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Georges Sand.
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diese und ähnliche Betrachtungen vollständig auszuführen, und bedauert, daß das nicht in dem wünschcnswerlhen Umfange geschehen sei. Wir können dies Bedauern nicht theilen, denn ein vorwiegend philosophischer Kopf ist sie keines­wegs, und ihre Abhandlungen würden doch nur zuweilen sehr unberechtigte Stimmungen wiedergegeben haben. Die tiefe Traurigkeit ihres Herzens ließ sie in jener Zeit das Bedürfniß empfinden , sich so weit als möglich zu ent­fernen, einerlei, wohin. Ihre Freunde riethen ihr das Nämliche, denn daS Verhältniß zu ihrem Mann hatte sich auf eine Art gestaltet, daß es durch Ab­wesenheit nur gewinnen konnte, und selbst ihr Einfluß auf ihre Kinder, die sie sehr liebte, war nicht durchweg heilsam. Sie wär schon im Begriff eine Pil­gerschaft in den Orient zu übernehmen, als ein neues Interesse in ihr Leben eintrat.

Sie machte die Bekanntschaft des bekannten Republikaners Michel von Bourges (von ihr Everard genannt), der damals grade in einen großen po­litischeu Proceß verwickelt war und der sie in den Kreis seiner Bekannten ein- führte, jener leidenschaftlichen Idealisten, die es für ihre Aufgabe hielten, die kühnsten Träume von Menschenwohl augenblicklich zu verwirklichen. Die Ge­sellschaft war zuweilen aus sehr wunderlichen Bestandtheilen zusammengesetzt. So brachte sie z. B. Franz Liszt, mit dem sie damals auch viel umging, mit Lamennais und Ballanche zusammen, und sie legte zuweilen wieder die Männer­tracht an. Im Ansang glaubte sie, daß alle diese Männer im Grunde den­selben Zweck verfolgten, bald aber machte sie die Entdeckung, daß die Republik des einen immer der Republik des andern widersprach, und sie wollte diesem Chaos wieder entfliehen, bis ihr Michel auseinandersetzte, daß ihre Pflicht als Bürgerin sie davon zurückhalten müsse, in dieser Krisis ihr Vaterland zu ver­lassen. Sie blieb, betheiligte sich sehr lebhaft an den politischen Verhandlungen und gibt unö infolge dessen eine Reihe politischer Betrachtungen, die wir ihr gern erlassen hätten. Das eheliche Verhältniß wurde noch mehr dadurch ge­trübt, baß die pecuniären Verhältnisse sich verschlechterten. Herr Dudevant hatte durch falsche Speculationen große Verluste erlitten, und es begann nun die unangenehmste aller Verhandlungen über die gegenseitige Vcrtheilung der Einkünfte. Man versuchte mehre Arrangements, aber keins wollte genügen. Das dauerte fort bis zum October 1833. Eiue heftige Scene, die in diesen Tagen zwischen ihr und ihrem Mann stattfand, und die zu keiner Versöhnung führte, bestimmte sie, der Sache ein Ende zu machen. Auf den Rath ihrer Freunde brachte sie die gerichtliche Scheidungsklage an. Das Gericht entschied Februar -1836 zu ihren Gunsten und dies Urtheil wurde im Mai bestätigt. Sie erzählt selbst, daß sie durch Anleihe eine Summe von 10,000 Franken zu­sammengebracht hatte und entschlossen war, mit ihren Kindern nach Amerika zu entfliehen, wenn gegen sis entschieden würde. Durch falsche Freunde verführt,