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Ungedruckte Briefe von Stägemanns.
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früher geantwortet, wenn ich nicht gehofft Hütte, daß Sie nach der Aussicht, die Sie selbst aufstellten, nach Berlin kommen würden.

Ihr zweites freundschaftliches Schreiben vom 10. d. M. legt mir die doppelte Pflicht auf, Ihnen meinen Dank zu sagen. Ich habe, wie Sie aus der Beilage sehen, von Ihrem mir gefällig mitgetheilten Aufsatz sofort Ge­brauch gemacht. Allerdings werden Sie durch die Behauptung: daß die Klug­heit gebiete, im Sinne der Regierung zu schreiben, unsre Ultraliberalen sehr in die Augen geschlagen haben, indeß kann das nichts helfen. Wo Holz ge­hauen wird, fallen Spähne.

Ueber das Lob, was Sie dem Rheinisch-Westphälischen Anzeiger bringen hätte ich billig etwas sagen müssen, zumal da ich mich in die Nothwendigkeit gesetzt gesehn habe, gegen Ihren Freund den Eremiten einige verdrießliche Worte zu sagen. Mir ist das ganze Zeitungs- und Journalistenwesen so ver­haßt, daß ich es nicht beschreiben kann. Indeß muß es doch auch sein. Mit der Untersuchung der demagogischen Umtriebe ist es jetzt so weit gediehen, daß eine kammergerichtliche Commission ernannt worden ist, die sich aus den Verhand­lungen der polizeilichen Commission unterrichten soll: ob und welche Anklagen wider die Beschuldigten stattfinden und ob und was zur Bollendung der Unter­suchung noch geschehen muß? Der Kammergerichtspräsident v. S. steht an der Spitze. Daß hiernächst von allen betheiligten Staaten eine richterliche Commission in Mainz niedergesetzt werden soll, um den Spruch über die Schuldigen zu fassen; das Urtheil zu schöpfen, werden Sie durch das Gerücht schon erfahren haben. Sie sehen aber, daß man die Sache in den Papieren und Aussagen der Ver­hafteten von größerer Erheblichkeit gefunden haben muß, als die Zeitungs­schreiber mcineu. Allerdings aber folgt hieraus nicht, daß eine gefahrvolle allgemeine Verbindung existirt habe, die ich selbst, insofern sie auf unseren Staat gewirkt haben sollte, so sehr in Abrede stelle, daß ich ä<z veritate darüber zu schwören mich untersinge.

Iahn ist übrigens in diese Verbindung nicht begriffen. Seine Sache scheint ganz isolirt zu stehen, obwol dieselbe Commission sie untersucht. Ich fürchte, daß seine Freunde ihm mehr schaden, als nützen, denn ein Landgut, von dessen Ertrage er leben könnte, werden ihm weder Herr Hofmann, noch Herr Hobhouse oder Sir R. Wilson schaffen.

Den Censeur lese ich allerdings täglich, wie das übrige französische Zeug, unter dem der Censeur unstreitig das Bessere ist. Da er gegen uns sehr die Zähne zeigt, so habe ich ihm schon einige Sachen sagen müssen. Ich glaube, daß er noch am ersten mit uns zufrieden sein würde, wenn er uns recht kennte. Die Franzosen laboriren gemeinhin an der Unwissenheit; die Engländer noch mehr, aber die Ersten wollen sie nicht Wort haben, den Letztem ist sie gleichgiltig.