Franz v. Krcmcs: Die Begründung des deutschen Volkstuins iin Ungarland. ch">5
von Deutsch-^Uatrei in das Sprengelgebiet der St. wartinskirche in Kirchdrauf verpflanzte, daß der Ortsitame „Eisdorf" iit der Zips an die volle ursprüngliche Form „Eisack-Dorf" (lat. Villa Isaaci) eriitnert. Dem ausnehmend wichtigen Großwardeiner Ordalienbuch s^e§i8trum Varaclinen8e aque kerventi'8 et kerri canäen1i8) aus der Zeit Bndreas ll. entnehmen wir aber nicht nur
den Bestand einer ganzen Gruppe von „Deutsch-Dörfern" (I^emeti) rings um die Hernad oder
„wundert", wo im Verlauf des so. Jahrhunderts Kaschau als Dentschstadt von bedeutender Zukunft emporkommt, sondern auch das Vorhandensein einer „flandrischen" Besiedlung in den äußersten
Gespanschaften Mstungarns.
Ziemlich gleichzeitig, urkundlich bezeugt, setzt von Klein polen her die deutsche Be
siedlung in der namentlich in den schlesischen banden geläufigen Form der „Schulzeneien" oder E rbrichtereien in der nördlichen Zips ein, welche auch sonst für Oberungarn jenseits der Donau typisch werden, während sie Westungarn diesseits der Donau fremd bleiben.
Das in ungebundener Sprache verfaßte „Klagelied" Bogers, nachmals Erzbischof von Spa- lato, des Zeitgenossen und Augenzeugen der Ulongolennot Ungarns, läßt uns in seiner beweglichen Schilderung des allgemeinen Wehs, auch die Heimsuchung der Burgstädte von Gran und j?est- Ofen bis „Ehomasburg" (Temesvär) ermessen.
Die Herrscherzeit Belas !V. (s25ö—s270) bildet den naturgemäßen Bbschluß unsrer Aufgabe. Sein großes Lebenswerk, die wiederaufrichtlmg Ungarns nach dein Bbzug der grausen Eroberer, gilt zunächst der nachhaltigen Erneuerung und Kräftigung des arg heimgesuchten deutschen Bnsiedlungswesens vom karpatischen Waldgebirge bis zur Sau, von der westungarischen Grenze bis zum Königswald, der Ungarn und Siebenbürgen scheidet, anderseits der Neubesiedlung, die uns zum erstenmal mit den westungarischen Bergstädten des Honter Komitats, mit Schemnitz (Schelbnitzi an der Spitze, zusammenführt.
Zetzt erst läßt sich der Bestand deutscher Besiedlung dies- und jenseits der Donau überblicken und anderseits find die Formen und Geleise der Deutschansiedlung auch für die spätern Zeiten gegeben.
Zunächst sei der Bezeichnung der „Deutschen" in den Urkunden und in der Sprache der Uwdjaren gedacht. Das lateinische 1beutonicu8 deckt sich als Gemeinname mit dem madjarischen nemet, der dein slawischen nemec nachgebildet erscheint, da vorher der Slawe Ungarns und später erst der Uladjar mit dem Deutschen bekannt wurde. Beben dieser allgemeinen Bezeichnung, welche in Westungarn diesseits der Donau den hier fast ausschließlich angesiedelten Süddeutschen vorzugsweise bairischen Stammes tZväb, Schwabe im Volksmund) umfaßt, begegnen uns seit dem so. Jahrhundert die spezieller« Bamen 8axone8, madjarisch 5^382ol< und kUancIren8e8, welche letzter« wir nur im Lateinischen, nicht in der madjarischen Volkssprache vorfinden und, wie oben bemerkt, ausschließlich im Ue§i8trum Varaclinen8e für ostungarische Kolonisten verbucht sehen. 8?ä8r, das uns auch als Ortsname, so in IZere§ 82 ä 8 r, bel 8 rä 82 , entgegenklingt, umfaßt jenseits der Donau die Hauptmasse der Bnsiedler oft- und mitteldeutscher Herkunft. So sprechen die Urkunden von „Sachsen" in Karpfen, in der Zips und im Jahrhundert von solchen in den Hauptorten der Ularmarosch und ebendasselbe gilt vom Gebiet der westungarischen Bergstädte, von Kaschau, den Saroschen Dentschstädten, von den „Gründner"-Orten im Süden der Zipser Gespanschaft, den Bn- siedlungen im Beregher und Ugotschaer Komitat u. s. w. Die Ortsnamensorschung ergibt für die Bnsiedlungsgebiete West- und Ostungarns den gleichen Nachweis der Herkunft, wie die Dialektforschung, und beiderseits lassen sich Bnsiedlungsgruppen feststellen. Ebenso wird zur Klärung des Sachverhalts das eingehende Untersuchen der Dorfanlagen und Bckermaße von ausschlaggebender Wichtigkeit werden. Bei der in den meisten Fällen schwierigsten Frage nach den Ursachen und wegen der deutschen Besiedlung Ungarns kann allerdings für Westungarn von einer gegendweisen Verschiebung aus bairisch-österreichischem und karantanisch-steirischem Nachbargebiet gesprochen werden, sonst aber wird man sicher gehen, wenn man keinen Kolonistenstrom, sondern gelegentliche örtliche Bnsiedlung voraussetzt, wobei dein Bngebot wanderlustiger Deutschen das wachsende Bedürfnis Ungarns, seine Nährkraft und dünne Bevölkerung zu verstärken, in der Form der Kolonistenwcrbung und Bnsiedlung (locatio) entgegenkam und im Schulzereienwesen seine Ergänzung fand.