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Einleitung.
ihre Existenz ringe. Niemals ist der Gedanke an die so eifrig erstrebte und nach ihrer Feststellung von den Mächten so wenig respektierte Neutralität in den Städten wieder aufgetaucht. Man empfand es vielmehr als einen Schimpf, daß man die Sicherhett des Lebens nur fremden Gewalten anvertrauen sollte, anstatt selbstthätig für sie einzutreten.
Wie einst, als die Lehre Luthers die Herzen der bremischen Bevölkerung im Fluge erobert hatte, die durch lange Zeit gelockerten Beziehungen unserer Stadt zu Deutschland wieder sich festigten, und die aus der Überwindung der römischen Herrschaft hervorwachsenden Gedanken und Empfindungen Bremen wieder im vollen Sinne zu einem Gliede der Nation machten, so geschah es auch jetzt, daß die Fremdherrschaft die Herzen und die Köpfe über den engen Kreis ihrer Heimat hinaushob und sie mit der Vorstellung durchdrang, daß nur in und mit einem freien und starken Deutschland ein freies und selbständiges Bremen bestehen könne. In lebendiger Teilnahme an den Befreiungskriegen hat Bremen diesen neu errungenen Standpunkt vertreten. Wieviel Waffenruhm die Söhne unserer Stadt in vergangenen Jahrhunderten zu Lande und zur See auch errungen hatten, ein solcher kriegerischer Enthusiasmus, wie im Spätherbste 1813 und im Frühjahr 1815, hatte sie nie zuvor beseelt. Denn es galt nicht die Freiheit und Ehre Bremens allein, sondern Deutschlands.
Der Gedanke, daß nur in einer unlöslichen Gemeinschaft die Sicherheit aller Glieder des Volkes beruhe, ist dann durch alle Phasen der politischen Entwickelung des neunzehnten Jahrhunderts, wenn auch nicht jederzeit mit klarem Bewußtsein, für Bremen, wie für weite Teile Deutschlands, der leitende geblieben. Mit dem gemeinsamen Kampfe gegen die französische Gewaltherrschaft, an dem auch andere europäische Völker teilnehmen, setzt er ein, um nach fünfundfünfzig Jahren in dem Einzelringen zwischen Deutschland und Frankreich durch den ruhmvollsten aller Kriege, die