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kehren, von dem Hegel ausging, sondern die Arbeit Hegels ist nicht umsonst gewesen, er hat die alten Bildungsmomcnte in Gährung gebracht, und durch diesen Gährungsproceß sind sie sür uns fruchtbar geworden und sind noch heute fruchtbar. Das Erstere lehrt die Erfahrung. Aus Hegels Religionsphilosophie ist eine neue tiefere Auffassung der Religion entsprungen, die freilich jetzt in ihren Erscheinungen sehr divergirt, die aber nun nicht ohne Hilft der hegelschen . Dialektik versöhnt werden kann, und die unendlich hoher steht, als alles, was vor ihm über Religion philvsophirt worden ist. Dasselbe gilt von der Aesthetik, dasselbe von allen historischen Wissenschaften. Hegel hat unsere Empiriker auf die Gesichtspunkte hingewiesen, die sie in der Geschichte festzuhalten haben, und nicht sein kleinstes Verdienst ist, daß er ein Buch wie das vorliegende veranlaßt und möglich gemacht hat.
Es ist nämlich in Hegel, wenn wir von seiner sonderbaren Sprache abstrahiren, mehr Positives und Bleibendes als Haym zugibt. Einmal war seine universelle Bildung durch einen genialen Blick getragen. Wir gedenken diese Behauptung trotz Hayms Protest nicht zu beweisen, ebensowenig wie wir die Existenz der Natur beweisen wollen, obgleich Fichte auch das verlangt. Man vergleiche doch nur unbefangen, was vor Hegel von den geistvollsten Männern namentlich über Culturgeschichte gesagt ist, mit dem, was wir jetzt darüber wissen. Zweitens ist seine Dialektik nur dem Anschein nach sophistisch und unfruchtbar.. Freilich stimmen wir ganz mit Haym überein, daß für die Stufenleiter der Begriffe in der Logik niemand mehr in die Schranken treten wird; aber lassen wir diese taumelnde Kreisbewegung der Begriffe bei Seite, gebieten diesem schwindelnden Tanz der Hören einen Augenblick Halt, und untersuchen gründlich, wen wir eigentlich vor uns haben, so erkennen wir es sehr wohl heraus, und lernen bekannte Vorstellungen in einem neuen tieferen und- in der Regel wahren Sinn begreifen. Hegel war kein bloßer Encyklopädiker, der die Schätze aller frühern Philosophen in einem nach wunderlichen Rubriken geordneten Magazin aufspeicherte, sondern sein Geist war auch bei der Sammlung fortwährend thätig, er producirte, indem er nachbildete, und producirte einen bleibenden Kern, den man freilich erst mühsam aus der harten Schale herausschälen muß. Mit der hegelschen Schule, ist es zwar zu Ende, denn Leute, die nur auswendig lernen können, werden durch Hegel nicht klüger, sondern confuser gemacht, das unbefangene Studium der hegelschen Schriften wird aber jeyt erst recht angehn, nachdem Haym uns den Schlüssel zum Verständniß derselben gegeben hat. Wir danken ihm für diesen Schlüssel, und sind überzeugt, daß er es uns nicht verargen wird, wenn wir in den aufgeschlossenen Gemächern unendlich mehr finden, als er uns verspricht. I. S.