als Kleine Flußmuschel (unio crassus) und Gemeine Flußmuschel (unio crassus butavus) identifiziert wurden. Auf der Grabungsfläche konnte also eindeutig der Uferbereich der Balge festgestellt werden. Die keilförmig vorhandene Kulturschicht muß aufgrund dieser Erkenntnis als Auffüllung angesehen werden, die eine ebene Baufläche über dem ehemaligen Schilfgürtel der Balge ermöglichte. Sie muß daher aufgeschüttet worden sein, nachdem der Verlauf der Balge teilweise reguliert und der Schilfgürtel beseitigt worden waren.
Das aus Keramikscherben des 10.-13. Jahrhunderts, Knochen und Glas bestehende Fundmaterial innerhalb dieser Aufschüttung liegt deshalb in keinerlei stratigraphischem Kontext, denn um ausreichend Material für die Aufschüttung zu bekommen, wurden andere Kulturschichten in den Bereich der Grabung umgelagert. Es wurde außerdem alles hineingeworfen, was nicht mehr benötigt wurde. Zu den bemerkenswertesten Funden zählt das Flechtwerk eines Korbes.
Im 12. Jahrhundert setzte in Bremen ein schneller Ausbau der Stadt ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Breite der Balge vermutlich schon erheblich verringert, nicht zuletzt durch die Veränderung der Fließverhältnisse des Wasserstroms zugunsten des Hauptarmes der Weser (WEIDINGER, 58). Gleichzeitig wurde auch die Balgeinsel, das jetzige Martiniviertel, erstmals besiedelt. Um weiteren Siedlungsraum zu gewinnen, wurde in fortschreitendem Maße Land aufgeschüttet. Der genaue Zeitpunkt dieser Aufschüttung ist unbekannt. Schichtunterschiede innerhalb der Aufschüttung deuten aber darauf hin, daß in mehreren Abschnitten aufgeschüttet wurde.
Durch die Aufschüttungen wurde das Flußbett der Balge mit der Zeit stark eingeengt (WEIDINGER, 58). Dennoch blieben die Häuser an der Langenstraße noch lange Zeit hochwassergefährdet. Häufig liefen die Keller und Speicher voll Wasser. Die letzte große Überschwemmung setzte noch im Februar 1881 die Straße so stark unter Wasser, daß sie nur noch mit Stegen begehbar war. Erst mit der Weserkorrektion 1890 wurde die Gefahr
der Überschwemmung endgültig gebannt (SCHWARZWÄLDER, 136).
Die kleine Grabungsfläche in der Langenstraße 7/9 ermöglichte Einblicke in die Geschichte eines alten Bremer Flußlaufes, der im Mittelalter die Lebensader Bremens war. Heute erinnern nur noch alte Straßennamen, wie Baigebrückstraße, an die ehemals wichtige Wasserader.
Literatur BRANDT
Karl Heinz Brandt, Zur archäologischen Mittelalterforschung in Bremen. Bremisches Jahrbuch 71, 1992, 191-222.
BRUNK
Carola Brunk, Erster Hafen kam ans Tageslicht. Weser-Kurier vom 20.5.1972, 9/10.
DIE MITGLIEDER DER ADMINISTRATION UND DEPUTATION
Die Mitglieder der Administration und Deputation bei der großen Balge: Die große Balge, betreffend die Zuwerfung derselben und Verwandlung in einen wasserdichten Canal. Bremen 1837.
ORTLAM/WESEMANN
Dieter Ortlam / Michael Wesemann, Die Balge als Hauptstrom der Werra/Weser? - Neue Erkenntnisse zur Flußgeschichte durch den Fund der Schlachte-Kogge. Bremer Arch. BN. NF 2 '92/93, 1993, 46 ff.
SCHWARZWÄLDER
Herbert Schwarzwälder, Entstehung und Anfänge der Stadt Bremen. Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen, Heft 24, Bremen 1955.
SCHWARZWÄLDER
Herbert Schwarzwälder, Bremen im Wandel der Zeiten, Die Altstadt. Bremen 1970.
WEIDINGER
Ulrich Weidinger, Mit Koggen zum Marktplatz. Bremen 1997.
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