Dr«s« ZelüM
Mittwoch, den 3. Oktober 1934
Nr. 273 Jahrgang-34
il
Sie AnierMMA sesen A'allMann
-o/KÄ/Me /ricki ru oerreick/re/r
Newyork, 2. Oktober. Ätz des Eifers, mit dem die Untersuchung gegen in verhafteten Hauptmann geführt wird, läßG nicht behaupten, daß es gelungen ist, zwischevem Verdächtigen und der Entführung im HaulLindberghs einen einwandfreien Zusammenhalherzustellen. Der New- yorker Rechtsanwalt Fostiußerte sich heute vor Pressevertretern über Feststellungen in der Banknotenfrage. Es haue sich darum, ob von Hauptmann Banknoten pusgabt worden sind, die aus dem Lindberghfn Lösegeld stammen. Diese Scheine waren deutlich gekennzeichnet. Festgestellt ist bisher nur, ß Hauptmann am 13. März 1933 einen Betraion mindestens 1839 Dollar in Eoldnoten od in Goldmünzen bei einer Bank deponiert bzwngetauscht hat.
Es gelang aber nicht, ;n Nachweis zu erbringen, daß die Betr e aus dem Lösegeld stammen. Die Swanwaltschaft bemüht sich zurzeit, noch eine andtVankeinzahlung aufzuklären. Der in Rede ende Betrag wurde von einem im übrigen uipnnten I. I. Faulk- ner bei einer Bank in Vewrung gegeben. Später stellte es sich heraus,« die von Faulkner in Zahlung gegebenen Sche aus dem Lösegeld stammen mutzten. Die Unthrift des geheimnisvollen Einzahlers auf ds Bankdepotschein ist untersucht worden. Eine Handschrift Hauptmanns funden werden. >
Es werden dauernd Peren verhört, die mit Hauptmann Umgang gehaLben. Als Unterlage diente am Montag u. a. i Photographie aus dem Jahre 1932, die Hauimn inmitten einer Gruppe von Freunden bemem Ausflug zeigt. Sämtliche dargestellten Per n sind von der Polizei ermittelt worden. E'n ser Troß von Handwerkern ist von der Polizei angezogen worden, um in Hauptmanns Wohn eine nochmalige Durchsuchung vorzunehmen e so gründlich ist, daß stein Stück der Waiselung an ihrem Platze blieb. Auch die Abzmhren und ähnliche etwaige Verstecke blieben t unbeachtet. Im
hnlichkeit mit der ute jedoch nicht ge-
Garten in der näheren Umgebung wurde das Gesträuch beseitigt und unter sämtlichen größeren Steinen wie unter den Wurzeln der Bäume nachgegraben.
Der Gouverneur des Staates New Jersey, auf dessen Gebiet ursprünglich die Entführung stattfand, hat jetzt erklären lassen, daß er von Newyork die Auslieferung Hauptmanns verlangen wird, noch ehe diesem dort der Prozeß wegen Erpressung gemacht werden kann. Die Staatsanwaltschaft von New Jersey hat erklären lassen, der Verdacht gegen Hauptmann habe sich erheblich verstärkt. In der Zeit vom Sonnabend bis Sonntag sei wesentlich neues belastendes Material beigebracht worden. Nähere Mitteilungen darüber würden der Presse aber verweigert.
Der Zeitung ,,Herold Examina" zufolge suchen Bundesbeamte nach einem Ingenieur namens William Dannis, der Hauptmann in der Ent- sührungsnacht wenige Meilen vom Lindbergh- Haus entfernt gesehen und ihn nach den kürzlich in der Presse veröffentlichten Bildern wiedererkannt haben will. Hauptmann soll von seinem Auto aus Dannis um eine Luftpumpe gebeten haben. In Begleitung Hauptmanns seien eine etwa 39jährige Frau und eine dritte Person, anscheinend ein in ein« Pferdedecke gehüllter Mann, der irgend etwas unter dieser Pferdedecke verborgen hielt, gewesen.
Des Läse De/r/ik se/»nüen
Der im Zusammenhang mit der Lindbergh-An- gelegenheit gesuchte Zeuge William Dennis ist inzwischen ermittelt worden. Er sagte aus, daß er Hauptmann nach Photographien als den Mann wiedererkenne, dem er in der Entführungsnacht beim Aufpumpen eines Kraftwagen-Reifens geholfen habe. In dem Wagen habe eine blonde Frau gesessen, außerdem noch eine dritte Person, die ein Bündel im Arm zu halten schien.
M ve/Mi/erttt/rse/r tiHawm Ae/Le/r
Warschau, 2. Oktober. Z«r Verhaftung des Barons Nelken, der beschul wird, riesige Unterschlagungen zugunsten des vor einigen Tagen velrbenen Grasen Jakob Potocki begcir zu haben, wer- den folgende Einzelheiten bckt: Im Juli dieses Jahres erhob die Eutsvestung des Grafen Jakob Potocki gegen die beideineralbevollmäch- tigten Potockis, zwei Briider^mberg, Anklage wegen Unterschlagung. Die lpalbevollmächtig- ten hatten eine Reihe von Traktionen vorgenommen, aus denen sie Lberigroße Gewinne zogen und hatten außerdem Ämensummen in Bargeld unterschlagen. Die Gessumme der Unterschlagungen wird, wie gerne! mit 19 Millionen Zloty beziffert. Vor der Hftung konnten die Generalbevollmächtigten Px Rosemberg aus Polen fliehen. Der eine Br ist inzwischen verstorben, der andere machte iistis ein Bankgeschäft auf. Erst in den letzten wurde festgestellt, daß der jetzt verhaftete Hu Nelken mit den Brudern Rosemberg zuizengearbeitet hatte. Nelken konnte im Hotel ^ftet werden, unmittelbar vor der Abreise aus ^n.
An cker AnMckttMe in ^ase/r
Das Oel beginnt wieder zseßen Nienhagen, 2. Oktober. DieVraiastrophe an der Bohrung 22 ist hier noch irmhas einzige Gesprächsthema. Allgemein komidi« tiefe Trauer um die fünf Ledaue'rnsuä Arbeits- kameraden zum Ausdruck, die den Hellen Naturgewalten zum Opfer fielen. Diesliicksstätte
ist in einem Umkreis von 199 Metern ein Trümmerfeld.. Die Aufräumungsarbeiten sind in vollem Gange. In fieberhafter Eile wurden kleine Gräben gezogen, die sich ball) mit dem schwarzen, zähflüssigen Rohöl füllen, das in der Nacht zum Montag zu fließen begonnen hat. „Die Bohrung ist wieder eruptiv geworden", würde vielleicht zu viel sagen, aber mit dem Aus- bruch muß über kurz oder lang doch gerechnet werden.
Am Montagvormittag traten im Verwaltungsgebäude die Vertreter der Bergbehörden, Sachverständige und verantwortliche Leiter der Gewerkschaft Nienhagen zu einer Sitzung zusammen, in der die Vernehmungen sowie die Pro- tokollierungen der Aussagen über den Hergang des Unglücks erfolgten. Die eigentliche Ursache des Unglücks wird. wohl niemals ergründet werden. Vielmehr wird man sich mit den bekannten Annahmen abfinden müssen.
Zur Niederzwingung des Brandes ist noch folgendes zu sagen: Das Bohrloch hat sich durch Sand oder steiniges Eeschwemme verstopft. Das war für das erfolgreiche Eingreifen mit dem Schaumlöschverfahren die Voraussetzung, weil dadurch der Gas- und Oelausbruch vollkommen unterbunden wurde. Hinzu kam, daß sich der Drehtisch, mit dem das Gestänge getrieben wird, infolge der Hitze etwas geneigt hat. Hierbei ist das Hohlgestänge offenbar geknickt worden. Durch diese doppelte Abdrosselung wurde der Sondenbrand zu einem Oberflächenbrand, dessen Ablöschung dann erfolgte.
AH k
Die Jagd und die Fischerei im Monat Oktober
Die Rothirsche begannen Heuer früher als sonst zu schreien, stehen jedoch Anfang Oktober noch in voller Brunft. Um den 29. Oktober treten die Damschaufler in die Brunft. Die Verfärbung des Rot-, Dam-, Reh- und Eamswildes ist im Gang oder sogar schon beendet. Rehböcke, die sich nun von der Brunstzeit schon ziemlich erholt haben, dürfen noch in den meisten deutschen Ländern geschossen weiden, in Bayern und Thüringen jedoch setzt die Schonzeit für Rehböcke bereits am 1. Oktober ein. Am 16. Oktober beginnt in der Mehrzahl der deutschen Länder die Schutzzeit für weibliches Rot- und Damwild und Rot- und Damwildkälber.
In einigen Ländern sind im Oktober schon Rehgeißen und -kitze zum Abschuß freigegeben. Am 1. Oktober endet auch fast überall die Schonzeit des Hasen, im rechtsrheinischen Bayern, in Württemberg, Hessen und Thüringen erst Mitte Oktober. Wo die Jagd auf Fasanen noch nicht offen ist, geht sie, wie in Preußen und Sachsen, am 1., oder wie in Hessen und Thüringen am 16. Oktober auf. An schönen, sonnigen Oktober-Tagen kann man noch auf die nur gut ausgewachsenen vollwertigen Rebhühner jagen, die bei einiger Deckung auch ziemlich festhalten und eine begehrte Beute bilden. Ebenso bieten die jetzt schußreifen Fasanen bei der Suche und beim Buschieren Gelegenheit zu einer genußreichen Jagdausübung. Dagegen sollte — wie „Der Deutsche Jäger", München, schreibt — mit dem Abschuß von Hasen erst Lei eintretender kälterer Witterung begonnen werden; denn an warmen Tagen leidet der Geschmack des Wildbrets und die Gefahr, daß Hasen, vor allem bei unsachgemäßer Verpackung, auf dem Transport verderben, ist zu groß. Sauen können bei Eichel- oder Vuchelmast auf der Pirsch erlegt werden. Mancherorts lohnt sich auch die Suche nach Schnepfen oder ihr Abschuß auf dem Abendstrich. Noch mannigfaltiger gestaltet sich das Oktoberwaidwerk durch die Jagd auf Wildtauben, Bekassinen, Enten und Wildgänse.
Ende Oktober beginnen nunmehr die Wald- treibjagden, und die bunte Strecke wird häufig durch Waldschnepfen vermehrt, die sich im Durchzog befinden. Neben reichen Waidmannsfreuden erwachsen im Oktober auch Hegepflichten im Hinblick auf die kommende kalte Jahreszeit.
Aesche, Barbe, Barsch, Hecht, Regenbogenforelle, Schied und Zander beißen noch gut. Vachsaibling, Forelle und Seeforelle laichen. Seeforelle und Bachsaibling genießen Schuh. Ab 16. Oktober mutz auch der Lachs geschont werden.
UM-, FltvtÄE ...
Nächtlicher Spuk aus dem Kartoffelacker und dabei doch kein Felddiebstahl!
Einwohner eines in der Nähe liegenden Ortes beobachteten auf einem Kartoffelacker um Mitternacht eine schwankende Gestalt, die offensichtlich unter großen Mühen und in starkem Zickzackkurs einen gestillten Kartoffelsack zu transportieren versuchte. Erst bei näherer Betrachtung der in dem fahlen Mondlicht gespenstisch erscheinenden Gestalt wurde festgestellt, daß ein Mann hier zu diseser immerhin ungewöhnlichen Stunde seine Ernte einbrachte.
Vorher hatte der Mann sich einige „gegönnt", was ihm jetzt die Arbeit sehr erschwerte. Doch sein Gehorsam muß von jedem bewundernd anerkannt werden; die Frau des Mannes hatte diesem nämlich gesagt, als er sich anschickte, seinen Durst zu löschen: „Du kommst mir nicht nach Hause, ohne vorher die Kartoffelsäcke vom Acker in den Keller geschafft zu haben!" Wie man sieht, hält dieser Mustergatte es mit dem Wort«: Ich bin der Herr im Hause, und was meine Frau sagt, wird gemacht!
kisckierliucke
Im Mittelpunkt standen Neuwahlen. In der Gastwirtschaft Heißenbüttel hielt die Wümme- Genosfenschaft im ehemaligen Kreise Achim unter der Leitung des Genossenschastsvorstehers Brettmann eine gut besuchte Versammlung ab, in deren Mittelpunkt Wahlen standen. Es galt
für die folgenden sieben turnusmäßig ausscheidenden Vorstandsmitglieder neue Herren zu wählen, außerdem für drei weitere verstorbene Mitglieder. Zu Ehren der Dahingegangenen, Hoops - Fischerhude, Junge- Oberneuland und M u r k e n - Borgfeld, erhob sich die Versammlung von den Plätzen. Satzungsgemätz schieden aus: Johann M ll l l e r - Fischerhude, Klaus
Vlanken-Fischerhude Nr. 14, D- Hoops- Fischerhude, Lür H i l k e n - Vorgfeld, Jakob Jacob s - Borgfeld, Georg K a h r s - Quelkhorn und Ludwig Eiese - Ottersberg. Diese wurden sämtlich bis auf Lür Hilken, der wegen Arbeitsüberlastung gebeten hatte, von einer Wiederwahl Abstand zu nehmen, wiedergewählt. An seine Stelle wurde H. Behrens- Butendiek in den Vorstand berufen. An Stelle der Verstorbenen wurden gewählt H. C l ü v e r - Oberneuland, Earbade- Borgfeld. Längere Zeit nahm die Ersatzwahl für Hoops in Anspruch. Es waren dafür vorgeschlagen Kreisleiter Peper - Fischerhude, W. Blanken- Fischerhude und Hinrich Vlanken-Fischerhude. Es erhielten Stimmen: Kreisleiter Peper 687, die beiden anderen zusammen 691 Stimmen. Nach den Satzungen muß nun eine Stichwahl stattfinden, deren Termin auf den 13. Oktober festgesetzt worden ist.
Ornithologen an die Front! In unserem Moor und dem bewaldeten Weyerberg gibt es noch eine ganze Reihe von Vögeln, die anderswo kaum mehr angetroffen werden, weil sie nicht die ungestörten Orte finden wie hier. In einem Verzeichnis in der Jugendherberge haben die verschiedenen Besucher ihre Beobachtungen vermerkt. 43 Arten sind dort bereits verzeichnet. Besonders die gefiederten Bewohner der weiten Wiesen- flächen zählen dabei zu den interessantesten, wie Rotschenkel, großer Brachvogel, Kampfläufer, Rohrammer, Wiesenpieper und Bekassine. Aber auch Turmfalke und Kleiber sind bemerkenswerte
Bewohner unseres Ortes. Sicher ist mit der bisherigen Zusammenstellung die Liste noch nicht vollständig. Es wäre eine dankbare Aufgabe für die pogelkundigen Einwohner, die hiesige Vogelwelt, die doch ein Stück der Heimat ist, eingehend zu beobachten und so ein vollständiges Bild unseres Vogellebens zu geben. Die Zeit des Herbstzuges reizt zu solchen Beobachtungen.
tzVilüesIiaurei»
Die Arbeiten beim zweiten Huntedurchstich beendet. Nachdem die Kanalisationsarbciten in der Straße „An der Hunte" beendet worden sind, wurden auch die restlichen Erhöhungsarbeiten zu Ende geführt. Durch den zweiten Huntedurchstich und die Schaffung der Seeanlage ist nach der Erhöhung ein schönerPlatzvorderVurgwiesebei Wildeshausen geschaffen worden. Die Transportmittel sind zusammengestellt und werden jetzt abtransportiert, ebenfalls der große Greifbagger, der in den letzten Tagen bei der neuen Badeanstalt noch verschiedene Stubben und Strauchwerk herausgeholt hat, so daß Wildeshausen damit gegenüber der früheren Badeanstalt ein vorbildliches Bad hat.
Lrinicrrin
Die, die zweimal säte», können lachen. In unserer weiten Umgegend ist wegen Trockenheit im Juli die erste Bohnenernte sehr schlecht aus- gefallen, so daß an Einmachebohnen ein großer Mangel eintrat. Diejenigen Gemüsebauer, die rechtzeitig zu einer zweiten Aussaat schritten, haben nun noch einen sehr guten Erfolg, da die mehrfach niedergegangenen Regenschauer die Pflanzen recht gut gedeihen ließen, lleberall werden jetzt von der zweiten Bohnenernte sehr gute Erträge nach Haus geschafft. Die Früchte sind recht zart und schmackhaft und bereiten der Hausfrau viel Freude.
Land unterm Erntekranz
Fest- und DankeöMmmung überall
Was sich am Sonntag auf dem Bückeberg abgespielt hat, das hat sich tausend und aber tausend- fach in den Dörfern und Flecken des platten Landes zugetragen. Wohl kleiner und geringer an Aufwand, doch nicht an Ehrfurcht und Stille vor solcher Stunde, in der ein Volk an den Altar trat!
Es wäre zuviel des Guten, wollte man beginnen, den Ablauf des Festes hier und da zu schildern. Die Führerrede war überall die Sonne, die auch in den Dörfern Niedersachsens den Erntebaum und den Sinn zur frommen Einkehr versammelter Menschen umwärmte. Es bedarf keiner Frage oder Hervorhebung, daß die Landbevölkerung den Rahmen zu dieser Feststunde, dem meist ein Erntewagen-Umzug die reizvolle Note gab, prächtig auszugestalten gewußt hat.
Wir wollen an dieser Stelle gleichsam nur als Streiflichter drei Berichte verwenden und damit einen Nach- und Ausklang als Abschluß eines großen und herrlichen Tages geben, dem unser« Erinnerung gilt.
Verben. Im Rahmen des Erntedankfestes wurde neben der Verdener Rennbahn der Dank st ein für den verstorbenen Reichspräsidenten enthüllt. Der Stein hat in einem kleinen, neu angelegten Hain, der den Namen St.- Hubertus-Hain erhalten soll, Aufstellung gefunden. Er trägt in der Handschrift des verstorbenen Reichspräsidenten die Aufschrift: „Den Reitern und den deutschen Pferdezüchtern meine besten Grüße und meine besten Wünsche — von Hinden- burg." — Am Vormittag bewegte sich unter Vor- antritt der Musikkapelle der Reitenden Abteilung Verben ein endlos langer Zug von Erntedankwagen durch die Straßen der Domstadt. Darin war neben dem Nähr st and auch der Wehrstand vertreten. Ferner nahmen die vaterländischen Verbände, die Deutsche Arbeitsfront und der Freiwillige Arbeitsdienst an dem Festzuge teil. Den ersten Preis für die festlich geschmückten Erntewagen errang das Heidedorf Kirchlinteln.
Delmenhorst. Nach Beendigung des Gottesdienstes holte die Hitler-Jugend den schön geschmückten Erntedankbaum ein und brachten ihn auf dem Hindenburgplatz zur Aufstellung. Die Jungkapelle konzertierte und die Mädels zeigten ihre Volks-, Bauern- und Erntedanktänze. Zahlreiche Zuschauer hatten sich dazu eingefunden.
Achim. Schon am frühen Morgen tönten Po- saunenklänge feierlich über die Dächer, und der Kirchgang rief weite Kreise der Bevölkerung in die Kirche. Bald nach Mittag rollten dann festlich-schöne Erntewagen mit fröhlichen Insassen dem Orte zu. Vor dem Schützenhof wird der Festzug zusammengestellt. Hier drängt sich eine schaulustige Menge. An jedem Anzug, an jedem Kleid prangt das farbenfrohe Abzeichen des Tages, von jedem Hause wehen die Fahnen und die Sonne bricht durch die Wolken. Als sich der Festzug in Bewegung setzt, ist der Himmel klar. Voran die Musikkapelle des Sturmbanns, dann die Fahnen, dann alle Organisationen, viel bewundert auch die Spielmöpse des Jungvolkes, und dazwischen die Festwagen des Landstandes aus Achim, Embsen, Vi erden und Borstel. Auf dem Lordschen Hofe wird Halt gemacht. Hier empfängt der Besitzer, Bauer Osmers, den Zug mit schlichten Worten, in denen er dem Dank gegenüber dem Führer Ausdruck gibt, der heute das Herz des deutschen Bauern erfüllt. Jungbauern fordern dann mit alten Sprüchen den Erntekranz. Er erscheint, fleißige Hände haben ihn mit Liebe gebunden. „Nun danket alle Gott", spielt die Musik, und alle singen mit. Unter Vorantritt des Kranzes setzt sich der Zug wieder in Bewegung, durch andere Straßen, dem Festlokal zu. Ortsgruppenleiter Pg. W. Rieke ergreift das Wort. Er erinnert an den 1. Mai, den wir auch in solcher Gemeinschaft feierten. Zum ersten Male nach langen Jahren wird in Achim ein Erntefest begangen, alle nehmen daran teil, denn alle haben teil daran, daß die Ernte unter Dach und Fach gekommen ist. Dann wurde der Kranz in den Saal gebracht und der Zug löst sich auf. Alle eilten nach Hause, um die Rede des Führers durch den Rudnfunk mitzuerleben- Abends beschloß ein Ernteball den Tag.
Der heroische Dichter der äizosen
Zum 259.Todestage von Corneille ^Oktober
Corneille war und ist einer der Nallzuvie- len französischen Dramatiker, die ^ Deutschen ohne weiteres zugänglich sind. -eiste ist seit Jahrhunderten in Deutschland eh geliebt und geschätzt wie in Frankreich, freikeniger bekannt, was nicht nur von vielen sLen und ungenügenden Ilebersetzungen komntz,ndern auch davon, daß Corneille in Deutschlä-st unausführbar ist. Das klassische DramalFran- zosen als Formprinzip ist für uns aungsihne unerträglich und konnte nie heimisch
Man ist es gewohnt, Corneille ini ohne weiteres mit Racine und anderen tstgßen Dichter des vierzehnten Ludwig zu nem Das trifft bei Corneille noch in weit höhey^aßx nicht zu als bei Racine. Seine ganz li^He Entwicklung, seine beste Schaffenszeit fH die Zeit vor des Königs Thronbesteigung, stUri nach gehört Corneille dem Zeitalter oopnng an, mit seiner ganz anderen, freieren, sxen und kühnen Struktur. In hoher Gunst si^m Corneille bei Ludwig XIV. nie gewesen,Hss Sechzigjäriger bekam er eine ganz kleirhg, liche Pension und diese so unregelmäßiges noch aus seinem letzten Krankenlager eiim, teroention bedurfte. -
Bekannt geworden ist der Ausspruch Helena: „Ich hätte einen Dichter, wie Cste zum Fürsten ernannt". Es waren ja Ix Männer wie Corneille, die Napoleon wß, seiner kaiserlichen Zeit vergebens suchte, ^ iördern zu können, Dichter des Heroischen, preisn des römischen Heldentums, die niH blutleere Schemen auf die Bühne stellten, so, lebendige Menschen, die in der Sprache Zeit jene Haltung verkörperten, die Napoleoi die allein männliche und würdige erschieneiH
Es ist deshalb weder ein Zufall, noch ein A der, daß in den letzten Jahren vor dem gr Krieg Frankreich eine wahre Corneillq naissance erlebte. Die französische Jugend, s Maurice Barre. Peguy und anderen mächtig c gerüttelt und ganz und gar im Fahrwasser er neuen, fast religiösen Nationalismus — letz
hatte man in Deutschland keine Ahnung davon und hielt diesen „Geist" für eine literarische Mode — liebte und verehrte in Corneille einen der großen französischen Dichter, die ihr Bestes der „Milch der Wölfin" verdanken.
Werke, wie der „Eid", „Haroce" und „Cinna" sind Meisterwerke des französischen klassischen Dramas, die jeder Gebildete kennen muß und sogar gut kennen sollte. Was ein großer Dichter innerhalb der furchtbaren „Regeln" leisten konnte, hat Corneille geleistet, er hat beileibe nicht nur schöne Verse geschmiedet, sondern Dramen voll Blut und Leben geschrieben. Die Helden Corneilles sind große Gestalten, die man nicht so leicht vergißt. Sie haben eine knappe, schlagende Ausdrucksweise — „Lozrovs awis, Olims.!" — sie haben alle jenen innerlichen Dämon, der sie vorwärts und weiter treibt, sie kämpfen mit den heftigsten Versuchungen. Mit zu den schönsten Stellen in den Dramen von Corneille gehören die großen Monologe, in denen große Seelen sich selber bloßlegen.
So geht Corneille durch die Jahrhunderte in Frankreich als ein großer Mahner, eine ragende Säule der lateinischen Tradition, denn „Klassizität" bedeutet dem Franzosen nicht nur Formprinzip, sondern eine klare und unverrückbare geistige Haltung, die immer stärker war und entscheidender als alle romantischen Seitensprünge der französischen Literatur.
Man muß Gestalten wie Corneille und viele andere genau kennen, wenn man Frankreichs Geisteshaltung auch der Gegenwart wirklich verstehen will. Kurt Immpsrt.
Englands geheimnisvollsterHerzog
Erst jetzt, nachdem die Gruft des Herzogs von St. Albans schon wieder geschlossen ist, erfährt man, daß der Tod den seltsamsten Peer von England holte. Keine Todesnachricht wurde verschickt, kein Trauergast wurde eingeladen. Nur zwei ältere Schwestern des Herzogs hatten sich eingefunden in der alten gothischen Kapelle in Bestwood-Park in Nottingham.
Auch jetzt, nachdem er tot ist, weiß kaum jemand wie alt er wurde, an welcher Krankheit er starb. Er ging von bannen wie sein Leben fast ein
halbes Menschenalter hindurch ganz und gar unbekannt für die große Welt war.
Das ist umso erstaunlicher, als er aus einem berühmten Haus stammt und sich rühmen konnte, ein direkter Nachkomme Karls II. zu sein. 2n den Adels-Kalendern wird man also im nächsten Jahr oder bei der kommenden Drucklegung lesen, daß Charles Viktor Albert Aubrey de Vere Beauclerk, 11. Herzog von St. Albans im Monat September des Jahres 1934 starb.
Es ist tatsächlich das erste Mal, daß man seit 32 Jahren von ihm hört. Damals war er 32 Jahre alt und einer der bestaussehenden und klügsten Peers von England, eine gesuchte Persönlichkeit — aber auf einmal, geradezu von heute auf morgen ein Sonderling. Er vermied seit dem Jahre 1992 jede öffentliche Veranstaltung. Nicht einmal der Krönung des Königs Edward wohnte er bei, was man ihm beim englischen Hof gewiß übel genommen hätte, hätten ihn seine Anverwandten nicht als einen Halb- verrückten entschuldigt.
Man munkelt freilich, er habe an einer mysteriösen Krankheit gelitten, die er sich bei seinen Kolonialreisen zuzog, Sepra oder etwas ähnliches. Tatsache ist, daß er in den letzten Jahren invalid war. Aber die Natur seines Leidens wird die Welt nicht' mehr erfahren.
Seine Besitztümer in Notts, Lince und in Irland verfielen unter Verwaltern, denen niemand auf die Finger sah. Er war nicht verheiratet, er soll nicht einmal verliebt gewesen sein in seinem seltsamen Leben.
Er ergibt sich die erstaunliche Tatsache, daß heute niemand ein Bild des Herzogs hat, daß niemand überhaupt sich noch darauf besinnen kann, wie er eigentlich aussah. Auch die Schwestern sahen ihn nicht mehr lebend. Und ihnen zeigte man den Toten nur durch eine Scheibe im Sarg, die dann mit einer Vleiplatte verschraubt wurde.
Lägen nicht die ärztlichen Totenscheine vor und der Eid seines Kammerdieners, daß der Herzog tot ist, man müßte an eine unheimliche englische Spukgeschichte denken, von dem Toten, der nicht starb, sondern wo anders weiter lebte. Aber hier ging nur ein Einsamer zugrunde — immerhin Englands geheimnisvollster Peer.
Uraufführung in Berlin
Max Dauthendeh: „Die Spielereien einer Kaiserin"
Max Dauthendeh als Dramatiker ist eine merkwürdige Angelegenheit. Dauthendeh gibt nämlich im Drama durchaus nicht sein persönliches, sondern macht eher einen kunstgewerblich-historisierenden Eindruck. Der Exotismus des Würzburger Lyrikers, sein romantischer Impressionismus, sein Fernweh und seine Far- benglut, ja, eben seine eigene Note spielen in diesem historischen Bilderbogen kaum eine Rolle.
Dieser Abend hält sich allein durch Agnes Sträub. Sie gibt eine Lulu im Hermelin, die sich einporliebt. Von der Frau eines schwedischen Reiters zur Geliebten des Fürsten Menschikoss empor zur Zaritza. Nur ist die Sträub eine etwas harte Lulu, irgendwie Mannweib, machtgierig, roh, satanisch. Ihre „Spielereien" gelten Menschikoss, dem Fürsten oder irgendeinem französischen Gesandten. Lebenswahr ist sie, wenn sie in der Wut die zaristischen Manieren vergißt, gemein und ordinär wird: Das natürliche Produkt ihres früheren Standes. Die alternde Sträub verglimmt dann tragisch und resignierend . . .
den Funk eingerichtet wurde, kommt am 4. Oktober im Reichssender Köln zur Uraufführung.
Uraufführung von Sclma Lagcrlöfs „Herrenhossage". Das vieraktige Schauspiel „Herrenhossage", das Selma Lagcrlös aus ihrer gleichnamigen Novelle entwickelt hat, wird vom Deutschen Volkstheater in Wien voraussichtlich im November zur Uraufführung gebracht. Die Uebersetzung aus dem Schwedischen stammt von Elsa Staude (Hamburg). In Wien hofft man auf die Anwesenheit der greisen Dichterin.
Eleonore Vogt nach Mannheim verpflichtet. Die bisher am Stadttheater Hannover tätige Schauspielerin Eleonore Vogt wurde als klassische Sentimentale an das Mannheimer Nationaltheater verpflichtet.
Elly Netz gründete neues Streichquartett. Unter dein Namen „Beethoven-Quartett" rief Deutschlands berühmte Pianistin Ellh Neh ein neues Streichquartett ins Leben, das sie künftig allein zu ihren Kammermusikveranstaltungen hinzuziehen will.
Dunst und Wissenschaft
Diese große Rolle ist ja eigentlich keine geschlossene Charakterrolle, sondern eins virtuosische Paraderolle, in der die große Schauspielerin Agnes Sträub sämtliche Register des Charakterspiels und der Tragödie spielen kann. Da sie leider keinen kongenialen Regisseur findet, gerät sie manchmal in starhafte Uebertreibungen, die aber nicht allzu schwer belasten. Ihre Gegenspieler sind Friedrich Ulmer, genannt der Münchner Kraus; als Fürst Menschikoss. Er ist ganz Disziplin und Beherrschung. In der kurzen Gegenüberstellung mit Zar Peter 1. (Hans Adalbert Schlei- tow) gibt es so etwas wie eine dramatische Antithese. In kleinen Rollen: Werner Scharf als französischer Gesandter, Lilo Aarth als Hofdame. Beifall für Sträub.
Uart Luodns
Die erste Tagung des Reichsbundes für deutsche Dor- geschichto findet vom 13. bis 20. Okktober in Halle statt. Gleichzeitig tagen der ostdeutsche und der mitteldeutsche Verband für Altertumsforschung. Am 14. Oktober sendet eine Kundgebung aus dem Thingplah statt, auf der Reichsleiter Rosenberg über Umwertung .Rechte sprechen wird. Am 15. Oktober spricht Reichssuhrer Dr. Hans Neinerth zu dem Thema !'^,?°^bbund im Kampfe um die deutsche Borge- schichte.
Krllger, der Direktor des Semi- nars für romanische Sprachen und Kultur an der Umversrtat Hamburg, wurde von der Institute Ktexl- kano äe Investiesejones lünsulsttess an der Universität Mexiko zum Ehrenmitglied ernannt.
Theater und N)uM
Weitere Erstaufführungen der „Island-Saga". Georg Bollerthuns Musiktragödie „Island-Saga", die nach der vor einigen Jahren an der Bayerischen StaatSoper herausgekommenen Uraufführung von einer größeren Anzahl Bühnen mit Erfolg gegeben wurde, kommt am 4. Oktober in Kiel, am 27. Oktober in Chemnitz, am 15. November in Erfurt zur Erstaufführung.
Finnische Kammermusik im Deutschlandscnder. Am 3. Oktober spielt das Streichquartett der Oper Hclsing- fors im Dcutschlandsender ein selten vorgetragenes Werk von Jan Sibelius, dem im nächsten Jahre lusährigen. Komponisten. Es handelt sich um das Streichquartett „Vocsr, iutlmas".
„Julius Eäsar" als Rundsunkuraussühiung. Die von Walter Jostcn bearbeitete Ucbcrtrogung von Shakespeares „Julius Cäsar", die von Rudolf Rieth für
Greisswald ehrt Hermann Liins. Ercifswald hat zur Erinnerung an die Studentenzeit von Hermann Löns die bisherige Karlstraße in Hermann-Lons-Straße um- getaust. In dieser Straße befindet sich das Berknn- duugshaus der Turnerschaft „Ciinbria", in der Löns imuer Greifswalder Semester in den Jahren 188, und 1888 aktiv war und die deshalb 11 ,i Trägerin an den Hcidedichtcr gewählt wurde. Auch die Häuser, in denen LbuK während ieiner -Studienzeit ii, Grcisswald seine Wvhnung hatte, und durch Gedenktafeln ausgezeichnet worden.
Tonderausstcllung der Werke Arthur Kamptö. Die Preußische Akademie der Künste veranst-.Uet im Nahmen ihrer diesjährigen .Herbstan-stellung eine S-mt-er- aiisstel nng der Werke Prosen-,- Arthur Kampiß i-r in diesen Tagen ßim-n IN Cebnrisiqg beglü-;. -a-o- fejsvr Kamps war als lanasährhv.'r Präsiden! ^i. Äla- demie oft die führende Persönlichkeit der Großen Berliner KmistauSstelliiiige».