I
24!)
Die Elltlmcklllug der schweizer Verfassung.
Die energische Haltung, welche die Schweiz in der savoyischen Frage angenommen, hat die allgemeine Aufmerksamkeit auf sie gelenkt und man ist begierig zu sehen, wie sich ihre politische und militärische Organisation bei dieser Gelegenheit bewähren wird, ein Rückblick auf deren Entstehung und neueste Geschichte wird daher nicht ohne Interesse sein. Das Band des Vundesvertrages von 1815 war ein sehr loses und wurde 1830 noch mehr gelockert, indem der Centrnlgewalt das Recht abgesprochen ward, initiativ in den Verfassungsangelegenheiten der Einzelcantone zu interveniren. In Folge dessen bildeten die Jahre 1830— 46 eine Reihe von Streitigkeiten, bei denen die confessionellen Reibungen eine Hauptrolle spielten, die Unterdrückung der Klöster im Aargau führte zum Vorschlag der Vertreibung der Jesuiten und zum Sonderbundskriege, dessen Katastrophe der Ausgangspunkt für die Reform der Bundesverfassung war. Bisher war ihre Autorität zu Gunsten der Canto- nalsouveränetät geschwächt, jetzt begann das entgegengesetzte Streben, man wollte von dem losen Staatenbnnde zum Bundesstaate gelangen und glücklicherweise ward dieser Versuch nicht in Folge der Februar-Revolution gemacht, , keine Constituante, sondern die gesetzlichen Organe vollzogen die Revision der Verfassung. Das Ergebniß war daher ein wirklicher praktischer Fortschritt, eine Entwicklung des Förderativstaates im besten politischen Sinne. Die Grundgedanken des Bundesvertrages von 1315 wurden beibehalten, der Art. 2 der neuen Verfassung bestimmt sie dahin „die Unabhängigkeit des Vaterlandes dem Ausland gegenüber zu sichern, im Innern Ruhe und Ordnung zu sichern, die Freiheit und die Rechte der Bundesgenossen aufrecht zu erhalten und ihre gemeinsame Wohlfahrt zu fördern." Aber die Erfahrung der verflossenen 40 Jahre hatte gezeigt, daß um dies Ziel zu erreichen, ein festerer Organismus nöthig sei. als der von 1815, es mußte der Centralgewalt eine größere Autorität eingeräumt werden, um sie in den Stand zu setzen, die gemeinsamen Interessen den pnrticularen gegeuüber wirksam behaupten zu können. Ihr Wirkungskreis ward also erweitert, die Cantonalsouveränetät in den nöthigen Punkten beschränkt. Voran steht hier die Bestimmung, daß allein die Bundesgewalt mit dem Auslande verkehren darf, sie allein hat das Recht Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und Staatsverträge einzugehen, die ausnahmsweise Berechtigung der Ccmtone zu gewissen nicht politischen Verträgen ist auf seltene und unbedeutende Fälle beschränkt. Besondre Bündnisse und Verträge politischen Inhaltes zwischen den Cantonen, sowie jede Selbsthilfe gegeneinander sind verboten, bei Ruhestörungen ist jeder derselben
Gr-nzbottn 17, 1800. ^32