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der Ankunft in der Stadt so abgemagert, daß er sie um den bloßen Werth der Häute verkaufen mußte. Von allem, was er gehabt, blieb ihm kaum soviel übrig, um sich und seine Familie nach der fünfzigtägigen mühevollen Wanderung neu kleiden zu können. Indeß befanden sich in Montevideo viele Landsleute, und Gciribaldi war überdies nicht der Mann, sich in kritischen Lagen verloren zu geben. Er begann ein Mäklergeschäft, erwarb Einiges durch Ertheilung von Unterricht in der Mathematik und sand dann eine Stelle als Ofsicier der Republik Uruguay. Nicht lange währte es, so hatten ihm seine Kenntnisse und sein energisches Wesen das Oberkommando über die gegen Buenos-Ayres vperirende Eskadre verschafft. Nach der Blockade Montevideo's durch die englisch-französische Flotte bctheiligte er sich am Landkriege gegen den Dictator Rosas, und zwar als selbständiger Führer von Schaaren, die von 300 bis zu 3000 Mann zählten. Bald an der Spitze eines halbwilden, pfeilschnellen Reitergeschwaders, bald als Oberster einer unermüdlichen Infanterie, meist siegreich, nie am Gelingen verzweifelnd, bildete er sich durch diese Uebung im kleinen Krieg zu einem vollendeten Guerillaführer aus.
Mit der Erhebung Italiens im Jahre 1848 endigt diese erste Periode seines Lebens, die wir einigermaßen im Detail schildern mußten, eincstheils weil sie die Grundlagen dessen zeigt, was er als Militär ist, audcrntheils, weil sie, verglichen mit seinem spätern Austreten, ein Helles Licht auf den Grund seines Charakters wirft. Er hat, lange Jahre unter Abenteurern lebend, bis zu einem gewissen Grade selbst Abenteurer, niemals den Sinn für strenge Disciplin, der ihm als Seemann eingeprägt worden, verloren, und an blutigen, oft barbarisch geführten Kriegen zwischen Halbwilden theilnehmend, zu keiner Zeit die Menschlichkeit und Großmuth verleugnet, die den civilisirten Soldaten ziert. Er ist unter den selbstsüchtigen Gauchosgeneralen nicht zum Egoisten geworden, und ebensowenig hat ihn die bombastische Ruhmredigkeit der transatlantischen Spanier zum Renommisten gemacht. Er hat endlich, nachdem ihm während des wilden Treibens jenseits des Oceans manches unmöglich Scheinende gelungen, sich trotzdem den praktischen Blick bewahrt, der nur mit Möglichkeiten rechnet und so seine Wünsche und Hoffnungen den Umständen einzuordnen, sie nach Befinden selbst aufzugeben weiß. So erschien er wenigstens während der Ereignisse von 1848, 1849 und 1859. Wenn sein jetziger Zug nach Sicilien dem theilweise zu widersprechen scheint, so wird abzuwarten sein, ob die Schuld unbedachten Handelns ihn allein trifft. Daß er Gefühlspolitik treibe, ist nicht anzunehmen.
Einen Beweis der Selbstverleugnung, die ihm innewohnte, und seiner richtigen Würdigung der Verhältnisse gab er sogleich nach seiner Rückkehr nach Italien. Auf die Nachricht von der Erhebung Italiens zur Abschüttelnng
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