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Der neue Ausbruch des Vesuv.
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Punkte die Krater sich befanden, in die Ebene gegen Nesinn und Portici hcrabführt. Die Lava hatte nämlich, bald nachdem wir sie am Nachmittage verlassen hatten, eine schrvfferc Stelle erreicht und war hier mit verdoppelter Gewalt und Schnellig­keit herabgestürzt, bis sie jetzt durch die Enge des Passes wieder etwas aufgehalten ward. Die Abhänge der Schlucht waren mit Weinbergen bis unten hin bedeckt, natürlich wurden die zunächst stehenden Bäume rasch vom Feuer ergriffen und um­gaben so die vordere Spitze des vorwärts dringenden Flusses mit einem stets sich erneuernden Kranze von blauen Flammen, die einen sonderbaren Gegensatz gegen die feurige Glut des verheerenden Elements bildeten. Der Strom, der am Tage von der verhärteten Lava eine dunklere Farbe angenommen hatte, zeigte jetzt im Dunkel der Nacht seine natürliche Farbe ungeschwächt und bot einen unbeschreiblich imposanten, aber furchtbaren Anblick; die Krater schienen ihre Flammen noch höher zu entsenden und die Steine, die sie auswarfen, glänzten fast in weißer Glut. Hoch hinauf war die Luft mit rothem Rauch angefüllt, durch den hindurch der allmülig sich erhebende bleiche Mond eine grünliche Farbe zeigte. Und» um das Bild noch mehr zu beleben, sah man hier und da auf dem Berge und in der Hochebene kleine Gestalten mit bläulich weißen Fackeln umhergehen und das seltene Schauspiel aus größerer Nähe betrachten. Das Getöse der Krater hatte etwas nachgelassen, aber desto deutlicher vernahm man das eigenthümliche Geräusch, welches die Lava beim Fvrtglcitcn und indem sie die aus der Oberfläche liegenden Stücke herabschüttct, ver­ursacht, nicht selten mit dem Prasseln der entzündeten Bäume vermischt.

Noch bedeutender hatte sich die Secnc links von unserm Staudpunkt verändert. Die Lava, die hier am Morgen nur erst soeben den Rand des Atrio di Cavallo theils überschritten, theils durchbrochen hatte, stürzte jetzt in mehrcrn gewaltigen Strömen unaufhörlich und unaufhaltsam den steilen Abhang herab und hatte sich schon tief in die Ebene hinab ergossen. Zum Glück befinden sich in der Richtung, welche der Strom nahm, keine Ortschaften und er wird daher ebenso wenig bedeu­tenden Schaden anrichten, wie der vorjährige, auf dessen Grundlage er sich vorwärts wälzt. Die Masse der Lava, welche hier hcrunterrann, war viel großer als die, welche bei dcu sichtbaren Kratern hervorquoll, und ohne Zweifel mußte die Oeffnung im Atrio di Cavallo aus der sie entsprang, die größte von allen sein. Was aber dem Schauspiel auf dieser Seite den größten Reiz gewährte, das war die Steilheit des Fclsrandcs, von dem die Lava herunterstürzte. Die Bewegung derselben war hier daher heftiger als irgendwo sonst, und die herabrollcndcn Massen, welche sich oben offenbar gestaut hatten, ehe sie über den etwas erhabenen Rand hcrübcrfließen konnten, zeigten ganz die Gewalt und Schnelligkeit des fließenden Wassers. Zu beiden Seiten hatte die Lava aus sich selbst einen Wall gebildet, der, sie begrenzte und einengte; in der Mitte aber war sie aus einen scharscn Lavarückcn gestoßen, der sich säst von oben bis ins Thal herab erstreckte und nun den ungeheuern Strom in zwei mächtige Arme zerspaltete. Ganz unbeschreiblich war der Anblick, wenn ein gewaltiger Stein oder ein glühender Lavablock, oft von ungeheuren Dimensionen, auf der Oberfläche des Glutstroms herabglitt, sich dann an jenem Lavagrat stieß und nach wenigen Augenblicken der Stockung sich selbst überstürzend weiter in die Tieft hinabrolltc. Jener. Wall, der die Lava an der Seite begrenzte, gestattete es ohne die geringste Gefahr sich dem Strome zu nahen und den Anblick aus der Ent-