diese werden durchaus als freiwillige angesehn und berühren das Princip der Immunität der wahren Rittergüter nicht.
Steuerfreiheit besitzen die Rittergutsbesitzer nicht weiter, als alle übrigen Privatpersonen (Nicht-Handeltreibende) des Landes, soweit sie Waaren für ihr eigenes Bedürfniß kommen lassen. In gleicher Weise können sie ihre mit ihren eigenen Gutsproducten beladnen Wagen unter Begleitung s. g. ritterschaftlicher Freipässe steuerfrei in die Städte Passiren lassen. Auch einzelne unwesentliche Befreiungen von Damm- und Wegezöllen finden statt, welche um so mehr unberücksichtigt bleiben können, als in neuester Zeit mehrfach die Bereitwilligkeit, sie aufzugeben, ausgesprochen worden ist.
An fast allen Rittergütern haftet ferner die Jagdgerechtigkeit, nur bei wenige» Lehengütern ist die hohe Jagd für den Landesherrn reservirt worden. Viele besitzen auch.das Patronatsrecht; es sind fünf Pfarren gemischten groß- herzoglichen und ritterschaftlichen, achtzig Pfarren allein ritterschaftlichcn Patronats (darunter eine, welche durch Solitair-Präscntation besetzt wird), elf Pfarren, deren Patronat mehreren ritterschaftlichen Gütern gemeinschaftlich zusteht, und neun Pfarren klösterlichen Patronats, deren eine durch Solitair-Präfentation besetzt wird. — Die Brau-, Brennerei-, Krug- (Schank-) und Mühlengcrechtig- keit der Rittergüter sind sür die landwirthschastlichen Interessen wichtig. An