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gegeben hat, daß Oestreich ein Correctiv des Concordates — wie in Baicrn möge folgen lassen, welches die gleiche Berechtigung aller christlichen ConW^ nen, ja auch der Juden anerkenne, so hat er sich nicht nur die Anerkennung u> den Dank der Protestanten, sondern auch — wir srcucn uns, es sagen zu könne«
— die beifällige Zustimmung der verständigen Mehrzahl der katholischen Laien Oestreich gesichert. Desto bedauerlicher ist es, daß man auf katholischer Seite M« allgemein jenen unter dem heutigen Bildungsvcrhältnisse allein möglichen Stan ' Punkt einnimmt. Wenn Herr Pros. Roßhirt in Heidelberg in seiner neuesten Schul „Das staatsrechtliche Verhältniß zur katholischen Kirche in Deutschland" meint, daß man nicht verlangen könne, daß in Oestreich „der objectiv kirchliche Standpunkt am- gegeben oder gar eine politische Opposition gebildet (?!) und nach protestan- tischen Ansichten regiert werde," so desavouirt er seinen Parteigenossen auf eine eclatante Weise. Die Protestanten in Oestreich prätcndircn nicht, daß man in Ocs' reich nach protestantischen Ansichten regiere, schon aus dem Grunde nicht, weil dtt Staatsgewalt überhaupt nicht, am allerwenigsten in Ländern mit gemischten con- fessionellen Elementen den Dictaten der Kirchengcwalt folgen darf. Aus Viescw Grunde können sie aber auch nicht zugeben, daß die Staatsgewalt den „ objectiv k>rc) liehen Standpunkt" d. i. — nach Roßhirt — den römisch-katholischen Standpu«k festhalte. Was sie verlangen, das ist! strenge Gerechtigkeit nach rechts und link, gleiche Freiheit, vollkommne Reciprocität gegenüber der katholischen Kirche. Der oder die Inhaber der Staatsgewalt können gute Katholiken oder gute Protestanten se>"' die Confcssion soll sie aber nie bestimmen, gegen die andersgläubigen Staatsbürger ungerecht zu sein, oder gar ihre Macht sür confessionellc Propaganda auszubeuten^
— Eine wesentliche Abweichung von den Wünschen des Herrn Lasaulx findet st^ auch bei den in Wien erscheinenden klerikalen Blättern „Oestrcichischer Volksfrcund (Scverinusvcrcin) und „Wiener Kirchenzeitung" (Sebastian Brunner). Wenn da erstere in seiner Entrüstung über den allgemeinen deutschen Wunsch nach Bundes rcform die Möglichkeit der Einheit Deutschlands nur in der Wiedervereinigung ^ Glauben, d. i. im katholischen erkennt, welche von der „Gnade und Fürbitte jen Heiligen" erfleht werden müsse, „der zuerst die Bruderhand um die deutschen Stämme geschlungen," so muß ihm der jetzige dcsorgcmisirtc und desolate Zustand der pro^ stantischen Kirche in Oestreich grade erwünscht sein, weil die Desorganisation ane? die Möglichkeit des Zerfallcns und — wie man hofft — des einstigen Erbanfalle in sich schließt. Die Brunncrsche Kirchcnzcitung hat das Maß ihrer Großmuth vollen- erschöpft, wenn sie die Protestanten in Oestreich „Bethäuser bauen und besucht' Schulen bauen und ihre Kinder dahin schicken" und dieselben „in Erlangung de Staatsstcllcn und im Kauf an Grund und Boden" den Katholiken gleichgestellt ft' läßt, als ob das der Inbegriff der vollen Gleichberechtigung wäre und die bestehen ^ einseitige Ehegcsctzgebung die Ungleichheit in der Uebcrtrittsfrage und die durchgängig Bevorzugung der römisch-katholischen Kirche, namentlich auch in Bezug auf die tation aus dem Staatsschatze gar nichts zu bedeuten hätten. Und welche Jron ^ Nicht einmal so viel Recht genießen die Protestanten, als ihnen ein Sebastian Br»n zugestehen möchte. — ,^
Auf den einflußreichsten Posten im Staatsdienerverband sind Protestanten Seltenheit. Baron Brück ist Finanzminister, weil der Finanzminister mit der S )