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Die Angelegenheit des Dr. Beckhaus.
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wenn ihre Voraussetzungen, welche hier nicht Gegenstand weiterer Prüfung sein können, zugegeben werden. Aber etwas anders verhält es sich mit der bereits er­wähnten Erklärung, die sie im Staatsauzeiger gegeben hat. Dieselbe ist zunächst bestimmt, ihr formelles Recht zu wahren und der in öffentlichen Blättern wol vor­gekommenen Darstellung entgegenzutreten, als ob der Beschluß ohne gehörige Be­rathung in turbulenter Weise zu Stande gekommen sei und nahezu den Charakter eines MinoritätSbcschlusses trage; zugleich aber gibt sie doch eine Andeutung der , materiellen Motive, indem sie im Eingänge bemerkt, die gesetzlich erloschene Liccntia docendi sei dem Dr. Bcckhaus wegen dessen wissenschaftlichen und persön­liche» Verhaltens nicht erneut worden, woraus mir die beiden Worte, und persönlichen fortwünschten. Durch sie wird das Moment, das nach der oben dargelegten Ansicht nur als ein subjcctiv influircndcs Hütte gelten sollen, als ein ob­jectiv mitentscheidendes anerkannt, was -der Sache in den Augen des Pnblicums eine schiefe und der Absicht der Facultät schwerlich entsprechende Stellung gibt. Zwar möchten wir nicht sagen, was vielleicht gesagt werden wird, daß die Facultät da­mit dem von ihr schou hart genug Behandelten noch nachträglich einen Makel an­hänge; vielmehr scheint uns der gewählte Ausdruck eine solche Auslegung keineswegs zu erheischen. Bei den Angehörigen eines jeden Berufes können Handlungen vor­kommen, welche, ohne den Namen von unsittlichen zu verdienen, doch den beson­deren Bedingungen der Bcrufsstcllung nicht entsprechen; und grade auf diese findet so recht das ganze Gebiet der Disciplinarjnstiz Anwendung, welche überhaupt nie­mals den absoluten sittlichen Werth einer Handlung, sondern immer nur ihre Ver­träglichkeit oder Unverträglichkeit mit der letzteren zum Maßstabe zu nehmen hat. Wenn ein Gymnasiallehrer während der Unterrichtsstunde vor den Schülern den Rock ablegen, oder ein hochgestellter Beamter eine von Packkncchten besuchte Branntwcin- stube zu einem häufigen 'Aufenthaltsorte wählen wollte, so könnten Beide übrigens sehr redliche Männer sein, würden aber doch einer ernsten Rüge von Seiten ihrer Vorgesetzten nicht entgehen können. Anch kommt es im Allgemeinen gewiß nicht selten vor, daß berusswidrigc Gewöhnungen und Neigungen fo sehr mit dem Cha­rakter eines Mannes verwachsen sind, daß sie ihn zur Ausfüllung eines Berufes un­fähig machen; aber es ist nicht recht glaublich, daß dies auf den Fall des Dr. Bcckhaus Anwendung findet und die Maßregel gegen ihn unter diesen Gesichtspunkt gestellt werden kann. Denn theils scheint derselbe der Facultät zu einem discipli­narischen Einschreiten früher noch keinen Anlaß gegeben zu haben, theils ist er noch ein junger Mcmn, dessen Lcbensgcwohnhcitcn schwerlich für alle Zukunft unverän­dert bleiben werden. So aber stellt die Erklärung vom 8. Juni die von der Ma­jorität beliebte Nichtcrneuerung der Licentia docendi eigentlich in das Licht, als ob sie das von der Minorität beantragte Disciplinarvcrfahrcn nicht nur factisch un­nöthig machen, sondern ersetzen und selbst die Bedeutung einer Strafe annehmen solle, was sie nimmermehr kann, da sie zu den nach §. 58 gesetzlich anwendbaren Strafmitteln in gar keinem meßbaren Verhältnisse steht. Dr. Bcckhaus hat diese Vermischung der Gesichtspunkte bereits benutzt, indem er in seiner in No. 146 der kölnischen Zeitung abgedruckten Erwiderung daraus aufmerksam macht, daß bei Einwendungen gegen den Lebenswandel" nicht der §. 57, sondern der §. 58 der Statuten das Verfahren vorschreibt.