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Bremer archäologische Blätter / Der Landesarchäologe
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Per Hoffmann - Detlev Elimers

Ein Frachter aus der Zeit Karls des Großen

Am Mittwoch, den 29. März 1989, beobachtete Frau Gütha Klonk, Restauratorin beim Landes­archäologen, wie der Bagger beim Austiefen der letzten Ecke der Baugrube Martinistraße/ Wachtstraße hier und dort in Holz faßte: Nur ei­nen Meter über der Sohle der Baugrube kamen Schiffsplanken und Spantköpfe hervor. Der Bauleiter, Herr Kurt Essmann/Fa. Karl Müller ließ sofort die Baggerarbeiten einstellen, und ei­nige Arbeiter halfen Frau Klonk, das Innere ei­nes Schiffes freizulegen. Das Schiff lag fast waa­gerecht, etwa 20° auf eine Seite geneigt. 11,5 m Rumpflänge waren zugänglich, dann endete es kurz hinter seiner breitesten Stelle in der Beton- Schlitzwand, die die Baugrube begrenzte (Abb. 1). Die kürzere Hälfte des Schiffes, vielleicht 5-8 m lang, befand und befindet sich noch tief und unzugänglich unter der Wachtstraße.

Am Donnerstag vereinbarte der Konservator des Deutschen Schiffahrtsmuseum (DSM) mit Herrn Dr. Hans-Christoph Hoffmann als kom­missarischem Landesarchäologen und Herrn Essmann, daß das Schiff als Ganzes geborgen und zur Konservierung ins DSM nach Bremer­haven gebracht werden solle. Schon auf dem ersten Blick war klar, daß ein sensationeller Fund vor uns lag: Ein Boot, das etwa 10 m unter dem heutigen Straßenniveau in weitgehend sterilem Flußsand lag, mußte sehr alt sein. Sei­ne Bauweise ohne jeden Eisennagel und mit charakteristischen, im Querschnitt L-förmigen Kimmplanken, die den Übergang vom flachen Boden zu den geklinkerten Seitenwänden bild­en, wiesen das Boot in das frühe Mittelalter oder in noch ältere Zeit.

Seine Größe von insgesamt 16-20 m Länge und 2,5-3m Breite machten es zu einem Bin­nenschiff, das durchaus für den Transport von großen Ladungen und schweren Gütern geeig­net gewesen war. Ein solches Schiff wurde noch nie gefunden.

Die Bergung würden die Männer der Fa. Karl Müller unter Anleitung des DSM vornehmen, am Montagmorgen müsse die Baustelle ge­räumt sein. Die Feuerwehr Bremerhaven bot an, das Schiff in Bremerhaven abzuladen und vorläufig auf ihrem Gelände aufzustellen. Vom Donnerstag an wurde das Schiff tagsüber lau-

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fend mit Wasser besprüht und nachts mit nas­sem Schaumstoff und Plastikfolie abgedeckt.

Am Freitag untersuchte Dr. Dieter Ortlam, Geo­loge am Niedersächsischen Landesamt für Bo­denforschung, die Fundsituation vor Ort. Herr Günter Kruse, Fotograf und Zeichner beim Lan­desarchäologen, fertigte eine Zeichnung des Schiffes in situ an, und die Vorbereitungen für die Bergung begannen. Der flache Boden, eine Bordwand und die Bugplatte waren intakt, zwei Planken der anderen Bordwand waren vom Bagger aus ihrem Verband gerissen. Die mit

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