Beitrag 
Politische Ferienbetrachtungen.
Seite
300
Einzelbild herunterladen
 

ZW

rücksichten, welche die Verthcidigungsschrift weiter anführt, daß Corpsstudenten mehr Schulden machen, als andere, u. s. w,, sind dabei vollkommen gleich- giltig. Die Hauptsache in dem vorliegenden Fall war das Comitat, welches die Corps den Heiden Nelcgirten brachten, wodurch sie also eine von dem Gesetz mit strenger Strafe belegte Handlung vor den Augen des gesammten Publicums als eine ehrenvolle bezeichneten. In der Rechtfertigungsschrist der Corps heißt es zwar, das sei das gewöhnliche Verfahren, aber das ist um so schlimmer; daS zeigt nur um so deutlicher die Verpflichtung des Senats, ernsthaft ein­zuschreiten, nachdem er schon viel zu lange Nachsicht geübt.

Aber wir gehen noch weiter als der akademische Senat. Daß die Stu­dentenverbindungen in vieler Beziehung auf ihre Angehörigen einen vortheil­haften Einfluß ausüben, daß sie namentlich für das Leben einen reichen Schatz lustiger Erinnerungen zurücklassen, werden wir nicht verkennen, aber nur unter der Bedingung, wenn sie beständig die strenge Hand des Gesetzes über sich fühlen. Wir erinnern uns an eine Zeit, wo die Verbindungen ver­pönt waren, wo man die Mütze nur des Abends aufsetzte und über das Band den Rock zuknöpfte. Commerce, Pauken, Neckereien gegen die Nachtwächter, auch wol mitunter Holzereien mit den andern Classen der bürgerlichen Gesell­schaft, die sich des Nachts auf den Straßen bewegen, kamen damals vor, wie jetzt, und wenn jene Classen Spaß verstanden d. h. wenn sie Schläge durch Schläge erwiederten, so war alles in Ordnung; war das aber nicht der Fall, so wäre es keinem Studenten in den Sinn gekommen, dem Gesetz gegenüber ein Privilegium in Anspruch zu nehmen, vielmehr herrschte im Allgemeinen bei den akademischen Gerichten der Grundsatz, daß, wenn Stu­denten mit andern Staatsbürgern in Conflict kamen, die Präsumtion vorlag, daß die Studenten wahrscheinlich Unrecht haben würden; eine Präsumtion, die anch ganz in der Ordnung ist, so lange es eine gesonderte akademische Gerichtsbarkeit gibt. Die Nachsicht der Behörden soll nur so weit gehen, daß sie zwischen Muthwillen und böswilliger Absicht unterscheidet. Gegen die letztere soll sie eher zu streng, als zu gelind sein.

Was aber jene Vorzüge des sogenannten akademischen Lebens betrifft, so ist Folgendes dabei zu erinnern. Man stellt gewöhnlich den Grundsatz auf, die Jugend muß sich austoben, und meint, daß renommistischc Studenten die gefügigsten Staatsbeamten geben. Bis zu einem gewissen Grade ist das wahr; es ist das aber nicht ein Grund dafür, jenes Studentenleben zu begünstigen, sondern ein Grund dagegen. Nichts hat der deutschen Entwicklung so ge­schadet, als jenes Vorurtheil, die Universität sei eine Episode, ein Traum­leben, ein Fasching, welches mit der Zeit vorher und mit der Zeit nachher in keinem organischen Zusammenhang stände. Der Student gibt alles, was an wahrem und falschem Idealismus in ihm ist, in jener Zeit aus, um sich