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Bremer archäologische Blätter / Der Landesarchäologe
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Jörg Eckert

Aus dem Bremer Umland: Verschwundenes mittelalterliches Dorf bei Dötlingen

Der Raum um Wildeshausen - Dötlingen liegt 6 km entfernt - war vermutlich schon in der Frühzeit der sächsischen Christianisierung auf Bremen bezogen, indem nach Adam von Bre­men 112, die Großgaue Wigmodien und Largau kurz nach 800 dem Bremer Bischof unterstellt wurden (TRILLMICH-BUCHNER, 179); der Lar­gau umfaßte das Gebiet links der Weser von Bücken bis an die Hunte bei Oldenburg. Daß es sich um altes sächsisches Siedelland handelt, ist schon daraus zu entnehmen, daß in Wildes­hausen in der ersten Hälfte des 9. Jh. Graf Walt­bert, ein Enkel Wittekinds, einen Herrenhof be­saß. Bei Adam ist auch die Rede davon, daß der Bremer Kirche in dem besagten Sprengel70 Hufe mit ihren Grundsassen" gestiftet wurden. Der Bereich um Wildeshausen war sicher dar­unter, und insofern sind archäologische Zeug­nisse einer Besiedlung, die bis in diese Zeit zuückreicht, auch für Bremen von unmittelba­rem Interesse. Erwähnenswert ist hier auch der Bericht Ansgars über die Wunder des Hl. Wille­had, daß eine blinde Frau namens Reinmuod aus dem benachbarten Kirchhatten am Grabe Willehads Heilung suchte (RÖPCKE, 89), was die Bezogenheit der Bewohner des Largaues auf Bremen unterstreicht. Nachdem schon vor Jahren von ehrenamtlichen Mitarbeitern des Bezirksarchäologen für den Reg.-Bez. Weser- Ems etwa 2,5 m nordwestlich von Dötlingen ei­ne mittelalterliche Wüstung nach Hochpflügen von Scherben, Mahlsteinbruchstücken, Eisen­schlacken und anderem mehr festgestellt wer­den konnte, wurde im Juli 1992 aufgrund der weitergehenden Zerstörung der Fundstelle ei­ne erste Testgrabung mit Mitgliedern der Ar­beitsgemeinschaftArchäologische Denkmal­pflege" derOldenburger Landschaft" durch­geführt (ECKERT, 1992 a u. b). Die wichtigste Frage lautet: Könnte es sich hier um das zwi­schen dem 13. und 16. Jahrhundert urkundlich mehrfach erwähnte Dorf Norddötlingen han­deln, das ein Heimathistoriker bereits in den 30er Jahren aufgrund verschiedener Überle­gungen nicht weit von diesem Fundplatz loka­lisiert hatte? Unter der örtlichen Leitung der Prähistorikerin Irene Eckert begann die Aus­grabung (Abb. 1).

Schon nach den ersten Baggerschaufeln beim Abtragen des Mutterbodens ließ sich eine derartige Befunddichte erkennen, daß die ur­

sprünglich geplante Fläche auf etwa 25 m mal 30 m reduziert wurde. Es zeigten sich unter an­derem Hunderte von Verfärbungen, Rosten­gruben von Langhäusern, Gräben, die Lehm­diele eines abgebrannten Hauses: Man befand sich offenkundig inmitten eines Dorfes, in dem jahrhundertelang Siedlungs- und Bautätigkeit ihre Spuren hinterlassen hatte. Hatte dieses Dorf nach Ausweis der Keramik sein Ende im 15. Jahrhundert gefunden, so gab es für den Siedlungsbeginn unerwartete Befunde: Es wurde ein Grubenhaus des 7. /8. Jahrhunderts freigelegt, das anhand von Webgewichten als Webhütte identifiziert werden konnte (Befund Nr. 7).

1 Dötlingen. Grabungsflä­che Sommer 1992.

2 Grubenhaus Bf. Nr. 7 im 1. Planum.

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