Egon Stuve — Manfred Rech
Brunnen, Gräben und die „alte Burg" von Bremerhaven-Lehe
Genau wie in Brennen hat auch die Bautätigkeit in Bremerhaven in den letzten Jahren eher zu- als abgenommen. Besonders in den Ortskernen der später zu Bremerhaven verschmolzenen Dörfern, wie Wulsdorf, Geestemünde oder Lehe ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten, wenn Ausschachtungen angezeigt werden. Die gute Zusammenarbeit mit dem Bauamt der Stadtverwaltung trägt hier ihre Früchte, indem trotz der räumlichen Entfernung die als wichtig angesehene Baumaßnahmen mindestens baubegleitend betreut werden konnten.
Im Ortsteil Lehe, einem früher hauptsächlich entlang der Lange Straße ausgerichteten Straßendorf, waren in den letzten zehn Jahren am unteren Ende der Lange Straße immer wieder Bodenaufschlüsse mit erfolgversprechenden, aber schwer zu deutenden Befunden, wie Gräben, aufgetreten. Das alte Straßenbild ist heute kaum noch erkennbar, da sich die Bebauung im 20. Jh. stark nach Süden zur Hafenstraße hin verlagert hat. Da, wo die Lange Straße in die Hafenstraße mündet, befand sich eine Stelle, die früher „Leher Büttel" und im Volksmund auch als „Burg" bezeichnet wurde. Auch anderes deutet darauf hin, daß im Bereich der nördlichen Ecke Lange Straße/ Hafenstraße sich eine schon früh untergegangene Burg befunden haben kann (SCHEPER, 109); heute steht hier die Albert-Schweitzer- Apotheke.
Eine große Rolle kann diese vermutete Burg aber nie gespielt haben, denn in den mittelalterlichen Urkunden, die Lehe betreffen, wird sie nicht erwähnt, wohl ist 1283 ein Marquard de Le genannt (BOMBACH - HUCKER, 28). Schräg gegenüber dieser Stelle in südwestlicher Richtung wurde im Sommer 1991 auf den Grundstücken Hafenstraße 201-203 eine mit dem Fachamt und dem Beauftragten für Bodendenkmalpflege in Bremerhaven abgestimmte große Ausschachtung begonnen, die Gelegenheit bot, die mittelalterliche Bebauung Lehes in seinem südlichen Abschnitt zu untersuchen und hierbei möglicherweise einen Hinweis auf die vermutete Burg bzw. einen weiteren Aufschluss über die ehemaligen Grabenumwehrung des Fleckens Lehe zu erhalten.
Aus technischen Gründen hatte sich die bauausführende Firma entschlossen, die Ausschachtungsarbeiten in zwei Teilen auszuführen. Zunächst sollte der nördliche Teil der Baugrube und ein Stück an der Hafenstraße ausgehoben werden. Dies geschah dann auch, ohne daß sich Spuren einer Burg oder eines Grabens feststellen ließen. Nur in der Nähe der Hafenstraße zeigte ein altes Fundament aus Feldsteinen und Backsteinen in Klosterformat, daß es sich auch hier um eine geschichtsträch- tige Fläche handelte. Die in der Nähe des Fundaments gefundenen Scherben reichen vom Mittelalter bis in das 18./19. Jahrhundert. Mit dem Aushub der südlichen Baugrube gingen Gründungsarbeiten für ein auf dem Nachbargrundstück stehendes mehrstöckiges Mietshaus einher. So war es etwas schwierig, einen im Verlauf der Erdarbeiten angeschnittenen Feldsteinbrunnen zu untersuchen. Erst nach Abschluß der Gründung und im Zuge der weiteren Aushubarbeiten wurde der Brunnen bis in eine Tiefe von fast 5 m einschließlich der Verfüllung untersucht. Während außerhalb der Steine mittelalterliche Keramik feststellbar war, fanden sich an der Verfüllung zunächst nur
1 Hafenstraße. Brunnen III in der Baugrube.
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