Montag, den 9. Juli 1934
Bremer Zeitung
Die Rede Rudolf Heß' in Königsberg
Wer am Weltkrieg teilnahm, hat eine Darstellung von dem, was eine moderner Krieg heute mit seinen vervollkommneten Waffen bedeuten würde.
Und ich wende mich an die Kameraden der Fronten des Weltkrieges hüben und drüben:
Seid ehrlich! Gewiß, wir standen einst draußen im stolzen Gefühl, wahrhafte Männer zu sein — Soldaten, Kämpfer, losgelöst von der Alltäglichkeit des früheren Lebens. Wir empfanden zeitweise vielleicht Freude an einem Dasein, das in schroffem Gegensatz stand zur Verweichlichung, die die moderne Kultur und llebevkultur mit sich bringt. Wir fühlten uns als hochwertigere Menschen, als die, welche fern der Fronten nichts zu tun hatten mit dem Schicksal der Fronten. Wir fühlten uns als die Verteidiger des Lebens unserer Nationen, als die Träger ihrer Zukunft. Wir genossen manchmal auch frohe und heitere Stunden, wir versuchten rede Minute uns geschenkten Lebens doppelt zu loben. Keiner von uns wollte die Zeit an den Fronten in seiner Erinnerung missen.
Aber seid ehrlich. Wir haben das Grauen vor dem Tode gespürt. Wir haben den Tod furchtbarer und geballter gesehen, als wohl je Menschen vor uns. Wir haben in Unterständen gehockt und uns gekrümmt in Erwartung dos zermalmeln- den Einschlags. Wir hielten im Entsetzen den Atem an, wenn unser geschultes Ohr die Granaten auf uns zufauchen hörte, wenn die Minen uns entgegenschleuderten. Uns schlug das Herz bis zum Zerspringen, wenn wir vergeblich nach Deckung suchten vor den peitschenden Maschinen- gewehrgarben. Wir glaubten unter unseren Masken inmitten der Gasschwaden zu ersticken. Wir torkelten durch wassergefüllte Gräben. Wir durchwachten fröstelnd Nächte im Schlamm der Eranattrichter. Wir ließen Tage und Wochen das Grauen des Großkampfes über uns ergehen. Wir froren und hungerten und waren oft der Verzweiflung nahe. Uns klangen die Schreie der Schwerverwundeten in den Ohren, wir sahen im Gas Erstickende sich winden. Wir begegneten dahintorkslnden Erblindeten, wir hörten das Röcheln Sterbender. Inmitten der Leichenhügel unserer Kameraden schwand uns die letzte Hoffnung auf Leben. Wir sahen das Elend der Flüchtlinge hinter uns. Wir sahen die Witwen und Waisen, die Krüppel und die Leidenden, die kränklichen Kinder, die hungernden Frauen daheim.
Seid ehrlich! Hat nicht dann und wann ein jeder von uns gefragt: Wrqu dies alles? Mutz es sein? Kann der Menschheit das in Zukunft nicht erspart werden!? Aber wir hielten aus — hüben und drüben! Wir hielten aus als Männer der Pflicht, der Disciplin, der Treue, als Männer, die Feigheit verabscheuen.
Doch heute greife ich die Fragevon damals auf und rufe sie anklagend in die Welt hinaus — als Frontkämpfer zu Frontkämpfern, als Führender eines Volkes zu den Führern der anderen Völker: Mutz es sein?! Können wir gemeinsam bei gutem Willen dies der Menschheit nicht ersparen?!
Vielleicht fragt man mich: Warum erhebst du deine Stimme erst heute? Warum schwiegst du die vergangenen Jahre? Ich will die Antwort geben: Weil meine Stimme sich in Deutschland vermischt hätte mit den Stimmen von Verrätern am eigenen Volke — mit den Stimmen derer, die' einst den deutschen Frontkämpfern in den Rücken fielen — mit den Stimmen derer, die den Frontsoldaten besoldeten und den Drückeberger lobten — mit den Stimmen derer, die die Ehre meines Volkes preisgaben — mit den Stimmen derer, die deutscherseits den Versailler Vertrag auf dem Gewissen haben. Ich wollte nicht an ihrer Gesellschaft teilhaben.
Heute darf ich reden, weil ein Mann meines Volkes die Ehre dieses Volkes vorder Welt wieder herze st ellt hat. Heute darf ich rede», weil dieser Mann die Verräter an die-
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(Fortsetzung von Seite 1)
sem Volke zum Schweigen gebracht hat. Heute darf ich reden, weil die Welt weitz, datz ein nationalsozialistischer K ä m p f e r kein Feigling ist. Heute dars ich reden, weil der Führer meines Volkes selbst der Welt die Hand zum Frieden entgegenstreckt. Heute dars ich reden, weil der Tapfersten einer, Adols Hitler, mich davor bewahrt, mißverstanden und mit Feiglingen auf eine Stufe gestellt zu werden.
Heute mutz ich reden, weil ich damit den Mann stütze, der versucht, die Welt im letzten Augenblick vor der Katastrophe zu bewahren.
Heute erhebe ich meine Stimme, weil ich gleichzeitig die Welt warnen will, das Deutschland von heute, das Deutschland des Friedens zu verwechseln mit dem Deutschland von einst, dem Deutschland des Pazifismus!
Denn das mutz man wissen: Wenn uns Frontkämpfern die Erinnerung an die Schrecken des Krieges noch tausendfach vor Augen stehen, wenn die junge Nachkriegsgeneratiou den Krieg so wenig wie wir Alten will, — zu einem „Spa- ziergang" in unser Land steht der Weg nicht offen.
Wie das französische Volk im großen Kriege jede handbreit Boden verteidigt hat und jeden Tag von neuem verteidigen würde — genau so würden wir Deutsche heute es tun. Der französische Frontsoldat besonders wird uns verstehen, wenn wir jenen, die immer noch mit dem Gedanken eines Krieges spielen — den natürlich andere an der Front führen müßten als die Hetzer —, zurufen:
Man soll es wagen, uns anzufallen! Man soll es wagen in das neue Deutschland einzumarschieren! Dann soll die Welt den Geist des neuen Deutschland kennenlernen! Es würde kämpfen, wie noch kaum je ei« Volk um seine Freiheit gerümpft hat!
Das französische Volk weiß, wie man den eigenen Boden verteidigt!
Jedes Waldstück, jeder Hügel, jedes Gehöft müßte durch Blut erobert werden! Alte und
Junge würden sich einkrallen in den Boden der Heimat. Mit einem Fanatismus sondergleichen würden sie sich zur Wehr setzen!
Und wenn selbst die lleberlegenheit moderner Waffen obsiegte, der Weg durch das Reich würde ein Weg grauenhafter Opfer auch für den Eindringling sein, denn noch nie war ein Volk so erfüllt vom eigenen Recht und damit von der Pflicht, sich gegen Uebersälle bis zum letzten zur Wehr zu setzen, wie heute unser Volk.
Aber wir glauben es nicht, was
Brunnenvergifter der internationalen Beziehungen
uns suggerieren wollen, daß irgendein Volk den Frieden Deutschlands und damit den Frieden Europas, wenn nicht der Welt, neuerdings stören wollte. Wir glauben es insbesondere auch vom französischen Volke nicht. Denn wir wissen, daß auch dieses Volk Sehnsucht nach Frieden hat. So wie wir Frontkämpfer uns entsinnen, daß Frankreichs Bevölkerung hinter den Linien des Weltkrieges stets den Krieg als ein Unglück für sich und die ganze Welt bezeichnete. Mit aufrichtiger Sympathie hat man in Deutschland — und gerade bei den Frontkämpfern Deutschlands — Stimmen französischer Frontkämpferorganisationen vernommen, die eine ehrli che Verständigung mit Deutschland fordern. Eine Forderung, die zweifellos der Kenntnis des wirklichen Gesichts des Krieges ebenso entspringt, wie der Achtung, welche Frankreichs Frontkämpfer aus soldatischem Gefühl heraus den Leistungen der deutschen Frontkämpfer entgegenbringen.
Frankreichs Soldaten wissen, wie tapfer sich die deutschen viereinhalb Jahre gegen gewaltige Uebermacht schlugen. Ebenso wie der deutsche Frontkämpfer dem französischen Frontkämpfer seineAnerkennung für seineTapferkeit nie versagen kann. Diese Tapferkeit findet ihren Ausdruck in der Tatsache, daß Frankreichs Armee den höchsten Blutzoll auf der Seite der Alliierten brachte.
Die Frontkämpfer- wollen den Frieden
Die Völker wollen den Frieden.
Deutschlands Regierung will den Frieden.
Und wenn uns Worte maßgeblicher Vertreter der französischen Regierung von Zeit zu Zeit ans Ohr klingen, die, wenig dem Geist der Verständigung entsprechen, so geben wir die Hoffnung nicht auf, daß trotz alledem auch Frankreichs Regierung den Frieden will. Wenn das französische Volk zweifellos Frieden wünscht, so haben wir die Ueberzeugung, daß darüber hinaus selbst Frankreichs Regierungen keinen Krieg mit Deutschland wollen.
Und wenn maßgebliche französische Vertreter nicht die Sprache des französischen Volkes und seiner Frontkämpfer sprechen, so dürfen deren Reden nicht einmal als Sinneskundgebung der Führung Frankreichs geweitet werden. Ein Franzose, der Volk und Politik seines Landes genau kennt, meinte zu mir: „Habt Mitleid mit uns! Wir regieren noch mit dem Parlamentarismus." Er wollte damit sagen, — daß Staatsmänner vielfach gezwungen sind, in ihren Reden nicht das zu sagen, was sie denken, sondern das, was Parlamentsmehrheiten zu hören wünschen. Parlamentsmehrheiten aber sind, wie wir wissen, nicht Meinungsvsrtreterinnen des Volkes, sondern vielmehr Interessenvertretungen wirtschaftlicher und sonstiger Kräfte.
Man darf die Ueberzeugung haben, daß auch der französische Minister BarthondenFrie- den mit Deutschland will, trotz mancher Redewendungen, die Verständigungsbereiten unschön ins Ohr klingen. Ist doch Barthou ein Mann, der politischen Weitblick mit persönlicher Kultur verbindet, ja, der mit Stolz bekennt, ein besonderer Verehrer Richard Wagners und seiner Werke zu sein. Nicht ohne Absicht dürfte er in Genf betont haben, daß er ein guter Kenner des deutschen Geisteslebens ist. Es ist auf Grund dessen nicht ausgeschlossen, daß er letzten Endes doch geneigt wäre, in der internationalen Politik den deutschen Verhältnißen Rechnung zu tragen und so maßgeblich mitzuwirken an der Befriedung Europas.
Die Geschichte wird Männern, welche in so schweren Zeiten der Völker die Verständigung zu
wege brachten, und damit die Kultur retteten, sicherlich mehr Lorbeeren flechten, als Männern, welche glauben, durch politische und militärische Angrissshandlungen Siege erringen zu können, ja die gar wirklich Siege erringen.
Die Völker selbst, denen sie den Frieden sichern, werden es ihnen danken, denn die Arbeitslosigkeit mit ihrem sozialen Elend ist doch in erster Linie zurückzuführen auf zu geringen Güteraustausch zwischen den Staaten, der durch mangelndes Vertrauen immer behindert ist. Es ist unzweifelhaft, daß aus der Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich nicht nur diese Staaten in ihrer Gesamtheit, sondern jeder einzelne innerhalb der beiden Völker — Nutzen ziehen würde.
Immer wieder hat es Adolf Hitler betont, daß Deutschland lediglich Gleichberechtigung auf allen Gebieten einschließlich denen der Rüstung wünscht. Nach Erzie- lung einer solchen Verständigung zwischen Deutschland und seinen Nachbarn kann Deutschland sich um so leichter mit dem Mindestmaß der Rüstung begnügen, welches nötig ist, um seine Sicherheit und damit den Frieden zu garantieren.
Denn ein praktisch wehrloses Land stellt eine Gefahr für den Frieden dar. Seine Wehrlosig- keit verleitet nur zu leicht zu risikolosen „Spaziergänger:" fremder Heere. Wasfenlosigkeit eines einzelnen Volkes inmitten schwergerüsteter Völker kann der Anreiz sein für ehrgeizige Männer, billige Lorbeeren zu erringen, kann der Anreiz sein für Regierungen, das eigene Volk abzulenken durch das außenpolitische Abenteuer eines Krieges. '
Gerade die alten Soldaten unter Ihnen, meine Parteigenossen, werden als einstige Soldaten bezeugen können, daß alte Frontsoldaten, zu denen ich mich selbst mit Stolz bekennen darf, den Frieden aus innerster Ueberzeugung wünschen. Die Welt weiß insbesondere, daß der Frontkämpfer Adolf Hitler mit überraschender Offenheit seine wirklichen Gedanken ihr darlegt. Die Frontkämpfer in der Regierung Deutschlands wollen ehrlich Frieden und Verständigung. Ich appelliere an die Frontkämpfer in anderen Staaten, ebenso wie an die Gut-
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(46. Fortsetzung)
„Brenkenbur", erwiderte Ortwin, „was ich an dem Fritz tun durfte, ist nicht der Rede wert. Und ich beneide die Toten, wenn ich an den Stoltenhof denke. Ich muß ihn retten, und ich kann ihn nur retten, wenn ich mich auf mich allein verlasse. Die Zeit kommt, wo sie mich rufen werden. Dann muß ich frei dastehen und darf nicht gebunden sein irgendwie. Sonst kann ich nicht zupacken, wie es sein muß."
„Du weißt, wo ich zu finden bin."
Die Heide wurde immer mehr zurückgedrängt. Ortwin mutzte weit reiten auf dem Jusserett, wenn er sie sehen wollte in ihrem Llütenkleide. Stumm kehrte er dann auf den Krögerhof zurück.
Ganz Wohlsdorf nahm Anteil an Ortwins und Lieses Hochzeitsfest Es gab kein freies Plätzchen in der Kapelle. Dichtgedrängt saß die Gemeinde, obwohl es doch Werktag war. Die Pfeiler und der Altar waren geschmückt wie noch nie zuvor mit purpurleuchtendem Heidekraut. Die Kerzen vergoldeten mit mildem Schein das Altargemälde. Kantor Meinecke spielte selbst nach langer Zeit wieder einmal die alten Ehoräle. Das wollte- er sich nicht nehmen lassen.
Nur «in Hof war nicht vertreten. Der Stoltenhof.
Um Ortwin und sein junges Weib versank die Umwelt mit allem Leid im Meer der Liebe.
Bis zur Beendigung der Kartoffelernte half Ortwin auf dem Krögerhofe. Er arbeitete für zwei. Wenn er die schwankenden Erntewagen in die Scheuern fuhr oder mit schweren Schritten hinter dem blanken Pflug ging und die Stoppeln schälte, wenn der herbe Erdgeruch der Heimatsscholle ihn umfing, schweiften seine, Gedanken wohl einmal zurück in die Vergangenheit, die er längst vergessen glaubte. Je größer der Abstand wurde von dem, was gewesen war, desto leichter wurde die Bürde, die auf seinen Schultern ruhte. Er haderte nicht mit seinem Geschick. So leicht ließ er sich nicht niederdrücken.
Des Abends kehrte er heim in sein Nest.und fühlte sich geborgen Liese umgab ihn mit einer zärtlichen, lautlosen Fürsorge, Mutter Lühr umhegte ihn wie einen eigenen Sohn. Der Heimkehrer, — so nannten ihn die Wohlsdorfer, und sie taten es mit Achtung, weil sie wußten, wie es mit ihm bestellt war. Sie standen alle auf seiner Seite. Empörung flammte auf, als Leu« die Dinge auf die Spitze trieb und Heinrich Stalte zwang, Rüdiger an Ortwins Stelle als Anerben in die Höserolle eintragen zu lassen.
Ortwin wußte, was die wenigen Zeilen der amtlichen Mitteilung für ihn bedeuteten: ein karges Pflichtteil für den Erbfall.
Viel würde es nicht mehr sein. Wenn der Vater einmal die Augen schloß und die Ruhe fand, nach der er sich so sehnte, dann würde der Stoltenhof bald ganz ausgelöscht sein aus der Geschichte des Dorfes, das nun einen Teil der großen Stadt bildete.
Die Abende wurden länger. Es litt Ortwin nicht mehr daheim, trotz allen stillen Glücks, das Liese ihm bereitete. Die Unrast fuhr ihm in die Glieder. Die Verantwortung, die er trug, wuchs. Er ging in die grauen Steinkästen der Fabriken und fragte um Arbeit.
„Was sind Sie?"
„Landwirt."
„Gehen Sie aufs Land. Wir haben Facharbeiter genug."
Immer dieselben Fragen, stets die gleiche Antwort. Die Hoffnungslosigkeit senkte sich wie ein grauer Schleier auf seine Seele. Aber er gab den Mut nicht auf. „Acht Jahre habe ich gewartet. Stets fand sich ein Weg aus augenblicklicher Not. Und jetzt sollte es anders sein? Ich will Arbeit finden, und ich mutz Arbeit finden."
Liese schwieg dazu. Sie verstand ihn ganz, obgleich sie manchmal bedrückt war von seiner stillen Trauer. Ihre Tränen weinte sie in der Einsamkeit, wenn Ortwin unterwegs war. Kehrte er heim, zwang sie sich zur Fröhlichkeit. Immer dachte sie nur an ihn, und daß sie ihm im Sommer ein neues Glück schenken wollt«. Den Erben dem Enterbten.
Es war schon November geworden, als Ortwin endlich Arbeit fand. Es wurde Zeit. Seine Abfindung als Kriegsgefangener war aufgebraucht. Die Wäscheaussteuer verschlang die Ersparnisse, die Liese auf dem Krögerhofe gemacht hatte. Es war alles so teuer Die Geldentwertung machte immer schnellere Fortschritte. Sie lebte» von der Hand in den Mund.
Kröger sah es, und Minna auch. Und der Vren- ken. Selbst dem Matthes entging es nicht. Sie wollten alle helfen, aber Ortwin verrannte sich in seinen Eigensinn und lehnte ihre Angebote schroff ab. „Ich muß nieinen Weg allein gehen. Hilf dir selbst, so hilft dir Gott."
Karl schüttelte den Kopf. „Du mußt an dein« Frau denken und darfst nicht so hart sein gegen dich selbst."
Nr. 187 Jahrgang 1934
willigen in den Regierungen dieser Staaten, uns in diesem Ziele zu unterstützen.
Ich richte diesen Appell von heiliger ost- preutzischer Erde her an die Frontsoldaten der Welt. Hier auf diesem deutschen Grenzlandboden begann einst das große Weltringen mit seinen furchtbaren Opfern; mit seinen Opfern, von denen noch heute die kämpfenden Nationen sich nicht erholt haben. Es möge das historische Kampfgebiet, von dem aus ich hier spreche, den ernsten Friedensruf in seiner Wirkung erhöhen. An Deutschlands Ostgrenze garantieren verständnisoollePakte den Frieden
der Bewohner großer Nachbarstaaten. Mögen auch die Regierungen der Völker an den anderen Grenzen unseres Reiches bald eine größere Sicherheit für ihre Volksgenossen in friedlichenVerträgendes Verstehen; sehen statt in angehäuftem Kriegsmaterial, das ist unsere Hoffnung.
Im Gedenken seiner Toten, deren viele für Ostpreußen fielen, wird in Deutschland der Wille zum Frieden stets stark und mächtig sein! Die alten Soldaten der Front und die jungen Kämpfer für ein freies, stolzes und friedfertiges Reich grüßen den Frontkämpfer und ihren Führer Adolf Hitler. Grützen wir alle ihn zugleich als den Kämpfer für den Frieden. Sieg-Heil!
Barthou nach London abgereist
Wünsche und Vermutungen der französischen presse
Paris, 8. Juli.
Der französische Außenminister Barthou reiste am Sonntagnachmittag, begleitet von dem Kriegsmarineminister Pietri und einem ganzen Stäbe seiner engen Mitarbeiter, nach London ab.
Für das „Petit Journal" stellt die Reise Bar- thons nach London nur noch eine „ganz natürliche Fühlungnahme zwischen den Vertretern zweier Länder dar, die sreundschaftlich an der Organisierung eines dauerhaften Friedens in Europa zusammenarbeiten wollen". Es könne gar keine Rede davon sein, datz England neue Verpflichtungen in Europa übernehme. Frankreich, so schreibt der Außenpolitiker des „Excelsior", gehe nicht als Bittsteller nach England, es verlange nicht, was es nicht selbst anbiete, um den Frieden zu sichern. Der „Petit Puristen" erhofft von den Besprechungen „eine gewisse Annäherung der beiderseitigen Austastungen", aber keine unmittelbaren Ergebnisse. Hauptsächlicher Gegenstand des Meinungsaustausches würden die Abrüstungsfrage und das System der regionalen Pakte sein. Gerade diese regionalen Pakte stoßen nach Ansicht des „Journal" in England auf größte Zurückhaltung, besonders wenn man davon spreche, Sowjetrußland einzuschalten. Die Hauptaufgabe Barthous werde deshalb darin bestehen, dieses Mißverständnis zu beseitigen.
„Kein Bündnis mit Frankreich"
sagen die englischen Sonntagsblätter
London, 8. Juli.
Wenn Barthou auf der Fahrt nach London die englischen Sonntagsblätter in die Hand nehmen sollte, so wird er sie mit gemischten Gefühlen wieder aus der Hand legen, denn neben oen
Vegrüßungsworten, die dem Gast gewidmet werden, wird es ihm aus allen Spalten entgegen- schreien „Kein Bündnis mit Frankreich."
„Observer" betont, da die britische Regierung es bereits klar gemacht habe, daß sie nicht die Absicht habe, sich an einem Ost-Locarno zu betn- ligen, so werde sich Barthous Aufgabe darauf beschränken, Informationen zu geben. Barthou und Leger würden jedoch finden, daß die britische Freundschaft für Frankreich niemals stärker ge- wesen sei.
„Sunday Expreß" setzt die Politik seines Besitzers Lord Beaverbrook, den Teufel an, die Wand zu malen und die britische Regierung zu beschuldigen, gegen den Willen der Nation Frankreich auf militärischem Gebiete Zuficherun- gen zu geben, fort. Das Blatt behauptet, Barthou habe vor einigen Tagen dem britischen Kabinett seinen Plan unterbreitet, demzufolge die britische Regierung sich verpflichten solle, eine Expeditionsstreitkraft nach Frankreich zu entsenden, um die Grenzen Frankreichs zu verteidigen, falls es je in einen neuen europäischen Krieg verwickelt werde.
Das japanische Kabinett gesichert
Tokio, 8. Juli.
Halbamtlich wird mitgeteilt, daß der japanische Ministerpräsident Okada sich am Sonnabend mit der Leitung der Oppositionspartei Minseito vollkommen geeinigt habe. Die Parteileitung habe dem japanischen Ministerpräsidenten versichert, daß sie ihm im Parlament das Vertrauen aus- sprechen werde. Die Sitzung des Parlaments wird hiernach nur noch eine formelle Bedeutung haben, da das Vertrauensvotum für das Kabinett Okada gesichert ist.
Japanischer prinzenbesuch in Neudeck
Neudeck, 8. Juli.
Der zur Zeit in Deutschland weilende Prinz Kaya stattete am Sonnabend, von Marienburg kommend, mit der Prinzessin dem Herrn Reichspräsidenten einen Besuch ab und nahm bei ihm den Tee ein. In der Begleitung des Prinzen befand sich u. a. der japanische Botschafter in Berlin. Von Neudeck setzte der Prinz, der dem japanischen Großen Eeneralstab zugeteilt und Instrukteur an der Kriegsakademie in Tokio ist, im Kraftwagen die Reise nach Mlenstein fort, um Sonntag unter sachkundiger Führung das Schlachtfeld von Tan- nenberg und das Nationaldenkmal zu besuchen.
Das Niesenfeuer in Mecklenburg
Der Brand aufs neue entflammt
Waren, 8. Juli.
Der in der Nacht auf Sonntag wieder heftig aufgeflammte große Waldbrand machte die Heranziehung von Reichswehr erforderlich, da die Löschmannschaften fast völlig erschöpft waren und abgelöst werden mußten. Wie durch ein Wunder blieben mehrere innerhalb des Waldbrandgebietes liegende Ortschaften bisher fast völlig von den Flammen verschont. Bis jetzt kann man ein Gebiet von acht Kilometer Länge und drei Kilometer Tiefe als vernichtet ansehen. Reicher Waldbestand ist den Flammen zum Opfer gefallen. Am Sonntagnachmittag wurde gemeldet, daß das Feuer stehe, aber bei einbrechender Dunkelheit wurde die Bevölkerung durch neuen Alarm wieder
zur Hilfe gerufen, da der Brand aufs neue entflammt ist.
Wegen fahrlässiger Brandstiftung wurde der mit dem Hüten von Schafen betraute 35 Jahre alte Arbeiter Joers aus Charlottenhof dem Warener Amtsgerichtsgefängnis zugeführt. Er hatte seine noch brennende Pfeife auf einer nahe am Walde gelegenen ausgedörrten Glasfläche entleert. ^
König Von Giam besucht Jugendherberge
Berlin, 8. Juli.
Das siamesische Königspaar besichtigte am Som- abenb die größte märkische Jugendherberge „Bru- noldhaus" in Altenhof (Schorfheide). Der König sprach seine Bewunderung über die schöne Lage des Hauses aus und freute sich sehr, als er von frischen Jungen des Jungvolks und Mädeln des BDM. stürmisch begrüßt wurde.
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„Die Liese ist eine Stoltenfrau geworden und denkt wie ich. Nur wer hart ist gegen sich selbst, kann gegen andere weich sein."
Minna steckte sich hinter Mutter Lühr. Ortwin merkte es nicht, daß Mehl und Erbsen und Kartoffeln vom Krögerhof stammten. Aber den Schinken rührte er nicht an, und auch nicht die Butter. Er kratzte die Margarine dünn auf sein Brot.
Mutter Lühr faß unermüdlich an der Maschine und klagte nicht. Oft war sie mehrere Tage in der Woche außer dem Hause. Die Frauen, die bei ihr nähen ließen, rühmten ihre Eoschicklichkeit. Manche Kundin, die zuerst nur aus Mitleid bei ihr arbeiten ließ. empfahl sie nach kurzer Zeit weiter.
Nun wurde es langsam besser, Ortwin trug den Kopf wieder hoch. Freitags brachte er voller Stolz die Lohntüte heim und lieferte Heller und Pfennig an Liese ab. Er kam sich vor wie ein Fürst. In der Schummerstunde fang sie fetzt manchmal ein Wiegenlied. Ortwin saß wohlig zurückgelehnt in dem feinen Korbsessel, den Kantor Meinecke ihm zur Hochzeit geschenkt hatte. Minna kam ab und zu auf ein Viertelstiindchen vor dem Schlafengehen, oder der Krögerbur. Ortwin Hütte mit keinem Menschen getauscht. Er wurde wieder umgänglicher, und ganz von selbst erzählt^ er von seinen Erlebnissen.
Nie berührten seine scharfgeprägten Worte Ding«, die Liese aufregen könnten. Doch wenn die Frauen zur Ruhe gegangen waren und nur der Kriegskamerad Kröger noch bei ihm blieb, holte er weiter aus.
Mit breitem Pinselstrich malt« er das Gemälde seiner Kriegsgefangenschaft, bald in grellen, schreienden, blutroten Farben, bald in dunkel überschattetem Grau. Aus seinen Worten klang das Brausen des Sturmes in der Steppe, das Klirren des Frostes und das Rauschen unendlicher Wäl« der. Kröger ahnte dann die unermeßliche Weile des Raumes iin Osten, die unversiegbare Kraft- quelle seiner Menschen; unbewußt erkannte er die Gefahr, die dein übervölkerten Westen Europas einst drohte, wenn Mütterchen Rußland einmal
erwachte und das geschwächte Deutschland dem ersten, furchtbaren Ansturm ausgesetzt sein mutzte.
„Menschenarm ist der deutsche Ostraum und groß die Gefahr", sagte Ortwin. „Wir schielen immer nach dem Westen, Karl. Der Westen iß faul und morsch und verderbt bis ins Knochenmark. Er hilft uns nicht, wenn es soweit ist über kurz oder lang. Hilf dir selbst —. Man sollte sich in Deutschland mehr um die Grenzmarken kümmern. Wir müßten einen Damm Laue» an unserer Ostgrenze."
..Was für einen Damm?"
„Einen lebenden Damm. Bauern müßten angesiedelt werden, niedersächsische Bauern mit stallen Fäusten und harten Köpfen, seßhaft, wie nur Bauern sein können. Unser« zweiten Ho!' besitzerssöhne gingen früher zum Militär, rissen ihre zwölf Jahre ab und wurden tüchtige, gewissenhafte Beamte, Oder sie wurden Lehrer, wie der Kantor Meinecke, manchmal auch Pastor, wie der Erevsmühl. Heute, wo alles überfüllt ist 1>» verstümmelten Vaterland, verderben sie im Proletariat der Eraßstadt, Sie vergessen, daß aA der das Land besitzt, der es erarbeitet. In o» nächsten Generation sind sie verludert."
„Du beobachtest scharf, Ortwin. und du braucht harte Worte."
„Meine Worte sind noch nicht hart genug. ^ sind nicht alle so zäh. wie der alte Putsarcken, und wenn dem nicht die Erna zur rechten Zeit »e» Kopf gewaschen hätte, würde auch er verkomm!» sein."
„Du findest treffliche Beispiele."
„Ich brauche sie nicht lange zu suchen. Bin A nicht selbst ein Industriearbeiter, der seine schafft und müde nach Hause kommt und froh m> daß «r arbeiten darf? Man nennt mich den U"" kehrer. Ich habe ein Heim, und ich habe ein darf also nicht klagen. Aber die anderen-» Erdgeruch entwöhnt, Asphaltbrodein und Benzi»' gestank atmend, verhetzt und gehetzt, so steh«» » in Wirklichkeit da. Sie sind keine Heimkehr». sondern Spreu, die der Wind verweht."
(Fortsetzung folg«