Einleitung.
XXIII
Und nun die Folge aus alledem: es ist von unermeßlicher Wichtigkeit, daß die deutsche Geistesbildung und die deutsche Sprache, ihr herrliches Gefäß, in ihrer Weltstellung auch in Zukunft erhalten bleiben. Eine Einschränkung, ein auch nur relatives Zurückgehen gegenüber andern, an Ausbreitung wachsenden Sprachen und Kulturen wäre ein Verlust nicht nur für unser Volkstum, sondern auch für die Sache der Menschheit. Wer für die Erhaltung und Ausbreitung der deutschen Sprache arbeitet, der steht mit seiner Arbeit zugleich im Dienst der Menschheit: das nationale Interesse ist zugleich ein Menschheitsinteresfe. Der christlich-moderne Kulturkreis, der die östliche und westliche Welt umschließt, kann des Elements deutscher Sprache und Bildung, als eines allgegenwärtigen uud alldurchdringenden, nicht entraten, ohne an Kraft und Reichtum geistigen Lebens empfindlichste Einbuße zu erleiden. Hierdurch wird zugleich für die Deutscheu im Auslande der Einklang zwischen den Pflichten gegen das politische Gemeinwesen, dem sie angehören, und gegen ihre deutsche Nationalität hergestellt.
Es ist nicht zu verkennen, daß die Aufgabe durch die Begründuug des Deutschen Reichs schwieriger, aber zugleich dringender geworden ist. Ist dadurch einerseits das deutsche Nationalgefühl, innerhalb und außerhalb der Grenzen des Reichs, gesteigert, fo ist anderseits Argwohn und Feindschaft der Nachbarnationen hervorgerufen worden. So lauge Deutschland bloß ein geographischer Begriff, nicht eine politische Macht war, wurde das Deutschtum draußen als politisch neutral und ungefährlich ertragen. Jetzt wird es vielfach, vor allem im Osteu, als ein Aggressives und Bedrohliches empfunden. Bei Russen und Polen, Magyaren und Tschechen, überall erhebt sich das lebhafter gewordene Nationalgefühl gegen das Deutschtum, in dem es eine Gefahr, in dessen Geltung es eine Demütigung sieht.
Augesichts dieser Sachlage wird es die Aufgabe der Deutschen draußen sein: einerseits gegen den wachsenden Druck mit wachsender Energie sich ihre Nationalität zu wahren, anderseits sich durch keine Herausforderung zu abenteuerlichen politischen Bestrebungen verleiten zu lassen, vielmehr durch ihre unzweifelhafte Loyalität die Gutgläubigen unter den Gegnern zu entwaffnen. Es gilt, politische Treue gegen den Staat, dem sie angehören, mit der Treue gegen ihr Volkstum und ihre Sprache zu verbinden. Daß dies verträgliche Dinge sind, daß beide Pflichten im Grunde dasselbe von ihnen fordern, das ist die Ueberzeugung, womit sie zunächst sich selber, dann ihre Umgebuug durchdrungen müssen. Die Deutschen in Oesterreich-Ungarn erweisen der deutschen Sache den größten Dienst, wenn sie ihrem Heimatsstaat Treue erweisen; jede Bestrebung, die auf eiue Auflösung der Nachbarstaaten, aus eine Angliederung an das Deutsche Reich gerichtet ist, stellt sich, uud so wird sie von jedem einsichtigen Reichsdeutschen empfunden, zugleich als Bedrohung der Sicherheit des Reichs und als Schädigung für die deutsche Nationalität dar. Anderseits gilt freilich nicht minder, daß die Deutschen draußen, wenn sie für ihre Nationalität einstehen und ihr treueste Anhänglichkeit bewahren, ihrem politischen Vaterland damit einen großen, wenn auch im Augenblick verkannten Dienst tun. Und sie werden die Hoffnung nicht sahren lassen dürfen, daß einmal wieder eine Zeit kommen wird, wo dies auch von den andern Nationalitäten anerkannt wird. Diese werden sich nicht immer der Erkenntnis verschließen, daß der Quell lebendiger Bildung, der auch ihr Lebeu durch-