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Ein Minister in Nicaragua.
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Ein Minister in Nikaragua.

Wanderungen durch die mittelamerikanischen Freistaaten Nicaragua, Honduras und San Salvador. Mit Hinblick aus deutsche Emigration und deutschen Handel. Von 0. Karl Scherzer. Braunschwcig, Verlag von G. Westermann. -1857-

Das angeführte Buch ist mit Ausnahme der Capitel 2 bis 6, die von Moritz Wagner, bekanntlich dem Reisebegleiter Scherzers, herrühren, und der Schilderung des Naturcharakters Nikaraguas, der gleichfalls aus Wagners Feder ist, ein ziemlich schwaches Product. ' Im Unwesentlichen und Selbst­verständlichen breit, laßt es im Wesentlichen häufig die nöthige Ausführlichkeit vermissen, und von einem gründlichen Erschöpfen des Gegenstandes ist beinahe nirgend die Rede. Der Stil ist nachlässig, die Darstellung voll Abschwei­fungen, die oft in Gemeinplätzen und schalen Witzen bestehen. Wörter wie einfaltsvoll" undeinfaltsam" sind vielleicht östreichisch, gewiß aber nicht deutsch. Erzählungen endlich, wie die, wo der Reisende beim Herannahen der Bande desTigers von Honduras" statt wie seine Begleiter zu zittern Muse findet, sich gemüthlichen Naturbetrachtungen hinzugeben, sind, wenn dieser Reisende an einer andern Stelle in weniger gefährlicher Situation sich mit dem Pastor Schmolle vor dem zum unschuldigen Schweineschlachten gezückten Messer vergleichen muß, mindestens unbegreiflich.

Indeß kann es bei der Natur des Gegenstandes nicht fehlen, daß das Buch auch mancherlei Mittheilungen enthält, die interessant sind, zumal die neuesten Ereignisse Centralamerika und besonders Nicaragua sehr in den Vorder­grund gerückt haben. Dahin gehört unter andern die Schilderung des Be­suchs bei dem Minister des letzten unabhängigen Präsidenten NicaraguaS, Don Fruto Chamorro, die wir im Folgenden abdrucken.

Als Minister der Finanzen und des Krieges war Don Jesus de la Nocha in der Verwaltung Chamorros die einflußreichste Persönlichkeit. Hätte uns derselbe nicht bereits bei unserm ersten Besuche und zwar gleich nach den g/' wöhnlichen Begrüßungöhöflichkeiten mit einem gewissen Selbstgesallen erzählt, daß ervoelor er. esnonss, I^es 5 Kwsol'is" sei, wir würden ihn nach seinem Aeußern, seiner Gesichtsfarbe und seinem Kraushaar weit eher für einen ganz gewöhnlichen eitlen Halbneger gehalten haben, dem mehr die seiner Race eigenthümliche Geschmeidigkeit und die leichte Aneignung gewisser Ma­nieren als eine gediegene politische Bildung zu seiner gegenwärtigen Stellung verholfen hat. Gleich allen Abkömmlingen der äthiopischen Race besaß auch Don Jesus de la Rocha eine besondere Vorliebe für Musik und fast jeden Nachmittag spielte er entweder selbst ein Instrument oder ließ sich von der