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sonders seitdem ihm Alezander Dumas in seinem Monte Christo ein so köstliches Momument gesetzt hat, Uebrigens ist der Sterlet des Dnieprs, wie man sagt, nicht der ächte, der allein in der Wolga vorkommen soll. Wahrhaft ungeheuer ist der Reichthum der Gewässer an Krebsen, welche ebenfalls eins der ailergewöhnlichsten Nahrungsmittel sind. Auf allen Märkten sieht man große Hausen davon in gekochtem Zustand auf der bloßen Erde aufgeschüttet. Für einen Kopeken bekommt man mehr davon, als man auf einmal bewältigen kann. Oft habe ich mit Erstaunen zugesehen, wie der gemeine Russe mit dieser Kost umspringt, das mühsame Entschülen ist nicht seine Sache, er schiebt den Krebs zwischen die Kinnbaken und zermalmt ihn, wie er ist, mit Stumpf und Stiel. Aus allen diesen Köstlichkeiten der Gewässer mit Zusatz von Quaß, Kräutern. Zwiebeln, Gewürzen und Rahm wird eine eigenthümliche Kalteschaale bereitet, die Badwinia oder kalte Suppe, die mit Stücken Eis darin aufgetragen wird; sie ist ein berühmter Leckerbissen, zu dem jedoch ein kräftiger Magen gehört.
Zum erstenmal habe ich sie gegessen in dem Adelsclub zu Cherson. in welchen ich von Freunden eingeführt ward. In jeder Gvuvernementsstadt besteht ein solcher als Sammelpunkt der ganzen Corporation zu geselliger Erholung. Der russische Adel ist eine ganz eigenthümliche Institution, wesentlich verschieden von demjenigen anderer Länder. Der äußere Unterschied zwischen einem russischen Adeligen und einem Nichtadeligen ist kein großer; denn wenn der letztere Talent und Glück hat. kann er es zum Adel bringen. Die Verhältnisse sind einigermaßen verwickelt, weshalb sie auch im Ausland noch wenig bekannt sind oder falsch beurtheilt werden. Mit den Ahnen und der Reinheit der Race nimmt man es in Rußland nicht so genau; trotzdem schließt sich die Aristokratie nach Kräften ab und wacht eisersüchtig an den Grenzen ihrer Bevorrechtungen. Dahin zählt sie z. B. die nur ihr gestattete Erwerbung von Grundbesitz mit Seelen; ohne die letzteren kann der Bürgerliche Land kaufen, so viel er will; um ein Gut mit Seelen zu erwerben, bedarf er der Darleihung eines Namens, was übrigens alles zu machen ist. Es gibt einen doppelten Adel in Nußland, den Personaladel und den Erbadel. Der erstere, natürlich der minder angesehene, tritt bei Bürgerlichen mit dem Charakter des Collcgicn- assessors oder der achten Rangklasse im Civildienst ein, im Militär durch Erreichung des Ossiciergrades. Auch der Erbadel kann erworben werden mit der vierten Classe des Civildienstes, den, wirklichen Staatsrath, und mtt dem Oberstemang im Militär. Dies ist aber eine neuere Bestimmung, unter Ni- colaus verlieh schon der fünfte Rang im Civil, der Staatsrath schlechthin, und der Major im Militär den erblichen Adel. Der Kaiser kann denselben auch durch ein Machtwort ertheilen, es geschieht dies nicht oft und ist fast nur Ausländern gegenüber üblich. Ebenso verleiht der Empfang hoher rus-
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