Geschichte.
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Da entstanden die für diese Gebirgsstriche charakteristischen Hausindustrien (1561 Spitzenklöppelei, später Anfertigung von Musikinstrumenten und Spielwaren).
Um die Besiedelung der Niederungen haben sich das Kloster Doxan (vor 1150 gegründet) unweit Theresienstadt nnd eine Reihe meißnischer Adelsgeschlechter besondere Verdienste erworben. Im Saazer Hopfengarten trägt das Volk ganz die Züge einer heiteren ländlichen Bevölkerung, während aus dem Erzgebirgler der Schatten wirtschaftlicher Not ruht. Unablässiger sremder Zuzug in die Kohlenbezirke von Dux uud Brüx, die Glasindustrie-Gegend von Böhmisch- Kamnitz und die Orte der Leinenweberei um Rumburg und Schluckenau haben die Grundzüge der Bevölkerung verwischt. Das rechte Elbufer bis Auscha, Dauba und Böhmisch-Leipa ist fruchtbar an Getreide und Obst.
Das ganze östliche Deutschböhmen zu Füßen der Sudeten sowie die Sprachinseln Schönhengstler Land und Jglau gehörten dem schlesischen Stamme. Es sind nicht ganz eine halbe Million Menschen. Nach Nordostböhmen wanderten im 13. Jahrhundert Deutsche aus der Lausitz und Schlesien, zum Teil kunstreiche Handwerker, wie flämische Tuchmacher, und Harzer Bergleute. Dem Prager Benediktinerkloster Brzewnow verdankten im selben Jahrhundert Braunau, Arnau, Politz u. a. Landstädtchen ihre Entstehung. Ottokar II. siedelte von Zittau bis Glatz deutsche Bauern an. Etwa 1260 wurde Reichenberg durch Zuwanderer aus der Görlitzer Gegend gegründet. Das Schönhengstler Land haben zu Ende des 13. Jahrhunderts adelige Herren und geistliche Stifter besiedelt. Die hussitischen Erhebungen haben hier dem Deutschtum viel Schaden getan.
Seitdem im Nordosten die Erzeugung von Tuch, Leinwand und Glas großindustriell betrieben wird, lebt an der Sudetenlinie der Ackerbau nur noch im Braunauer Ländchen. Viehzucht herrscht im Riesengebirge vor, arme Weber sind die Bewohner des Adlergebirges.
Die städtische Besiedlung der Deutschen in Böhmen setzt bald nach Beginn der ländlichen ein. Böhmen besaß bis ins 13. Jahrhundert offene Marktorte, keine Stadtgemeinden mit besonderen bürgerlichen Rechten, mit Ausnahme der „alten Stadt Prag", einer alten Kolonie deutscher Kaufleute, deren deutsche Gemeindeversassung König Wratislaw II. (1061 1092) bestätigt hat. Die eigentlichen Städtegründungen beginnen mit der systematischen Berufung deutscher Bürger aus dem Reiche unter Öttokar I., erreichen ihren Gipfel mit Ottokar II. (dem Gründer der Prager Klein-Seite, von Brüx, Kaaden, Budweis, Saaz u. a.) und werden bis in die Zeit Karls IV. fortgesetzt. Die Bürger dieser „königlichen" Städte, auch im Innern des Landes, sind durchaus Deutsche. Sie sind ganz unabhängig von der Gaugerichtsbarkeit der adligen Grundherren und nur dem Könige unmittelbar Untertan. Sie erhalten ihre eigene Gerichtsbarkeit nach dem Nürnberger oder dem Magdeburger Rechte, mit Richtern und Schöffen, die aus ihrer Mitte erwählt werden. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts beginnen die Städte im Innern allerdings immer mehr tschechische Bürger aus der nächsten Umgebung aufzunehmen, dauernd deutsch aber bleiben jene Städte, die, von deutschen Dörfern umgeben, von der ländlichen Kolonisation gestützt werden. Die heftigen inneren Kriege Böhmens im 15. Jahrhundert schädigen den Wohlstand der Städte, und der unter schwachen Königen mächtig gewordene Adel bemüht sich erfolgreich, die Bürger in ihren Rechten und Freiheiten zu verkürzen.
Die Machtstellung des deutschen Bolkstums in Böhmen war eine wechselnde. Am Ausgange des 13. Jahrhunderts ist Böhmen infolge der neuen Ansiedlungen ringsum von deutschem Gebiet umgeben und im Innern von deutschen Städten besäet. Der deutsche Einfluß wächst noch dadurch, daß die letzten PrzemrMden deutsche Prinzessinnen freien, deutsche Adelige, Priester, Künstler und Deichtr an ihren Hof heranziehen. Die mittelhochdeutsche Literatur erlebt hier eine reiche Nachblüte.