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Drang, der damit verknüpft ist, nützlich sein; für daS Individuum aber, dessen herrschende Leidenschaft er in einen Kanal treibt, ist er gefährlich. Durch einen unnatürlichen Proceß preßt er den Saft des Herzens zusammen und verwandelt ihn in Gift, indem der eine leitende Gedanke alle andern Empfindungen des Gemüths zum Schweigen bringt. Die Heldin Zenobia, die in der Liebe zu diesem rauhen Fanatiker untergeht, erinnert durch einige Züge an Margarethe Füller, die geistvolle Frau, die gewissermaßen an der Spitze dieser romantisch-skeptischen Schule steht. Sie ist aber mit poetischer Freiheit ausgeführt. Priscilla, das schwächere Weib, ist nur der Schatten dieser stolzen Heroine. Wenn auch einzelne Züge der Leidenschaft in diesem psychologischen Gemälde mit kühner Virtuosität ausgeführt sind, so ist in der Entwicklung des Ganzen doch zu wenig Spannung, um ein bleibendes Interesse hervorzurufen.
Ein junger Dichter, der ziemlich schnell einen ungewöhnlichen Ruf gewonnen hat, ist Donald Mitchell, der unter dem Namen Jk. Marvel schreibt. Er ist ums Jahr ^1823 geboren, der Sohn eines presbyterianischen Pfarrers, machte 1848 eine Reise durch Europa und kehrte dann nach seinem Vaterlande zurück, wo er 1830 seine Kvveries vk a baodelor und ein Jahr darauf sein vrsam Mo, g, lsdls ok tde si/asons herausgab. Es sind Skizzen, Reflexionen, Beobachtungen, lyrische Phantasien u. s. w. bunt durcheinander, voll Gemüth und Empfindung, wobei nur zu bedauern ist, daß das Bewußtsein dieser Eigenschaften etwas zudringlich hervortritt. Der Stil erinnert am meisten an Sterne, einigermaßen durch Washington Jrving temperirt.
Ein höchst merkwürdiger Dichter ist Edgar Poe, sowol wegen seiner eignen eigenthümlichen Gemüthsrichtung, als wegen seines Erfolgs. Er war 1811 geboren, schon als Kind verwaist und von einem wohlwollenden Kaufmann, Allan, adoptirt. In seinem fünften Jahre nahm ihn sein Adoptiv- vater nach England mit, wo er bis 1822 blieb. Nach seiner Rückkehr zog er sich durch das wüste Leben auf der Universität den Unwillen seines Pflegevaters zu, der ihn früher sehr verzogen hatte, und wurde von ihm bei seinem Tode enterbt. So war er darauf angewiesen, von literarischen Arbeiten zu leben, und er hatte darin auch viel Glück. Schon 1833 gewann er mit einer Novelle einen Preis; seit 1835 rissen sich alle Journale um seine Theilnahme, die ausgezeichnet gut bezahlt wurde; aber er hatte sich dem Trunk ergeben und führte ein so zügelloses Leben, daß es niemand lange mit ihm aushielt. Er ging von einem Journal zum andern über, entzweite sich mit all seinen Freunden und lebte häufig in der äußersten Noth. Trotzdem nahm sich die gute Gesellschaft noch immer seiner an, bis er 1849 starb. Die Einzelnheiten, die sein Biograph aus seinem Leben erzählt, erinnern auffallend an Grabbe, dem er auch in Beziehung auf sein Talent sehr ähnlich ist, und könnten von unsern