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Württembergische Zustände.
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Gut und Blut für Pläne opfern zu müssen, welche weder dem engeren, noch dem deutschen Vaterland förderlich sind, die Hemmnisse, mit welchen die Ver­schiedenheiten der Gesetzgebung, der Vcrwaltungssormen, des Münz- und Maß- Systems das Erwerbs- und Verkehrsleben in den kleinern Staaten mehr als in den großen drücken, so schwer als anderswo empfunden. Diese Empfind­ung würde sich lebhafter, als bis jetzt geschehen, äußern, wenn nicht fast alle Parteien Gründe hätten, für jetzt damit zurückzuhalten. Die Einen sind durch die Erfahrungen der letzten zehn Jahre zu der Ansicht gelangt, daß eine wirk­same Einigung'in Deutschland ohne radicale Aenderung der Regierungssorm nicht zu hoffen sei. Diese Pessimisten, deren Zahl in Süddeutschland nicht gering ist, betrachten eine Revolution als das einzige wirksame Mittel, um zum Ziel zu gelangen; sie wollen jedoch nicht auf eine solche hinwirken, weil sie wohl wissen, daß der größere Theil des Volkes ihrer Ansicht nicht huldigt, daß sie also gegenwärtig keine Aussicht auf Erfolg hätten. Andere sind Freunde des maßvollen Fortschritts, hassen die herrschende Reaction und wünschen eine liberale, gerechte, den Forderungen der Zeit Rechnung tragende Regierung. Sie beklagen es, daß ihr Regent, der in früheren Zeiten durch Festhalten an Recht und freisinniger Beförderung des Nationalwohls vor vielen Andern sich auszeichnete, in die Bahn der Reaction gedrängt wurde. Sie wollen jedoch dem 79jährigcn Herrscher nicht zumuthen, im hohen Alter von den Ministern sich zu trennen, an die er gewöhnt ist, und sie ertragen diese Minister aus Anhänglichkeit an ihren König. Groß ist ferner die Zahl der Gleichgiltigen, welche in Befriedigung materieller Interessen ihr ganzes Glück finden und nur sich rühren, wenn und so lange ihr Egoismus un­mittelbar berührt wird. Sie sind die Klasse, um welche ein beständiger stiller Kamps geführt wird, indem die Männer des Fortschrittes aus ihrer Zahl sich zu verstärken suchen, während die Reaction, da sie ihre Partei selbst nicht beträchtlich vergrößern kann, wenigstens möglichst viele gegen ihr Treiben glcichgiltig zu wissen wünscht, und zu diesem Zweck der Aufklärung nach Kräften entgegenarbeitet. Die der Zahl nach kleine Partei endlich, welche derzeit das Regiment führt, findet natürlich alles in der Ordnung, was von den Ihrigen ausgeht und hat gegen Alle, welche nicht derselben Meinung sind, stets die abgenützten Schlagwörter:Rothe, Aufwiegler, Ehrgeizige, u. s. w. im Mund.

Für jetzt leben diese Parteien ziemlich friedlich nebeneinander. Sicher­lich kommt eine Zeit, welche die stagnirenden Elemente in Fluß bringen wird, eine Zeit, die viele fürchten und wenige herbeiwünschen.- Je schroffer bis dahin die Parteien sich gegenüberstehen, desto schlimmer dann für die Unterliegende!

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