415
dann noch besonders bezahlt werden mußte und schon der Mangel des Angebots von Capital, welches sonst der Lockung von 1 oder 2°/» über den gewöhnlichen Zinsfuß nicht widerstanden hätte, die Lage des Schuldners erschweren mußte, ist klar.
Die Regierung wußte das sehr wohl, und hatte sich deshalb schon lange bei Handelskammern, Gerichten und städtischen Behörden Gutachten über die Wuchergesehe erbeten, welche sast allgemein gegen ihre Beibehaltung ausgefallen waren. Als dann im Herbste v. I. die Krisis ausbrach, deren Ursachen wesentlich in dem gemißbrauchten Credit lagen, als infolge davon das erschreckte Capital gänzlich den Verkehr mied und sich nur im Arminschen Geldschrank für sicher zu halten schien, wollte die Regierung nicht länger die Verantwortung dem dämonischen Walten der Verkehrsgesetze gegenüber tragen und suspcndirte vom 27. November 1857 bis 27. Februar 1858 die Wuchergesetze. Absolute Heilung sollte und konnte das nicht bringen, aber es war ein wohlthätiges Linderungsmittel, für dessen Darreichung zur rechten Zeit Tausende von Geretteten der Negierung zu danken haben. Der Gewinn lockte, man kam zur Besinnung, und was nicht unhaltbar war, fand meistens mit mäßigen Opfern eine Stütze. Daß einigen Grundbesitzern Capitalien gekündigt oder nur unter härtern Bedingungen gelassen sein mögen, daß der Schreck auf der einen, das plötzlich erwachte Selbstbewußtsein des Capitals auf der andern Seite den Zinsfuß in manchen Füllen beträchtlich erhöht haben mögen, ist selbstverständlich, beweist aber nicht im Entserntesten, daß dies die dauernde Folge abgeschaffter Wuchergcsetzc sein würde. Auch unter diesen sehr siuguläreu und die wahren Gesetze des freien Zinses verdunkelnden Umständen sprechen die bis jetzt eingegangenen Berichte nur von den Wohlthaten der Verordnung und werden es auch nicht anders, sobald sie bedenken, daß ihre Wirksamkeit nur größeres Unheil verhüten, aber nicht positiv sein konnte.
Da die Suspension eines Gesetzes ohne Beistinunuug der Kammern erlassen war. mußte verfassungsmäßig ihre nachträgliche Genehmigung in der nächsten Session gesucht werden. Daß diese nicht verweigert werden würde, war von vornherein gewiß. Die Zusammensetzung der Kammern führte aber dcizn, daß in beiden der Genehmigung eine Resolution angehängt wurde, die im Herrenhause sehr entschieden, im AbgeordnetcNhause etwas milder die Abneigung einer Majorität der Lcmdbotcn gegen die Frcigebung des Zinsfußes ausdrückte. Diesem Umstände haben wir die interessantesten Sitzungen zu verdanken, welche dieses ganze, mehr als gewöhnlich inhaltslose Kammerjahr, uns wahrscheinlich bieten wird. Die bedeutendsten Redner beider Parteien — denn es kam der Hauptsache nach auf eine politische Principienfragc heraus ^ betraten nacheinander die Rednerbühne, uud man muß mit Dank anerkennen