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Die neuen preußischen Wahlen.
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ritterschaftlichen Partei Widerstand zu leisten. Die Kreuzzeitung brachte darüber in der letzten Woche einige Bemerkungen, die nur zu gegründet waren. Sie sagte, daß ihre Partei sich nie damit begnüge, über einen errungenen Erfolg Freudenfeste anzustellen, Extrablätter der Freude zu schreiben :c., sondern daß sie sich sofort überlege, was ist nun weiter zu thun? Diesen Ruhm müssen der Kreuzzeitungspartei auch ihre Feinde nachsagen. Worin ihre letzten Absichten bestehen, darüber läßt sie uns auch nicht im Zweifel, obgleich sie das nächste, was sie ins Werk zu richten gedenkt, noch geheim hält. Ihr laut ausgesprochener Zweck ist nämlich, den Bürgerstand, der nach ihrer Ansicht über das ihm zukommende Maß hinausgeschritten ist, wieder in seine alten Grenzen oder noch etwas weiter zurückzudrängen. Wir finden das Bestreben begreiflich, denn der Adelstand hat in den unruhigen Jahren manche unbillige Angrisse erfahren, aber um so wachsamer muß der Bürgerstand sein, um dessen Ehre und Interesse es sich jetzt handelt. Es wird keineswegs bei ideellen Vorzügen und bei Doctrinen stehen bleiben. Der Adel hat sich die übereilten Worte Hansemanns, man müsse der Reaction ins Fleisch schneiden, sehr wohl gemerkt und wird sich, sobald er nur irgend die Mittel dazu in Händen hat, beeilen, seinerseits der Revolution ins Fleisch zu schneiden. Der Adel weiß sehr gut, daß man, um sich auf der Höhe der Zeit zu erhalten, bürgerliche Mittel anwenden muß. Er rechnet grade so gut, wie der Bürgersmann, er rechnet mitunter besser. Derjenige Theil des Bürgerstandes also, der so ganz in Materialismus versunken ist, daß kein ideelles Motiv ihn in Bewegung ZU setzen vermag, möge sich sobald als möglich klar machen, ehe es zu spät wird, daß auf den ideellen Kampf der materielle folgen wird, daß, sobald erst die Verfassung nach Standesrücksichten eingerichtet sein wird, die StandesrückstchteN auch auf den Staatshaushalt übergehen werden.

Die am Eingang erwähnte Broschüre sucht die Opposition auf die höhern Motive aufmerksam zu machen, um die es sich in dem gegenwärtigen Streit handelt. Wir wünschen ihr eine recht allgemeine Verbreitung.

Nachdem wir das Obenstehende geschrieben, finden wir in der neuesten Nummer der Nationalzeitung eine Erklärung, die als befriedigend angesehen werden kann. Zwar hat sie es nicht vermeiden können, auf die frühere Hal­tung der Partei den Wahlen gegenüber einen rechtfertigenden Rückblick z« werfen, allein da diese Bemerkungen in einem durchaus schicklichen Tone ge­halten sind, so läßt sich von unsrer Seite nichts dagegen einwenden. Die Hauptsache ist, sie fordert ihre bisherigen politischen Freunde entschieden zur Betheiligung an den diesmaligen Wahlen auf. Wir wollen hoffen, daß sie in den nächsten Wochen noch häufiger und lebhafter darauf zurückkommen wird, denn die Masse, welche bisher in dem Wahn schwebte, durch Nichttheilnahme