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Briefe über Marine. 1.
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concentrirte.gewesen ist. Die Aufrechterhaltung der britischen Macht erheischte mithin stets eine Zersplitterung der Kraft in ungleich viel mehr Theile, wie die Frankreichs; daher mußte auch England die einzelnen Partikeln der seini­gen kleiner bemessen, um nicht zur Aufwendung eines alle Grenzen über­steigenden Kraftmaßes gezwungen zu sein. An diesem weisen Princip würde Großbritannien auch heute noch festhalten, wenn dasselbe nicht durch das sehr verschiedene Princip einer dritten Weltmacht erschüttert worden wäre. Diese Macht war die amerikanische Union.

Bei der Marine der Vereinigten Staaten ging man ziemlich früh von dem Grundsatze aus, daß es zweckmäßiger sei, da die amerikanischen Seeleute den britischen an Geschicklichkeit nicht nachstehen, durch eine überwiegende Stärke des einzelnen Fahrzeugs über die entsprechende Schiffsclasse deS Gegners sich ein Uebergewicht im Einzelngefecht zu verschaffen. Denn Einzeln­gefecht sei die einzige Kampfform, in welcher man amerikanischerseits vor der Hand einen Seekrieg wider England führen könne. Man baute daher, bereits zu Ausgang des vorigen Jahrhunderts, jenseit des atlantischen OceanS Fre­gatten, die den englischen an Größe, an Zahl der Geschütze und an Schwere ihres Kalibers (32pfündige Langkanonen im Unterdeck), außerordentlich über­legen waren. Die Folgen dieser Maßregel sind bekannt und liegen in der Geschichte des Seekriegs von 1812 1814 vor aller Augen. Nur einmal geschah, daß eine englische Fregatte eine amerikanische nahm; in allen an­dern Fällen nahmen die amerikanischen Schiffe die englischen. Dieses führte die britische Regierung seit dem Jahre 1813 dazu, ebenfalls große Fregatten zu bauen, und als darnach Nordamerika Zweidecker aufstellte, die, nach dem­selben Princip, alle bis dahin dagewesenen an Größe und an Wucht ihrer Bewaffnung übertrafen, wurde man in London dazu bestimmt, auch die Di­mensionen der Linienschiffe um ein Erhebliches zu überschreiten. In Frankreich ahmte man den Amerikanern mit noch größerer Entschiedenheit nach, indem man erkannte, daß, was sich für die Vereinigten Staaten schicke, auch für den nächsten Nachbar Englands passen werde. Daher seit dem Schluß der großen napoleonischen Kriege französische Fregatten von 60, und seit dem Jahre 1824 große Zweidecker von 102 Kanonen!

Die Placüung der großen Zahl von 60 Geschützen wurde bei den nach amerikanischem Modell erbauten Fregatten nur dadurch möglich, daß man auf dem oberen oder unbedeckten, offenen Deck eine gleiche Anzahl, wie in der unteren, bedeckten Batterie, aufstellte. Bei den älteren Fregatten war dies nicht möglich gewesen, indem die zwischen dem Fock- und Mittelmast gelegene weite Oeffnung des Decks nur zwei schmale Gangwege zur Seite beläßt, auf denen man durch den Mangel an Raum verhindert war, Kanonen zu postiren. So geschah eS, daß, wenn eine der älteren oder kleineren Fregatten im unte-