Ausgabe 
(5.10.1934) Nr. 275
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Freitag, den 5. Oktober 1934

Bremer Zeitung

Nr. 275 Jahrgang 1934

Späte Ginsicht

News Chronicle" zum Schritt der Signatar- mächte in Kowno

London, 4. Oktober.

Der diplomatische Berichterstatter derNews Chronicle" schreibt: Großbritannien, Frankreich

und in geringem Grads auch Italien haben auf Frankreichs Ersuchen in einem Streit wegen der Verwaltung des Memelgebietes Stellung genom­men. Zum mindesten haben sie ihre rechtskundigen Berater aufgefordert, die rechtliche Seite der Lage zu prüfen und haben die litauische Regierung auf diese Tatsache hingewiesen. Als es Litauen über­geben wurde, garantierten die Hauptmächte, daß es seine eigene Regierung und sein eigenes Par­lament haben solle. Natürlich waren beinahe alle von den 29 Parlamentsmitgliedern Deutsche. An­fang dieses Jahres hat die litauische Regierung die meisten von ihnen verhaften lassen unter dem Vorwand, sie seien Nationalsozialisten geworden, sie hat die deutschen politischen Parteien unter­drückt und den Präsidenten von Memel, Dr. Schrei­ber, entlassen. Auch in vielen anderen Beziehun­gen soll Litauen das Memelstatut verletzt haben. Im Juli hat die deutsche Regierung die Mächte zum Eingreifen aufgefordert. Großbritannien und Frankreich werden vielleicht energische Vorstellun­gen bei Litauen erheben, wenn ihre Rechtssachver­ständigen zugeben, daß die deutschen Anschul­digungen wohl begründet sind.

Ich bin fwh, zurück zu sein"

Konferenz zwischen Macdonald und Baldwin

London, 4. Oktober.

Ministerpräsident Macdonald wurde am Donnerstag bei seiner Rückkehr von seinem drei­monatigen Erholungsurlaub in London am Bahn­hof von einer Anzahl Kabinettskollegen und per­sönlichen Freunden begrüßt. Als er seinem Eisen­bahnabteil entstieg, erschallten auf dem Dudelsack die Töne desMacdonald-Willkommen"-Mar- sches, den ein schottischer Landsmann und Dorf­nachbar des Ministerpräsidenten eigens für diese Gelegenheit verfaßt hatte und im Hochlandkostüm vortrug.Ich bin froh, zurück zu sein und bereit, meine Arbeit wieder zu beginnen", erklärte Mac­donald. Am späten Abend hatte er eine eingehende Konferenz mit Baldwin.

Weil sie uns fürchten...

Eine polnische Stimme zur Oesterreichfrage Warschau, 4. Oktober.

Eazeta Warszawska" schreibt über die öster­reichische Frage, ein großer Teil der österreichi­schen Bevölkerung, insbesondere die Jugend, spreche sich entschieden für Hitler aus. Daher besitze die Politik des Dritten Reiches an der Donau eine wichtige Unterstützung, sowohl in der Gedankenwelt der Oeffentlichkeit wie in den gro­ßen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen sich Oesterreich befinde. Das einzige Hindernis für den Anschluß sei im wesentlichen der Widerspruch der Großmächte, die ein Wachsen der deutschen Macht fürchten. Wenn dieser Umstand nicht wäre, so wäre die österreichische Frage schon lange gelöst und Oesterreich würde sich in den Grenzen des Reiches befinden,' so aber werde infolge der Hal­tung Italiens und Frankreichs die österreichische Frage noch lange eine Quelle der Beunruhigung und Ueberraschungen sein, die mittelbar auch Polen berühren müßten.

Lituleöcu gibt nicht nach

London, 4. Oktober.

Der nach Montreux entsandte Sonderkorrespon­dent desDaily Telegraph" meldet, Titulescu werde Donerstag oder Freitag von Montreux nach Bukarest abreisen Der wahre Grund seines Rück- tritts sei sein Widerstand gegen jede Vertrags­revision. Er betrachte, ebenso wie viele anders Staatsmänner, die Erklärung des polnischen Außenministers Veck über das Minderheitenpro- Llem als einen Vorstoß in der Frag« einer etwai­gen Revision der Fr iedsnsoertr äge. Die Aufrechterhaltung dieser Verträge sei sein Programm und wenn er bei dieser Politik keine Unterstützung finde, werde er nicht länger rumä­nischer Außenminister bleiben-

Auch in Griechenland kriselt's

Athen, 4. Oktober.

Die griechische Telegraphenagentur teilt mit: Alle Vermittlungsbestrebungen der Regierung,

um zu einem Bündnis mit den Oppositionspar­teien zwecks Wiederwahl des Staatspräsidenten, Alexander Zaimis, zu kommen, sind an der Starrsinnigkeit Venizelos' gescheitert. Die Regierung hat sich entschlossen, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Lage zu klä­ren und die normale Tätigkeit des parlamentari­schen Regierungssystems zu sichern. Die Abgeord­netenkammer hat am Mittwochabend das Wahl­gesetz endgültig angenommen, das vom Senat abgelehnt worden war und das den Hauptgegen- stand der Unterhandlungen zwischen der Regie­rung und der Opposition dargestellt hat. Wie ver­sichert wird, wird die Regierung vor Auflösung

London, 4. Oktober.

Der diplomatische Berichterstatter desDaily Telegraph" schreibt: Der französische Außenmini­ster Varthou hat beschlossen, die Besprechungen mit der deutschen und der polnischen Regierung über den osteuropäischen Sicherheitspakt wieder aufzunehmen. In Paris find die Antworten Deutschlands und Polens sorgfältig geprüft wor­den; die Schlußfolgerung war, daß sie die Mög­lichkeit einer Verständigung nicht völlig aus­schließen.

In Erwartung des Ergebnisses dieser Be­sprechungen wird kein weiterer Schritt hinsichtlich des sowjetrussischen Vorschlages für eine engere Vereinbarung mit Frankreich getan werden. Var­thou weiß genau, daß jeder Schritt in dieser Rich­tung Polen unvermeidlich noch mehr in die Arme Deutschlands treiben würde und vielleicht zu einer Kündigung des französisch-polnischen Bündnisses führen könnte. Gleichzeitig sieht man ein, daß Polen nicht bereit ist, an einem Pakt teilzuneh­men, dem Deutschland fernbleibt. Polen ist sehr zufrieden mit der Ernte, die es jetzt aus der neuen Verständigung mit Deutschland gewinnt und wird

Noosevelts Vorschlag angenommen

Newyork, 4. Oktober.

Der Vorschlag des Präsidenten Roosevelt, daß sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der In­dustrie über einen Waffenstillstand von sechs Mo­naten einigen sollen, ist von dem stellvertretenden Leiter des Verbandes der Textilarbeiter in einem Schreiben an den Präsidenten offiziell angenom­men worden. Die Vereinigung unterwirst sich während dieser Zeit der Entscheidung der Schlichtungsbehörden. Voraussetzung ist dabei, daß die Handlungsfreiheit der Gewerk­schaften ktzgl. kollektiven Verhandelns mit den Arbeitgebern nicht beeinträchtigt wird. Zum Schluß seines Schreibens gibt der Textilarbeiter­führer Eorman der Hoffnung Ausdruck, daß die Arbeitgeber gleichfalls Roosevelts Vorschlag an­nehmen.

Zähre Teno

Glückwunschtelegramm des Führers

Berlin, 4. Oktober.

Die Technische Nothilfe hat aus Anlaß ihres 18- jährigen Bestehens an den Führer und Reichskanz­ler folgendes Telegramm gerichtet:

Mein Führer! Anläßlich des 18jährigen Jah­restages der Technischen Nothilfe übermittle ich Ihnen die Grüße der Nothilfe des gesamten Rei­ches zugleich mit der Versicherung, daß die Tech­nische Nothilfe in fester Geschlossenheit allezeit treu zum Führer und Reich steht. Unser Bekennt­nis zum Jahrestag lautet: Wir alle für den Füh­rer, wie er für uns alle!

Weinreich, SA.-Gruppenfllhrer".

Der Führer und Reichskanzler hat hierauf wie folgt telegraphisch geantwortet:

Der Technischen Nothilfe danke ich in Erinne­rung an die wertvolle Arbeit, die sie in den hin­ter uns liegenden 15 Jahren dem deutschen Volke geleistet hat, für ihr Treuegelöbnis und die Grüße, die ich mit den besten Wünschen für ihre weitere Arbeit herzlichst erwidere. Adolf Hitler."

der Abgeordnetenkammer zu Kammerneuwahlen im Laufe des Novembers schreiten, falls der letzt« Versuch zu einer Einigung scheitern sollte.

Gchiffsstl-andung in der Ostsee

Hamburg, 4. Oktober

Der Hamburger MotorseglerHilda" ist am Donnerstag bei der Insel Worms im bott- nischen Meerbusen gestrandet. Die Besatzung be­findet sich in Sicherheit. Vergungsversuche sind durch inländische Fahrzeuge in die Wege geleitet. Der Motorsegler hatte Holz geladen und war von Wiborg unterwegs nach Hamburg.

nichts tun, um diese Vereinbarung zu stören. Die Politik Frankreichs in Osteuropa wird daher gegenwärtig darauf gerichtet sein, bessere Beziehungen mit seinem alten Freund Polen und infolgedessen auch mit Deutschland her­zustellen. Die Aussichten auf Erfolg sind nicht besonders glänzend. Aber die so erzielte Atem­pause wird es Barthou mindestens ermöglichen, die Zudringlichkeiten Sowjetrußlands abzuwehren.

Von der bevorstehenden Romreise Bar­thou s erwartet der Berichterstatter keine Ver­ständigung über das Problem der österreichischen Unabhängigkeit. Im besten Falle werde Varthou eine Besserung der Beziehungen zwischen Italien und Südslawien erreichen. Hierbei werde ihm zustatten kommen, daß in Paris und Rom die Ueberzeugung herrsche, daß die südslawische Feind­schaft gegen Italien nicht das Ergebnis eines neuen und engeren Einvernehmens zwischen Süd­slawien und Deutschland sei. Aber trotzdem werde Mussolini sich kaum zu gemeinsamem Vorgehen mit der Kleinen Entente oder zu einer Unter­ordnung seiner Beschlüsse unter den langsamen Apparat des Völkerbundes bereitfinden.

Landjahr-Äugend kommt in den Beruf

Berlin, 4. Oktober.

Das erste Kontingent der Landjahr-Jugend, das im Umfang von etwa 22 VOO Teilnehmern aus den preußischen Schulentlassenen 1934 gebildet wurde, wird zu Ende des Jahres in den Wirtschafts­prozeß eingegliedert. Der Referent im Sozialen Amt der Reichsjugendführung, G. Stierling, er­klärt, daß es ein Irrtum sei, anzunehmen, daß die Landjahr-Jugend besondere Schwierigkeiten haben werde, zum Ende des Jahres eine Lehr­stelle zu bekommen. Die Arbeitsämter hätten vielmehr die Betriebe schon darauf hingewiesen, daß Weihnachten 22 009 an Geist und Körper best- ausgebildete Jungen und Mädel die Lager ver­lassen. In den letzten beiden Monaten würden sie eine sorgfältige und eindringliche Berufsvor­bildung im Lager erfahren. Vorige Ostern, so sagt der Referent, haben diese Eroßstadtkinder keinen Raum gefunden in der Wirtschaft. Der nationalsozialistische Staat.nahm sie in die Ob­hut. Er schenkte ihnen dasLandjahr". Zu Neu­jahr pochen sie wieder an die Tore der Wirt­schaft. Die Arbeitsämter haben inzwischen gut vorgearbeitet. Jetzt ist Platz da. Der Be­ruf beginnt. Aber zwischen Schule und Beruf hat ein Jahr gelegen, das diese Jugend einst als das schönste ihres Lebens bezeichnen wird.

Treffen der ältesten VO.-Leiter

Berlin, 4. Oktober

Die 300 dienstältesten Politischen Leiter der NSDAP. aus dem ganzen Reich werden vom 8. bis 7. Oktober Gäste der Eauleitung Sachsen sein. Die Reihe der großen Veranstaltungen, die aus diesem Anlaß vorgesehen ist, ist am Don­nerstag, dem 4. Oktober, abends durch eine Be­grüßungsfeier im Dresdener Schauspielhaus ein­geleitet worden. Heute, Freitag, werden die alten Kämpfer die Stadt Dresden besichtigen und an­schließend in großen Autobussen eine Fahrt durch Sachsen unternehmen, die sie u. a. nach Bad Schandau, Oberwiesenthal, Bad Elster und Planen führen wird. Im Rahmen des großen Treffens der 300 dienstältesten Politischen Leiter wird auch eine Gauleitertagung stattfinden.

Der Mtebund wir- zudringlich

Barthou will mit Deutschland und Vollen Besprechungen über den

Ostpakt aufnehmen

Die kommenden Funksendungen

Vor einem glanzvollen musikalischen Winterprogramm

München, 4. Oktober.

Am Donnerstag waren in München die Inten­danten sämtlicher deutschen Rundfunksender oder ihre Vertreter mit Reichssendeleiter Hadamowsky versammelt, um das große künstlerische Programm der künftigen Rundfunkarbeit zu erörtern.

In einer Besprechung mit der Presse brachte Reichssendeleiter Hadamowsky zum Ausdruck, daß der Rundfunk auch bei der gebotenen einheitlichen politischen Führung und einheitlichen Verwal­tung weiterhin auf der Basis selbständiger und verantwortlicher Leitung durch die Intendanten der einzelnen Sender eine wirklich verwurzelte und bodenständige Kulturarbeit zu leisten hat. Den Ausgangspunkt der Programmgestaltung bil­det der Ausbau des Ilnterhaltungs- teils. Denn jeder Volksgenosse hat zunächst ein­mal das Recht auf Entspannung nach der Arbeit. Es soll leichte, wechselnde, gute Unterhaltung mit besten Kräften geboten werden. Es werden künf­tig für den Unterhaltungsteil die großen Rund­funkorchester und die besten außerhalb des Rund­funks stehenden Unterhaltungsorchester heran­gezogen. Es ist auch bereits eine enge Zusam­menarbeit mit dem Berufsverband der deutschen Komponisten angebahnt. Hauptziel ist eine Stei­gerung des Niveaus in Form und Ausführung. Dabei wird ein reger Programmaustausch zwi­schen den Sendern erfolgen und der Rundfunk wird weiter zur Wiederholung guter Programme übergehen.

Der Rundfunk ist keine Zeitung und kein Nach­richtendienst, sondern ein künstlerisches Instru­ment. Für ihn gelten also nicht die Gesetze der Zeitung, sondern die künstlerischer Institute.

Da der Hörer gerade Rundfunksendungen un­vollkommener aufnimmt, als man z. V. bei der

ersten Lektüre ein Buch aufzunehmen pflegt, hat er geradezu einen Anspruch auf eine Wiederholung solcher Sendungen. In der Winterarbeit werden die Musiksendungen, die im Frühjahr mit Ueber- tragung der Beethoven-Sinfonien begonnen wur­den, ihre Fortsetzung finden. Beginnend nütz dem 21. Oktober werden bis zum 10. Februar an je­dem Sonntag, 21,30 Uhr, zusammen 15 Meister- konzerte veranstaltet, die jeweils den Höhepunkt des Wochenprogramms bilden werden. In diesen Konzerten werden die populärsten und beliebtesten musikalischen Schöpfungen unserer größten Meister unter Mitwirkung der hervorragendsten Inter­preten, die Deutschland auszuweisen hat, über­tragen. Dieser Plan stellt eine Kulturleistung allerersten Ranges dar, die vorbildlich für die ganze Welt sein wird. Ferner wird das Jahr 1935 als Bach-Händel-Jahr anläßlich der 250. Wieder­kehr des Geburtstages der beiden großen Ton- setzer auch im Rundfunk begangen werden. Von der dritten Februar-Woche an werden bis zum Sommer in je fünf Reichssendungen fünf große Werke beider Meister übertragen. Außerdem wer­den die einzelnen Reichssender je eine Bach- oder Händel-Sendung einfügen.

Im übrigen wird der Rundfunk seine besondere Aufmerksamheit der der Gegenwart nahen Volks­musik zuwenden.

Erwähnt sei noch, daß die Pausenzeichen künftig in der Regel durch musikalische Zwischen- und Vorspiele ersetzt werden, wie sie sich schon bei den Uebertragungen vom Parteitag und vom Bücke- berg bewährt haben.

Leitgedanke der großzügigen künstlerischen Rund- sunkarbeit der kommenden Monate ist: Ein glanz­volles musikalisches Winterprogramm, das die Zustimmung der Hörerschaft finden darf und, wie wir schon heute sagen können, finden wird.

Kampf dem Heiratsschwindler

Berlin, 4. Oktober.

Ueber die Aufgaben der Abteilung Schaden­verhütung der NSV. werden, wie das näri. mel­det, in dem Organ des Leiters des Sozialamtes der Deutschen Arbeitsfront interessante Mittei­lungen gemacht. Nach Hinweis darauf, daß dem deutschen Volke durch Schäden alljährlich Werte in Höhe von 5 Milliarden Mark verlorengehen und daß 75 Prozent aller Schäden bei entspre­chender geistiger und körperlicher Schulung ver­mieden werden könnten, wird unterstrichen, daß die Partei bzw. die NSV. die entsprechende Schu­lung der Volksgenossen in großem Umfange durch­führen wolle. Durch eine ganz großzügige Auf­klärung sollten alle Volksgenossen erfaßt und mit den Gefahren des Alltags, der Straße, des Berufs, des eigenen Heimes usw. vertraut ge­macht werden. Bei Aufzählung der einzelnen Schadensquellen wird u. a. auch auf die Selbst­morde verwiesen. Wertvolle Volksgenossen müß­ten davor bewahrt werden, in Verzweiflung zu geraten. Es war z. B. nachgewiesen, daß 50 Pro­zent aller Frauenselbstmorde auf Heiratsschwind­ler zurückzuführen sind. Es müsse gelingen, auch hier Wandel zu schaffen und unsere weiblichen Volksgenossen vor allzu großer Vertrauensselig­keit fremden Manschen gegenüber zu warnen.

Sieben Güterwagen entgleist

Unfall auf der Strecke LüneburgUelze Altona, 4. Oktober.

Laut Mitteilung der Reichsbahndirektion Al­tona entgleisten am Mittwoch abend auf der Strecke LüneburgUelzen sieben Wagen eines Güterzuges. Beide Hauptgleise wa­ren vorübergehend gesperrt. Der Fernverkehr mußte vorübergehend umgeleitet werden. Die Ur­sache der Entgleisung konnte noch nicht festgestellt werden.

Die Ermordung des mexikanischen Präsidenten Obregon am 17. Juli 1928 beschäftigt in Mexiko erneut die Oeffentlichkeit. Am Mittwoch begann ein Prozeß gegen zwei Angeklagte, die beschuldigt werden, an der Verschwörung zur Ermordung Obregons teilgenommen zu haben, einen Pater namens Jimenez und einen gewissen Manuel Trejo Morales.

Wichtiges - kurz gesagt

Reichsmintster Rüst besucht Budapest. Reichs­minister Ruft trifft am 7. Oktober zum Besuch des ungarischen Kultus- und llnterrichtsministers Homan in Budapest ein. Er wird mehrere Tage in Budapest verbringen, um die kulturellen Ein­richtungen Ungarns kennenzulernen.

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Vredow Berliner Polizeivizepräsident. Der preu­ßische Ministerpräsident hat den Regierungs­direktor Bredow, der bereits seit Juli d. Js. die Geschäfte des Polizeivizepräsidenten kommissarisch verwaltete, nunmehr endgültig zum Vizepräsi­denten des Polizeipräsidiums in Berlin ernannt.

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Prüfung des Wahlergebnisses. Zur Prüfung des Abstimmungsergebnisses bei der Reichstags­wahl und Volksabstimmung am 12. November 1933 ist eine Sitzung des Wahlprüfungsgerichtes auf Sonnabend, den 13. Oktober 1934, vormittags 11 Uhr, im Reichstagsgebäude anberaumt worden.

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Auf der Konferenz der englischen Arbeiterpartei in Southport wurde in der Mittwochsttzung der Vorsitzende der sozialistischen Liga, Sir Stafford Cripps, zum ersten Male in den nationalen Voll­zugsausschuß gewählt.

Verschwundene Bordbücher. Die Sportkom­mission des Eordon-Benet-Fluges hat bei den Sowjetbehörden um Nachforschungen nach dem Verbleib der Bordbücher der BallonsDeutsch­land",Zürich" undKosciuszko" gebeten, die in Leningrad bzw. Woronesch zur Post gegeben wur­den, seitdem aber spurlos verschwunden find.

Druck uv0 Verlos: X8-dsnvsrlon tzVcssr-Dws, 2vs!s- vicäcilsssllvs Lrswsii. Verlos Usr Drswsr weitaus. Vsrioesäirsktor: Dr. Ikartta Lebe Rrswso.

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Dach in unserer Leit

Gedanken zürn Dachfest in Dremen

Keineswegs ist Johann Sebastian Bach, der große Thomaskantor, ein Komponist ohne Publi­zität, aber leider werden nur immer ganz be­stimmte Werkgruppen zur Diskussion gestellt: Orgelfantasien, Chorwerke. Seine Lieder, die ent­zückenden weltlichen Kantaten, die herrlichen Suiten, die Cembalokonzerte, die Biolin-Solo- sonaten, sind noch nicht Allgemeingut des deutschen Volkes geworden. Man bedenke, wieviel Jahr­hunderte hindurch die Gestalt Johann Sebastian Bachs im Herzen unseres Volkes lebt, er, der große Meister, der 1685 geboren, ein Leben durch­lebte. das legendäre Färbung annahm. Die deut­sch« Bachgesellschaft in Leipzig, in deren Vorstand bedeutende Bachforscher und Bachinter­preten sitzen, man denke an Fritz Stein, Arnold Schering, an den Thomaskantor Karl Sträube, ist bemüht, die Kunst Bachs in das Volk zu tragen und seine klassischen Werke, die sozusagen das Varockzeitalter ausmachen, dem modernen Men­schen innerlich nahezubringen.

Wenn wir uns bei Bach mit seiner inneren Bekenntniszugehörigkeit beschäftigen, wenn wir das Theologische, das in seinen kirchlichen Werken tief vergraben ist, übersehen wollen (jedoch nie­mals übersehen dürfen), dann müssen wir sagen, daß der gesamte Komplex der Bachschen Kunst unbedingten heroischen Charakter trägt. Und zwar den heroisch«,, Charakter, der das Revo­lutionäre mit dem ethisch-religiösen Moment (nicht dem Kirchlich-Konfessionellen) verbindet. Man kann sagen, daß Johann Sebastian Bach. oer bescheidene Jünger Dtedertchs Buxtehudes zu dem er nach Lübeck zog, um seine große Orgel- kunst in der Marienkirche zu hören, mit höchster Disziplin und innerer Sauberkeit seine Werke schuf, mit den kleinen Mächten seines Zeitalters innerlich abrechnete und eine ganz neue Form der Komm siticnskunst, der musUaliichen Denkweise sch.is d, M:»«n sagen, daß ien, Komponist aus

der Erde vor ihm und nach ihm eine so bildhafte Zusammenzwingung musikalischer Tendenzen und Gedanken erreicht hat wie Johann Sebastian Bach. Er hat mit aller dogmatischer Trockenheit aufgeräumt und einen reinen, idealen Musikwillen angestrebt.

Unser Zeitalter muß auf I. S. Bach noch stärker zurückgreifen, denn seine gotische Musik ist nicht nur voll symbolischer Bedeutung, sondern voller re­volutionärer Offenheit: Echt deutsch, lebendig, ein plastisches Standbild einer neuen Weltanschauung! Seine I1-Moll-Messe, ein Beweis glanzvollen Sieges über jedes irdische Ringen, ist das Spie­gelbild seines unermüdlichen schaffenden Gottes­geistes. Der starke Wille zum Monument, die Disziplin in seinen Fugen, der elementare Schwung erheben ihn über seine Zeit. Meister Johann Sebastian Bach ist jene archite.ktonifche Gestal­tungskraft eigen, die unserem Zeitalter zugrunde liegt. Die tägliche Erinnerung an einen Heronen des Geistes wie Bach kann dazu beitragen, daß sich seine Gestalt noch stärker im Volke ausbreitet. In den nächsten Tagen findet das 21. Deutsche Bachfest in Bremen statt, über dessen Ver­lauf wir einzeln Bericht erstatten werden. Die Bachgesellschaft hat seit Jahren das umfassende Werk des Thomaskantors in seinen Einzelteilen herausgestellt und durch Konzerte, Herausgabe von Werken und Vortrügen auf die llniversalkunst Bachs hingewiesen. Auch das diesjährige Festpro­gramm will mit seltenen Werken des Meisters und mit Kompositionen seiner Zeitgenossen wie Böhm Calvisius Praetorius bekannt machen. Auch Alt- nicol, der Schwiegersohn des großen Kantors, dem Bach seine» letzten Choral in die Feder diktierte, wird mit einer Motette zu Wort kommen.

Das Bild Johann Sebastian Bachs isthisto­risch gesehen mit großen, scharfen Zügen fest­

gelegt. Spitta und Albert Schweißer haben in ihren Büchern das Absolute der Bachschen Leistung herausgestellt. Hermann Abert hatte bereits das Gerüst zu einem großen Bach-Werk fertig und Wolfgang Eraesser, der dieKunst der Fuge" neu instrumentierte, schied als Zwanzigjähriger aus dem Leben. Auch Abert mußte seine Bacharbeit als Fragment zurücklassen. Das Verhältnis des deutschen Menschen zur Formwelt Johann Se­bastian Bachs, zur kämpferischen Lebensanschau­ung in seinen wundersamen Werken muß noch in- niger werden. Bach hatte eigentlich nur Stun­den der Inspiration; denn wenn man an den Hunderten von Partiturseiten abmißt, was dieser Wundergeist geschaffen bat, dann muß man sagen, daß er tatsächlich der geistige Exponent seiner Zeit ist. Joh. Sebastian Bachs Musik ist tief im Deutsch­tum verwurzelt. Er hat eine einmalige geistige Leistung vollbracht, die aus dem deutschen Boden wuchs. Seine Musik ist stammesgebunden. der schweren Atmosphäre des Mittellandes entwachsen. Auch wenn man von: nördlichen und südlichen Bach spricht, so überwiegen dennoch in seinen Kompositionen der herbe, männliche Charakterzug. die straffen Formen. Wir müssen Bachs gesamte Gestalt in unser Fühlen und Denken restlos hin­eintragen und seinen umfassenden Geist in unser heutiges Leben stellen.

Staatstheater. In der UraufführungAnne­marie gewinnt das Freie" spielt Inge Wachen- dorfs die Titelrolle, Senta Esser von Levetzow eine Schwiegermutter und Kommerzienrätin, Eva Sommer eine Schwägerin der Annemarie und Eva Fiebig eine Verwandte der Familie Dank- wart. Die tragende männliche Rolle hat der neu- verpflichtete Schauspieler Paul Riedy übernom­men. Als Haupt der Familie Dankwart tritt Her­bert Sebald auf, als Sohn der Kommerzienrätin Philipp Orlemann und als Maler Hellfritz: Gerd Keller. Josef Müller beschließt als Familienarzt Dr. Knauff das für diese Uraufführung beson­ders sorgfältig zusammengestellte Ensemble.

Der Dachspieler Henri Marteau ^

Der Geiger Henri Marteau (sprich: martoh) ist in der Nacht zum Donnerstag im 61. Lebens­jahre gestorben.

Marteau war Franzose, der nicht nur Deutsch­land viel zu verdanken hatte, sondern der auch, wie so mancher französische Musiker, wie Eounod zum Beispiel, erst durch die Begegnung mit der deutschen Musik und durch die Schule der deutschen Musik groß wurde. Am 31. März 1874 zu Reims geboren, studierte er im Konservatorium Paris bei den Geigern Leonard und Earcin. Ein deut­scher Musiker ebnete ihm den Weg in die bekann­testen europäischen Konzertsäle: Hans Richter, der in der Hauptstadt Englands seine Richard- Wagner-Konzerte zu Mittelpunkten des Londoner Musiklebens Ende des vorigen Jahrhunderts ge­macht hatte, lud den begabten jungen Franzofen zu Konzerten ein. Von London brachte er ihn auch nach Wien. Damals war Marteau noch Schüler. Aber Hans Richter erkannte seine große Bega­bung, durch ihn kam er auch nach Deutschland und entwickelte sich zu dem, als der er sich einen Namen gemacht hat in der Welt. Marteau wurde einer der besten Bach-, Mozart- und Beethoven­spieler. Konzertreisen führten ihn durch Europa und Amerika. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Lehrer am Konservatorium in Genf wurde Mar­teau der Nachfolger Joachims an der Königlichen Hochschule für Musik in Berlin Am 1. Oktober 1918 wurde er als französischer Offizier seines Amtes in Berlin enthoben.

Marteau ist auch als Komponist hervorgetreten. Er hat Kammermusikwerke geschrieben sowie ein Violin- und Cellokonzert.

400 5uhre -Tutherbibel

Anläßlich des Vierhundertjahr-Jubiläums des ersten Drucks der vollständigen Lutherbibel im Jahre 1534 zeigt die Leipziger Universitäts- Bibliothek im Rahmen der Leipziger Kulturwoch-e jamtliche von 1822 bis 1546 erschienenen Drucke und Nachdrucke sowohl d-r ganzen Bibel, als an^ einzelner Teile derselben. Außerdem werden auch

die von Luther benutzten Vorlagen gezeigt, der hebräische Urtext in Photos aus Luthers Hand­exemplar mit handschriftlichen Bemerkungen Luthers, sowie ein Exemplar des von Erasmus herausgegebenen Neuen Testaments im griechi­schen Urtext. Von den deutschen Vorlagen, die Luther nachweislich verglichen hat, ist die hoch­deutsche Bibel Günther Zainers zu sehen. Luthers .Sendbrief von Dolmetschen" ist in zwei Aus­gaben vertreten. Als erste Drucke von Luthers Vibelverdeutschung werden die bei Melchior Lotter im Jahre 1522 gedruckten beiden Ausgaben des Neuen Testaments mit Illustrationen von Lucas Cranach dem Aelteren und seiner Schule gezeigt. Das Hauptstllck der Sammlung ist das zweibändige Exemplar der ersten von Hans Lufst in Mittenberg gedruckten vollständigen deutschen -utherbibel. Ferner sind zu erwähnen Exemplare vollständiger Foliobibeln mit Illustrationen, die erste zweispaltige Ausgabe, eineKurfürsten­bibel", und schließlich zwei Exemplare von Bibel­drucken, die bei Lebzeiten Luthers begonnen, aber erst nach seinem Tode fertiggestellt wurden.

Magdeburg feiert Dichard Wagner

Im Oktober 1834 trat Richard Wagner sein Amt als Musikdirektor in Magdeburg und damit sein erstes eigentliches Theaterengagement an. Er begann seine Tätigkeit mitDon Giovanni" und beschloß sie zwei Jahr« später mit der Urauf­führung seiner OperDas Liebesverbot". Der Leiter der Magdeburger Städtischen Bühnen, Generalmusikdirektor Böhlke, wird zusammen mit der Stadt Magdeburg und der Ortsgruppe des Richard-Wagner-Verbandes Deutscher Frauen, die gleichzeitig ihr 25jähriges Bestehen feiert, die hundertste^ Wiederkehr dieses Tages zum Anlaß einer groß angelegten Wagner-Ehrung nehmen. Zu den Veranstaltungen hat Oberbürgermeister Dr. Markmann zahlreiche prominente Gaste ein­geladen Frau Winifred Wagner hat ihr persön­liches Erscheinen bereits fest zugesagt. Die Feier selbst findet statt am 20. und 21. Oktober. Die Veranstaltungen werden zum Teil durch den Reichssender Hamburg übertragen.