Ausgabe 
(9.10.1934) Nr. 279
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Dienstag, den 9. Oktober 1934

Bremer Zeitung

Nr. 279 Jahrgang I9Z4

In Spanien flackert'« wieder auf

Ein Eisenbahnerstreik ausgerufen Am Montag früh Beruhigung, abends wieder Alarmnachrichten - Großangriff der Marxisten steht bevor - soo Tote

kennt, würde dem schon bisher geübten un­geschriebenen Recht entsprechen. Anders steht es mit der Ermächtigung, im Falle des Re­gierungssturzes die Kammer ohne Zustim­mung des Senats aufzulösen. Die Schaffung dieses Rechts würde nicht nur die Regierungs­autorität erheblich verstärken, sondern auch so hofft man wenigstens die Selbstsucht der Parteien auf ein Mindestmaß beschrän­ken.Die Parlamentsmaschine liefert über­haupt nur noch Regierungskrisen", so hat es treffend Pierre FrSddrix formuliert, und Tardieu erklärte vor einiger Zeit:Frank­reich ist ein Körper ohne Kopf, aber der Kör­per merkt es nicht, daß er ohne Kopf ist." Die hiermit angedeutete Gefahr hängt Zweifellos damit zusammen, daß die franzö-

Budapest, 8. Oktober.

Der ungarische Kultusminister Dr. Ho man gab zu Ehren des Reichserziehungsministers Rust Montag mittag in den Räumen des Hotels Geliert ein Frühstück. An dem Festessen nahm u. a. auch Ministerpräsident Gömbös teil, ferner der Budapester deutsche Gesandte von Mackensen.

Als erster sprach der ungarische Kultusminister Homan. Er führte u. a. aus: Die römischen

Esschichtsschreiber, die im tobenden Wirbel der Völkerwanderung lebten, sahen indem Germaneti- tum rohe Barbaren, die alle Zivilisation des Reichs niederringen wollten. 590 Jahre später berichteten mit gleicher Voreingenommenheit die Eeschichtsschreiber Italiens, Deutschlands und Frankreichs von dem Anstürmen des jungen stolzen ungarischen Reitervolkes. Dieselbe Vorein­genommenheit jener Zeiten kennzeichnet auch die Berichte der Eeschichtsschreiber der Neuzeit.

In der Geschichtswissenschaft sind diese und ähn­liche Auffassungen und Werturteile längst über­holt. In den erwähnten Zeitabschnitten kommen nicht Kultur und Unkultur, sondern früher ein­ander isolierteKulturenin Berührung, die anfangs einander feindlich gegenüber, später einander freundlich zur Seite standen. Das Er­gebnis dieses Kulturgüteraustausches war, daß sich im neuen Europa nicht nur neue Nationen mit scharf geprägter Eigenart herausgebildet haben, sondern daß auch solche Staaten gegründet wurden, die sogleich eine auf christlicher Grundlage fußende nationale Kultur schufen. Die ungarische Nation hat ihre Kultur vor allem mit norditalienischen und bayerisch-österreichischen, weiterhin mit nord­deutschen, flämischen, französischen, ja sogar mit spanischen und englischen Kulturelementen durch­setzt und somit drang das Neue in den Blutlaus des ungarischen Volkskörpers ein und es Llüte die hergebracht« ungarische Rassekultur, geschmückt mit angepaßten fremden Elementen, als echte un­garische national« Kultur weiter.

Wir Ungarn sind stolz darauf, daß unsere Ahnen sich entschlossen haben, mit dem westlichen Christen­tum Freundschaft zu schließen, in die westliche Kulturgemeinschaft einzugehen, und daß sie zu­gleich in dem westlichen Raum des Landes Tore öffneten, durch die die lateinische und germani­sche Kultur ins Land strömen konnte. Ganz besonders wollen wir das schon seit Jahrhunderten bestehende kulturelle deutsch-ungarische Freundschaftsverhältnis mit auf­richtigem Herzen weiterhin aufrechterhalten. Alles dies aber kann wohl nur auf Grund einer voll­ständigen Wechselseitigkeit von Nutzen sein. Eben deshalb begrüße ich aufs herzlichste die Erklärung, in welcher Ew. Exzellenz vor einigen Tagen mit voller Anerkennung sagten:Nicht nur die Deut­schen haben den Ungarn, sondern auch die Ungarn den Deutschen Kulturgüter gegeben." Und noch mehr erfreut den ungarischen Kultusminister, daß Ew. Exzellenz an gleicher Stelle auch das sagten, daß eine aufrichtige deutsch-ungarische Verständi­gung nur auf dem Wege eines gegenseitigen Kulturgüterverkehrs möglich sein werde. Die un­garische Kulturpolitik steht auf dem gleichen, steht auf Ihrem Standpunkt, und deshalb bin ich fest überzeugt, daß die deutsch-ungarischen Kultur- beziehungen. die schon auf eine lange Zeitspanne zurückblicken, sich von nun an zugunsten beider Nationen vertiefen und die alte Freundschaft weiterhin noch mehr verinnerlichen werden.

Nach diesen Ausführungen des ungarischen Kultusministers ergriff Minister Rüst das Wort, um in folgendem die tiefen Freundfchasts- Leziehungen der beiden Länder zu berühren:

Gestatten Sie, daß ich Cw. Exzellenz für Ihre Einladung in das gastliche Ungarn und die freund­lichen und warmen Worte des Willkommens meinen aufrichtigen und herzlichen Dank sage.

fische Verfassungspraxis zu einem Mittelding zwischen Mehrheitskabinett (im parlamen­tarischen Sinne) und Präsidialregierung ge­führt hat. Im Interesse Frankreichs und seiner Sicherung vor dem Bolschewismus wäre es erwünscht ohne daß wir uns mit dieser Meinung in die innenpolitischen Ver­hältnisse unseres westlichen Nachbarn ein­mischen wollen daß der Schritt zur auto­ritären Staatsführung auch an der Seine möglichst bald getan wird. Der Abschluß der Kantonalwahlen am kommenden Sonntag wird, sofern er die Niederlage der marxisti­schen Front besiegelt, die skizzierte ver- fassungspolitische Entwicklung vermutlich noch beschleunigen.

Der Weg zu Ihnen führt mich nicht in ein fremdes Land. Mir selbst war es vergönnt, als deutscher Frontsoldat in schweren blutigen Kämpfen des Jahres 1916 mit den Söhnen Ungarns auf dem­selben Schlachtfelde um dieselben Güter zu kämpfen. Der erste gemeinsame Weg mit Ew. Exzellenz war deshalb auch heute morgen der Weg zum Denkmal der Gefallenen. Wir sind gemeinsam unterlegen, wir können nur gemeinsam aufbauen auf denselben Werten unserer Völker, mit denen wir uns einst behauptet haben.

In Deutschland hat mir der Führer und Reichs­kanzler das ErziehungsWerk der jungen Generation anvertraut. Die Formen der Erziehung sind neuartig. Die Tugenden, zu denen wir erziehen, sind die Tugenden, mit denen zu allen Zeiten die Völker sich Freiheit und Brot gesichert haben. Wir bringen unsere Jugend in die Gemeinschaft, um sie zu Volkskameradcn zu erziehen, wir bringen sie in die Lager freiwilliger Arbeitsleistung, um sie zu jener Ethik restloser Hingabe an ein Höheres Ziel und zu gleicher Zeit zur Anerkennung des ärmsten Volksgenossen zu bringen, der sein Brot mit seiner Hände Leistung sauer verdienen muß.

Natürlich wird eine solche Jugend durch Ab­härtung und Disziplin auch innerlich wehr- bereit und wehrkräftig, aber niemals kriegslustig. Neben den alten Tugenden haben wir auch neue für das deutsche Volk in Pflege genommen. Kein Volk der Erde ist so vom Drang in die Ferne beseelt wie das deutsche, keines so aufgeschlossen für geistige Strömungen von draußen, wie das deutsche. Wir müssen darum die deutsche Jugend stärker als früher zur Pflege ihrer Eigenart anhalten.

Europa und die Welt werden dadurch nicht ärmer. Je sicherer wir in unserem eigenen Wesen ruhen und unserer Kultur den eigenen Ausdruck verleihen, um so gefahrloser und darum auch un­befangener und offener können wir zu den Kul­turen anderer Völker in Beziehung treten.

Ich begrüße darum heute ganz besonders den Weg, durch Austausch sowohl der schöpferischen Kräfte der gegenwärtigen Generation als auch der heranwachsenden Generation echte und wahrhafte Wege der Völkerverbindung zu suchen. Ich glaube auch, daß die verantwortlichen Leiter selbst voran­gehen sollen, und bin darum gern nach Ungarn gekommen, um zu sehen und zu lernen. Ich er­hebe mein Glas auf Ungarn, auf unserer Völker treue Verbundenheit und auf die ungarische Jugend."

Gerard warnt die Luden

Newyork, 8. Oktober.

Der frühere Botschafter der Vereinigten Staa­ten in Berlin, James W. Gerard, dessen Deutschfreundlichkeit bekannt ist, richtete an den jüdischen Verein eine Warnung. Die enge Ver­bindung vieler Juden mit dem Kom­munismus, so sagte er: könne in den Vereinig­ten Staaten zu der allgemeinen Auffassung füh­ren, daß Judentum und Kommunismus dasselbe seien. Führende Juden sollten diesem Zuge zum Kommunismus entgegentreten: dennsollte das amerikanische Volk zu der Ansicht kommen, daß die jüdische Rasse und der Kommunismus dasselbe seien, so bestehe die Möglichkeit von Pogro­men in den Vereinigten Staaten. Diesen Po­gromen gegenüber würden die Pogrome in Ruß­land zur Zarenzeit wie kleine Paraden erscheinen."

Neue Kircheiischliehungen in Mexiko. Im Amtsblatt Mexikos wird die Einziehung weiterer 58 Kirchen veröffentlicht. Die Einziehungen erstrecken sich auf verschiedene Staaten, haupt­sächlich aber auf Chiapa.

Nachdem aus allen Teilen Spaniens Nachrichten eingelaufen waren, daß sich am Montag früh eine merkliche Entspannung der Lage ergeben habe, erreichten uns in den letzten Minuten vor Redaktionsschluß Funkmeldungen von einem erneuten Aufflackern der Schießereien, die für heute früh neue schlimme Ausschreitungen vorausahnen lassen.

Die Regierung hat umfangreiche Vorsichtsmaß­nahmen ergriffen, da man allgemein annimmt, daß die Marxisten in der Nacht zum Dienstag zu einem neuen Großangriff schreiten werden. Auch ein Generalstreik der Eisenbahner in ganz Spanien ist für Dienstag angesagt. Die Regierung ist jedoch auch dieser Bedrohung entgegengetreten, indem sie alle Re­servisten, die Eisenbahner von Beruf sind, unter die Fahnen gerufen hat, um aus diese Weise den Eisenbahnverkehr aufrecht zu erhalten.

In den späten Nachmittagsstunden des Mon­tags hat sich die Lage in Madrid weiter ver­schlechtert. Schlagartig setzte an verschiedenen Punkten der Hauptstadt ein heftiges Ge­wehr- und Pistolenseuer ein, dessen Auswirkungen noch nicht bekannt geworden sind. Die llebersiille galten vor allen Dingen Polizci- nnd Militärpatrouillen und verkehrswichtigen Gebäuden. Die Telefonverbindungen in einigen Stadtteilen sind unterbrochen. Zuverlässige Nach­richten von außerhalb über die Lage im übrigen Spanien herein zu bekommen, ist fast unmöglich. Die Bevölkerung ist einzig und allein aus die von der Zentralrcgierung von Zeit zu Zeit durch Rundfunk bekanntgegebenen kurzen Lageberichte angewiesen, die im Gegensatz zu den in Umlauf

Im Dienste des Wintechilsöwerks

Die Propaganda für das Winterhilfswerk nimmt ihren Anfang. Die deutschen Filmtheater­besitzer haben sich bereitwillig in den Dienst der Propagandaaktion gestellt und werden in jeder Vorstellung mehrere Diapositive und Schallplat­ten zum Winterhilfswerk kostenlos zur Vorfüh­rung bringen, Es wird daher angeordnet, daß

1. mit dem 11. Oktober 1934 abends sämtliche bisher kostenlos vorgeführten Diapositive aus den Filmtheatern zurückzuziehen sind;

2. Anträge auf kostenlose Vorführung von Dia­positiven, die durch irgendwelche Organisationen gestellt werden, nicht berücksichtigt werden kön­nen, um die Propaganda für das Winterhilfs­werk nicht zu gefährden.

Wichtiges - kurz gesagt

Lutze Ehrenbürger seiner Vaterstadt. Münster. Der Chef des Stabes der SA., Viktor Lutze, weilte am Sonnabend und Sonntag in seiner Vaterstadt Bevergern, dessen Eemeinderat am 12. August be­schlossen hatte, ihm das Ehrenbürgerrecht zu ver­leihen.

Wintcrhilsspropaganda in den Schulen. Reichs- erziehungsminister Ruft teilt, wie das näs. meldet, in einem Erlaß mit, daß die Aushängung der Werbeblätter des Winterhilfswerkes des deutschen Volkes 1934/35 auch in den Schulen ge­nehmigt wird. Es darf sich jedoch nur um solche Werbung handeln, die unmittelbar an die Jugend gerichtet ist.

Eingliederung der Artamanen. In Eüstrow wurde am Sonntag im Rahmen einer großen Artamanen- und HJ-Kundgebung. an der auch der Reichsjugendfiihrer teilnahm, die Artamanen- Bewegung in die Hitler-Jugend eingegliedert.

Fürst-Erzbischof Dr. Nieder gestorben. Der Fürst-Erzbischof von Salzburg, Dr. Eguatius Nieder, ist in den Morgenstunden des Montag gestorben.

Professor Bergmann an das Krankenbett König Fuads gerusen. Wie bereits gemeldet, weilen zwei italienische Aerzte in Kairo, um den Gesundheitszustand des erkrankten Königs Fund zu überwachen. Nunmehr ist auch der deutsche Professor Bergmann drahtlich an das Krankenbett des ägyptischen Königs gerufen worden.

befindlichen Gerüchten beruhigt lauten. Aus einer I ebenfalls der Zensur unterworfenen halbamtlichen s Stelle hört man, daß in zahlreichen Städten und Ortschaften wieder vollkommen normale Zustände herrschen und sogar im Lause des Tages die Arbeit in den Fabriken zum Teil wieder aufgenommen wurde.

In Asturicn sollen die dort in Kriegsschiffen angekommenen Truppen mit Erfolg gegen die Aufständischen vorgehen und nach und nach in die von ihnen besetzten Minengebiete, einem strate­gisch für die Streikenden sehr günstigen Gelände vordringen.

Zu einem schweren Feuergefecht ist es in Villa- novaq Geltru (Provinz Barcelona) gekommen, wo die Revolutionäre das dortige Rathaus zu erstürmen versuchten. Bei diesem Angriff gab es sechs Tote auf Seiten der Aufständischen und neun Verwundete. In demselben Ort wurde eine Kirche in Brand gesteckt, die völlig niederbrannte. Der Pfarrer wurde ermordet.

Aus den Nachmittagsmeldungen geben wir un­seren Lesern Nachstehendes noch zur Kenntnis:

In dem Regierungsgebäude der Generalidad in Barcelona, in dem sich der Präsident Kataloniens ergeben mußte, wurden über 1999 Gewehre, un­zählige Bomben und Pistolen sowie einige Kisten Dynamit gefunden. In den Straßen Barcelonas werden begeisterte Hochrufe auf die spanische Re­publik ausgebracht und Polizei und Truppenabtei- lungen in ähnlicher Weise gefeiert wie in Madrid.

2m übrigen macht die spanische Regierung da­rauf aufmerksam, daß die falschen Gerüchte, die fortwährend unter der Bevölkerung im Umlauf

Leistungsabzeichen für die HZ.

Berlin, 8. Oktober.

Die Reichsjugendführung hat ein Leistungs­abzeichen für die Hitler-Jugend geschaffen, das in drei Graden verliehen wird, für das 16. Le­bensjahr (in schwarz), für das 17. (in bronze) und für das 18. Lebensjahr (in silber). Gleich­zeitig mit diesem Leistungsabzeichen wird ein Leistungsbuch eingeführt. Auf diese Art und Weise ist ein neuer Weg beschritten worden, der einen ersten Schritt zur körperlichen und geistigen Ausrichtung der ganzen deutschen Jugend bringt. Das Ziel ist, ein gesundes Geschlecht zu schaffen mit höchster körperlicher Widerstandskraft und Leistung.

Es sollen nicht Einzelrekorde gezüchtet werden, sondern es ist an eine Breitenarbeit gedacht, bei der möglichst viele eine gewisse körperliche Lei­stungsfähigkeit und Können erreichen.

Die Bedingungen sind so angesetzt, daß je­der Junge, gleichgültig ob aus der Stadt oder vom Lande, dieses Abzeichen erringen kann. Es sind folgende Verpflichtungen zu erfüllen: 1. Lei­besübungen, und zwar der Lauf (100 Meter, 3000 Meter), Weitsprung, Keulenweitwerfen und Ku­gelstoßen, Schwimmen, Keulenzielwerfen; 2. Ee- ländesport (Schilderung von Bodenformen, Bo­denbedeckungen, Kartenkunde, Beobachtung, See­übungen, Entfernungsschätzen, Meldewesen, Tar­nung und Eeländeausnützung) und 3. Kleinkali­berschießen. Zu diesen körperlichen Bedingungen tritt schließlich noch die weltanschauliche Schulung und der Nachweis, ob der Junge als National­sozialist betrachtet werden kann.

Das letzte Ziel dieses neu beschrittenen Weges ist, eine ganze Jugend körperlich so auszurüsten, daß sie in ihrer Leistungsfähigkeit, ihrer Wider­standskraft und ihrem Können zur ersten dieser Welt zählt. Gleichzeitig besitzt die oberste Füh­rung im Leistungsbuch die Möglichkeit einer Kontrolle der Führung und des Dienstes selbst. Der Gesamtstand einer Formation läßt sich aus ihm sofort überblicken.

Amerikanischer Matrosenstreik

Den Mannschaften amerikanischer Schiffe, die von den Häfen des Atlantischen Ozeans und dem Golf von Mexiko aus ihre Fahrten unternehmen, ist von ihrer Organisation der Befehl zum Streik erteilt worden. Die Streikursache ist in Lohn­streitigkeiten, Arbeitszeitforderungen, ferner in der Forderung nach Verstärkung der Besatzungen um ein Drittel und Freiheit in der Organisierung zu suchen.

sind, jeder Grundlage entbehren und lediglich die von'der Regierung ausgegebenen Bekanntmachun­gen die Sachlage in Spanien so schildern, wie sie wirklich ist. Gleichzeitig erhalten die Journalisten von der Regierungsseite die Aufforderung, über die Verhältnisse in Asturien nur solche Meldun­gen weiterzugeben, die vorher von Regierungs­seite geprüft worden sind.

Wie aus Barcelona berichtet wird, hat der Präsident von Katalonien, Companys, nach seiner Verhaftung erklärt, er übernehme die ganze Ver­antwortung für das, was innerhalb der Eene- ralidad vor sich gegangen sei. Der Bürgermeister von Barcelona, der ebenfalls verhaftet wurde, hat seinerseits die Verantwortung für alles, was im Rathaus vor sich ging, übernommen. Die Zahl der Verhafteten in Barcelona überschreitet 599.

Antonio Jimenez Arenas ist zum Präsidenten der katalanischen Generalidad ernannt worden.

Nach einer Reutermeldung aus Madrid sollen sich die durch die revolutionären Unruhen der letz­ten Tage verursachten Verluste auf insgesamt 500 Tote und 2000 Verletzte beziffern.

Nach Fmnk«°eich entflohen

Madrid, 8. Oktober

Wie aus Barcelona gemeldet wird, ist es dem ehemaligen Ministerpräsidenten Azana gelungen, zusammen mit zwei Mitgliedern des Generalidad und einem linksbürgerlichen Poli­tiker im Flugzeug nach Frankreich zu entkommen.

12 Stunden eingeschlossen

Duisburg, 8. Oktober.

Auf der Zeche Neumllhle in Hamborn stürzten in der Nacht zum Sonnabend in einem Aufbruch zwischen der vierten und sechsten Sohle etwa 209 Tonnen Gesteinsmaffen ab, wodurch die mit Ge­steinsbohren beschäftigten Schietzhauer Schneide: und Putischke abgeschnitten wurden. Die Ret­tungskolonne konnte nach vielen Stunden zunächst eine Verständigung mit den Eingeschlossenen, die unverletzt geblieben waren, ermöglichen. Durch ein Bohrloch und eine Preßluftleitung wurden ihnen Nahrung und Erfrischungen zugeführt. Die Rettungsarbeiten wurden mit Eifer fortgesetzt und nach insgesamt 12 Stunden war es gelungen, die Leiden Eingeschlossenen unverletzt zu bergen.

Im Abwässerschacht erstickt

Weimar, 8. Oktober.

Im Betriebe der Papierfabrik Tannroda hat sich am Sonntag ein bedauerlicher llnglücksfall ereignet. Bei der Kontrolle einer Abwässer-, Ableitung in einem Schacht wurde ein Betriebs-- ungehöriger durch Gas« bewußtlos. Da am Sonn­tag der Betrieb ruht«, konnte der Unglücksfall nicht sofort bemerkt werden, so daß Kirchner erstickte. Bei den späteren Rettungsversuchen ist ein Be­triebsmeister in Unkenntnis der Gefahr in dem Schacht ebenfalls erstickt. Zwei weitere hilfs­bereite Einwohner von Tannroda liegen noch er­krankt darnieder. Bei einen: besteht keine Lebens­gefahr.

Der japanische Finanzminister tritt für eine starke Kürzung der militärischen Ausgaben ein. Er verlangt Abstriche bis zu 47 v. H. Nach dem Plan des Finanzministers soll der Haushalt für das Heer von 175 Millionen Reichsmark au! 130 Millionen und der Haushalt für die Flotts von 209 Millionen Reichsmark auf l50 Millionen gesenkt werden.

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Die deutsch-ungaeifchen Kullmbezichungm

Neichserziehungsmmister Nust in Budapest

Johann Sebastian Dach

Fesivortrag von Dr. k. L. Wilhelm Schäfer

Es ist nicht so, daß sein Charakterbild in der Geschichte geschwankt hätte, daß jemals Zeitläufte eigener geistiger oder ungeistiger Prägung diesem Musiker Verehrung und Dankbarkeit versagt hätten. Was aber gefehlt hat, war die Volkstüm­lichkeit dieses Meisters. Es genügt nicht, daß man seinen Namen ehrfürchtig im Munde führt, ihn in einem Atem nennt mit den anderen großen Musikern, ihn wohlverwahrt in der Cchatztruhe der deutschen Kunstgeschichte erhält und, bei großen Anlässen, seiner ernsthaft und festlich ge­denkt. Darin sind wir Deutsche immer groß und, richtig gesehen, so klein und eng gewesen, daß wir unsere peinlichst gehüteten Juwelen der Vergan­genheit nur bei hohen und höchsten Gelegenhei­ten, eigentlich nur zum kalendarischen Jubiläum, hervorholen und pomphaft demonstrieren. Gerade die unendlichen Lebenswerte unserer nationalen Güter, die auch im Werke des Thomaskantors, ollgiiltig und jedem Gemüt faßbar, bereitliegen, ohne daß man in es etwas hinein gehsimnist zu haben braucht, werden so sehr geachtet und ge­heiligt, daß man darüber ihre für jeden Augen­blick gültige völkisch« Sendung vergißt. Als wenn wir es nötig hätten, darin sparsam zu sein! Ein Erbe verwalten heißt, es fruchtbar machen für alle, denen es nach der Stimme des Blutes gehört. Das will die Dachgesellschaft. Nicht die groß­artige Spiegelung des Bachschen Schaffens, wie wir sie jetzt in Bremen erlebten, ist das höchste Ziel. Der Thomaskantor kann und darf nicht als Objekt der Musiksorschung und des virtuosen Muiizierens Eigenbesitz einer Gruppe vou ge­schulten Kunstjüngern und Kennern bleiben, wie er auch nicht von einer Stadt oder von einer Landschaft als Repräsentant ihrer blonderen kulturellen Gestaltung beansprucht werden darf.

Die Bachgesellschaft wurde erst wahrhaft lebendig, als das ungeheure Schaffen des Meisters an das Licht gehoben und in der Gesamtausgabe gesichtet und allgemein zugänglich vorlag. 34 Jahre schon währt dieses Ringen um den volkstüm­lichen Bach. Neben den 21 Vachfesten haben tausend Herzen und Hände die tönenden Himmels- boten bis in das kleinste Kirchlein und die be­scheidenste Hausmusik getragen. Es bedurfte aber auch oft eines großen Künders der Seele, um das Volk immer wieder auf die überzeitliche Not­wendigkeit einer innigen Beschäftigung mit dem Werke Bachs hinzuweisen.

Wilhelm Schäfer, eine Dichtcrpcrsönlichkeit, die, abgesehen von ihrer unvergleichlichen Eigen­art des Eestaltungsausdrucks, in der Anlag« mit dem Musiker Bach verwandt erscheint, weil in ihr srömmstes Bejahen des Lebens in Gott wal­tet, dieser Dichter derDreizehn Bücher der deut­schen Seele" sprach über Bach und warb um seine Volkstümlichkeit, ohne daß er diese Forderung wörtlich erhob. Denn dadurch, daß der Dichter ihn als größten Künstler (nicht Musiker!) des abend­ländischen Kulturkreises herausstellte und wie in einer durch glänzende Beweise abgewandelten Fuge des Lobes feierte, kündete er vom Werke, hinter das der Mensch zurücktritt und das also allen gehört, weil es überpersönlich erlebt wurde Nicht geschaffen, sondern gefunden! Nach ein­gehenden Untersuchungen über das Wesen der Kunst überhaupt und die Kunst der Fuge ini besonde­ren, an der die Kunst als Sinnbild des Lebens und des elementaren Rhythmus durchleuchtet wurde, wandte sich Schäfer über das Wesen des aktiven musikalischen Genusses hinweg zu Bach selber, den wir hören, ohn« an ihn selbst zu den­ken. Was war denn er selbst! Wie Schäfer mit

Recht behauptete, ist sein Leben biographisch be­langlos und fast ein Kuriosum. Sein Werk ist nicht die Sprache des Menschen, der es formte. Hier war ein Geschöpf Gottes am Werke, keine egozentrische Persönlichkeit eigenen cntladungs- bodiirfenden Menschentums.

An dem Gegensatz Bach-Beethoven, die man in der mustkgeschichtlichen Betrachtung in endlosen unfruchtbaren Versuchen wertend aneinander messen wollte, entwickelte Wilhelm Schäfer die Weltenwende, die sich in den 20 Jahren zwischen dem Ableben des Thomas-Kantors und dem Be­ginn Beethovens dadurch vollzpg, daß eine Musik die andere ablöste. War Bach der mittelalterliche Mensch, der Gottsucher und überbelohnte Finder, so spiegelt sich in der menschlichen Tonsprache Beethovens die Persönlichkeit, die Titan und Faust zugleich, als ein verzweifelter Prometheus an die Erkenntnis geschmiedet lebt, rast und leidet. Während Beethoven, «in echter Sohn des 19. Jahr­hunderts. musiziert um des musikalischen Ausdrucks seines Fühlens, d. h, Jcherlebsns willen, während Bachs Tonwslt niemals von seiner Menschlichkeit beherrscht wird, sondern unendlich über sein Leben hinausgreist und ihn überhaupt gänzlich aus seiner Lebenszeit herauslöst So ist auch, stilkritisch ge­sprochen, Bach trotz seinerbarocken Triller" kein Sohn des schmalen Barockzeitalters. Schäfer wen­dete auf den Kantor den Satz an, daß ein Künstler um so größer sei. je größer der Lebensraum seines Schaffens sei- Aus der Gottesgläuüigkeit allein wächst der Wunderbau der Bachschen Musik empor Selbst ihr« Gesetze sind gottgewollt. Er war gleich­sam der gottbegnadete Finder einer schon vor­handenen Musik Der größte Künstler des Abend­landes aber, trotz Dürer und Goethe, wurde er darum, weil, weil er nicht nur am reichsten fand sondern auch noch die Hand besaß, seinen Fund zart und sicher aufzuheben! Selbst in demWohl­temperierten Klavier", dem 1901-Nachtbuch der Musik, ist nach der Ansicht SchäfersAlles Existenz

und nichts Effekt, wie Goethe es auch von Homer sagen durfte. Hier wird das tiefste Geheimnis der Schönheit und Einmaligkeit seiner Musik offenbar, das absolute Sein blickt uns in ihr ent­gegenwie aus der Blume oder dem Auge eines Bergtieres".

Bachs Musik als Jenseits vom Ich und dennoch nicht eine Jchentrückung in das Nirwana hinein, sondern Aufschwung in das höhere Leben. Es ist schwer, auf kurzem Raum den kühnen, schlechthin überzeugenden Gedankenbau Schäfers über das Wesen der Bachschen Musik zu umreißen. Wir möchten als Ergebnis herausstellen, daß darum Bachs Wirken künstlerisch höher steht als der Ge­sang aller anderen, weil seine Seele vollends aus den Abenteuern des Menschengeistes heraus zu Gott heimkehrte.Kein Ich und keine noch so he­roische Klage vermag den Riß des Daseins, die Kluft zwischen Sinnenwirklichkcit und dem nur im Gottglauben geschauten Sein zuzukleistern!"

Wir leben in einer neuen Weltenwende. Eine neue Sinnsetzung unseres Seins auf Tod oder Leben ist unumgänglich geworden. Wir werden selbst gefordert, statt Forderungen stellen zu können. DiePersönlichkeit" des 19. Jahrhunderts muß begraben werden. Darum ist die Stunde des Thomaskantors gekommen. Auch unsere Musik wird die Wende finden müssen. Die trotz Beet­hoven und Wagner überragende Künstlerschaft Johann Sebastian Bachs wird weder Anfang noch Ende sein. Sie ist die Musik, die geeignet ist. eine neue Gläubigkeit zu wecken, ohne die wir nie­mals start sein werden, wenn wir es müssen,

Wilhelm Schäfer schloß seine von namenloser seelischer Kraft getragenen, zutiefst dem Gegen­stand seiner Betrachtung kongenialen Ausführun­gen, denen er das KapitelBach" aus seinem Hauptwerk vorangestellt hatte, mit dem Wunsche, daß die Deutsche Bachgesellschaft einmal den Ruhm davontragen möge, Gralshütsrin der deutschen Seele gewesen zu sein!

Dein Bedürfnis für pfeudonational- fozialiftische Schriften!

Aus einer Anordnung von Reichsleiter Vouhlsr.

Die Zahl der Bücher, die sich in erzählender oder schildernder Form meist durch lose anein­andergereihte Abhandlungen und Aufsätze mit der nationalsozialistischen Revolution und den sie be­gleitenden Ereignissen beschäftigen, hat eine stickst Höhe erreicht, daß es notwendig erscheint, darauf hinzuweisen, daß ein weiteres Bedürfnis an solcher Produktion nicht besteht-

Die Prüfung hat ergeben, daß der Wert solcher Schriften fast ausschließlich hinsichtlich des Kc- Haltes an politischen Gedanken ein sehr geringc- ist und von feiten der Bewegung ein Grund p>r Förderung solcher Schriften in der Regel nick» vorliegt.

Ich habe daher angeordnet, daß solche Schriften von der Erteilung des Unbedenklichkeitsverincrk^ ausgeschlossen sind und nur eine Bestätigung -si halten, daß dem Verkauf von feiten der Partei nichts im Wegs steht wenn die Prüfung durch d>- partciamtliche Prüfungskommission zum Schickst des NS. - Schrifttums eine solche Entscheidung rechtfertigt.

In diesem Zusammenhang weise ich nachmaß darauf hin, daß es keiner Parteidieu. stelle gestattet ist. Empfehlungen eine S'ch rift auszustellen well!" im"" vom Verlag zu Werbezwecken benutzt werden-

Dem Verlag Paul Stecgemann Perü"' Wilmersdorf, ist die Berechtigung entzog worden, nationalsozialistisches Schrifttum herauf zubringen. Ich mache alle Parteigenossen diesen Umstand aufmerksam, der es von selbst bietet, mit diesem Verlag weiterhin in Bezieht zu treten.