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Trauerspielen :c. Ich bat mir die Erlaubniß aus, das königliche Gedicht zu beantworten, und erhielt sie. Als Er einmahl herausgeruffen ward, um jemand Gehör zu geben, schlug Er die Thüre hinter sich zu, und lies mich ganz allein in seinem vg.bin.et, vcrspcrt. Er kam wieder und tadelte die Art, die Alten Redner und Dichter in Schulen zu traotircn da man bloß auf den Sinn der Redensart und Wörter gehet, aber die Kunst in Reden und Dichten, ihre Schönheit im ganzen, ihre oeoonomie nnd Einrichtung, kurz, das feine im Geschmack der Alten nicht erkläret und begreiflich macht.
Kurz der Herr wies eine ungemcinc Einsicht, die der Tausendste Gelehrte nicht hat. Eine Stunde war vorbey; als Er mir befahl morgen wiederzukommen und das übrige mitzubringen.
Ich erschien Donerstags umb halb 5 Uhr. Ich brachte Ihm allerley mit und er las von allen was: aber sonderlich den französischen Brics meiner Frauen, und sagte: 81 ^'avois plus äs tsmps ioi, ^sorirois ü. eile. Ich überreichte mein Gedicht von einer lateinischen guten Hand geschrieben. Er nahm es, und als icli mich erbot, solches vorzulesen, so sagte Er, Uori ^s 1s Ural iriol mems, I' en- tsnärs.1 mieux. Und hier nahm Er sich Zeit und Gedult es von Ansang bis zu Ende durchzulcsen. Ost fragte Er nach der Bedeutung dieses und jenes Wortes, oft machte Er Anmerkungen oder forderte Erlcutcrungen, kurz, Er las bis ans Ende und als: die rauhcstc Sprache kam, sagte Er: Das hat Er mir nicht schenckcn wollen, aber mit lächeln. Ich bat unterthänigst umb Vergebung, und so dauerte die Unterredung bis 7 Uhr Abends.
Nun war seine ganze KensrA-litÄst:, und alle Ns^ers von der g,rmes zusammen. Man rief Ihn. Er sprang aus, nahm Hut und Stock und ging ins große Zimmer umb die Befehle zum mg.relr und zum Angriff der Ocstcrreichschcn Ncichs- Iroupxsii und Franzosen zu geben. In einer Viertelstunde kam er wieder, und sehte sein Gespräch fort, bis auf 8, als ob er weiter nichts wichtiges zu thun hatte.
?. L. Der König hält den v. (Zvs.riät für den cintzigcn deutschen Redner, der in der Welt ist. Er erzählte mir, wie Er ihn als (Zron-Prinz gehöret, und wie er Ihn bczaubert hätte. Leben Sie wohl! Ich werde ferner arbeiten, den König zur deutschen Sprache zu bekehren.
Vorstehenden Brief verdankt das genannte Blatt der Mittheilung des Gymna- sialdirectors Herrn Dr. Bcneke in Elbing. Der Abdruck ist nach einer auf der Stadtbibliothck zu Elbing aufbewahrten, von der Hand des gelehrten RcctorsJoh- Lange (5 178 l) herrührenden Copie besorgt. Ueber den Verbleib des Originals ist uns nicht bekannt. Wir haben dem interessanten Schriftstücke um so lieber eine Stelle in diesen Blättern eingeräumt, als wir in dem Werke Danzel's: „Gottsched und seine Zeit" vergebens darnach gesucht.
Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Verantwortlicher Redacteur: Dr. Moritz Busch Verlag von F, L. Herbig — Druck von C. <5. Klbert in Leipzia,