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Die Bremer Papyri / von Ulrich Wilcken
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Wilcken:

womit sich pou ohne Schwierigkeit einstellte. Daß gegen Schluß 10 zu lesen sei, hatte ich schon gesehen, aber daß der letzte Buchstabenrest nicht 5 zu lesen ist, wie ich zeitweise ge­dacht hatte, sondern u, verdanke ich der Leuchtlupe 1 , die mir oben hinter o noch einen kleinen für u charakteristischen Strich zeigte. Bedenklich bleibt mir das X, dessen linker Teil schwer mit den erhaltenen Pünktchen zu vereinen ist, von dessen rechtem Strich mir aber die Leuchtlupe unten noch ein gewundenes Häkchen zeigte, das zu X passen würde. So halte ich es doch für möglich, die Lesung 'foi^TiJX'iou vorzuschlagen, wenn mir auch die völlige Sicherheit fehlt.

Nehmen wir diese Lesung als gegeben 2 , so ergibt der Text, daß jetzt eine neue, eine zweite Legion des Rutilius Lupus nach Memphis vorgerückt war, und zwar offenbar von Norden (wohl von Alexandrien), da man sie nunmehr weiter südlich, im Innern des Landes, erwartete 3 . Nach den Ausführungen von Lesquier, L'armee Romaine S.24, ist bei diesen beiden Legionen zu denken an die III. Cyrenaica, die zwar nicht vollständig war, da min­destens eine Vexillatio nach Judäa abgegeben war, und an die XXII. Deiotariana, von der eine Verlegung nicht bekannt ist, während die II. Traiana zum Partherkrieg nach dem Osten verlegt war. Ob die hier gemeinte vorgeschobene Legion vollständig oder unvollständig war, kommt natürlich für unsern Bericht nicht in Betracht, da der Briefschreiber sie auf alle Fälle Xeyecbv nennen würde. Hiernach liegt es am nächsten, zu sagen und das wird wohl auch richtig sein, daß unser Text zeitlich vor die Entsendung des Turbo zu setzen ist, also vor 117 (s. oben S. 15).

Aber mir hat sich die Frage aufgedrängt, ob nicht auch nach der Ankunft des Turbo mit seinen neuen Truppen, die doch wohl mit den noch vorhandenen römischen Truppen vereint worden sind, in einem Text, wie dem unsrigen, von einer »Legion des Rutilius« ge­sprochen werden konnte 4 , wenn man auch mit P. M. Meyer (Hermes 32, 217) annehmen will, daß Rutilius damals von seinen militärischen Funktionen entbunden ist, im übrigen aber die Präfektur weiter bekleidet hat. Doch über diese Fragestellung will ich hier nicht hinausgehen.

Nr. 2. Schreiben eines Epistrategen der Thebais betreffs der Episkepsis.

P. 73 (Bibl.). H. 10 cm. Br. 15.5 cm. Die Schrift (Recto, parallel der Paginabreite), ist eine meist aufrechte Cursive. Ediert von Wilcken, Chrestom. Nr. 238. Literatur: Oertel, Die Liturgie S. 183. Roos S. i6f.

Während ich 1. c. den Strategen Apollonios als den Schreiber dieses Briefes ver­mutet hatte, hat Oertel I.e. aus den Pluralen dir' äXXcov vo\icbv und (iaonXiKol ypayi- \ia-veiq mit Recht den Schluß gezogen, daß nur der Epistratege, dem mehrere Gaue unterstehen, der Briefschreiber sein kann 5 . Als Adressaten werden wir danach die Strategen der Thebais, darunter auch unsern Apollonios, anzusehen haben 6 . Wir lernen somit aus dem Text, daß der Epistratege es war, der die Imo-Kernrcn, denen im Interesse der Revision der Steuersätze und der Evidenthaltung des Katasters die Nachprüfung der durch die jährliche Nilüberschwemmung eventuell veränderten

1 Ich lernte sie durch MedeaNorsa kennen und empfehle sie jedem Mitarbeiter (Leucht­lupe Visolett, S. O. G. Berlin).

2 Dieser Präfekt wird sonst 'poimXios AoGirog oder Aoüirog genannt. Natürlich kann er auch mit seinem Gentilnamen allein genannt werden. Vgl. Nr. 5, 4: 'fauufou.

3 Das -n-poCTSotauoc; ist natürlich auf den Aufenthaltsort des Schreibers zu beziehen.

* Nur dies ist gesagt, nichts von einem Kommando des Rutilius. 6 Danach auch Roos I.e.

* Ebenso Roos 1. c.