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Blüten und Früchte der Moderne
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Blüten und Früchte der Moderne

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svphische Pädagoge der zukünftigen Generation, > , Die künstlerische Gestaltung dieser Weltauschanung ist mm mit Cvnrcidi fiir iiumer verloren tt. s. w." Ein andrer erzählt, daß Conradi mit siebenundzU'nnzig Jahren sterben mußte, weil er nicht fiir die Welt paßte.Er dachte zu tief über das Leben nach, ohne zu fühlen, daß unser Leben nur dann erträglich wen» man nicht darüber nachdenkt. . . Die Universität Würzburg kann stolz auf diesen Jünger sein, der lernte, wo er lehren konnte." Und ein dritter singt ihm nach:Kaum des Gymnasiums Grabesthor sich schloß, da wardst du mein, da ward ich dein Genoß." Glückliches Zeitalter, glückliche Nation, deren Führung die Studenten im ersten Semester übernehmen!

Eine andre Sorte erregt nur Ekel durch das Prahlen mit der Frechheit. So jung auch die Herren und Damen noch sämtlich zu sein scheinen, geberdeu sich doch die meisten, als hätten sie alle Kloaken durchstudirt mit heißein Bemühn, vor allem sich im Dienste der Venu3 vnig'iv»>M die Oberpriesterwürde verdient. Größere Proben wird mir der Leser gern erlassen. Mau höre uur, was eiu Herr Hermann Bahr zum besten giebt:Ich gebe es Ihnen, mit ehrenwört­lichem Gelöbnis, schwarz auf weiß: den Tag, an dein ich die erste honette Frau, aber komplet honett, gefundeu haben werde, und einen ungehörnten Gatten, das will ich sofort in sehr gereimten Alexandrinern langatmig be­singen." Ungefähr auf gleicher Höhe steht eine novellistische Skizze eines Herrn Schwarzkvpf; die Handlung ist mit greifbarem Hohn in eine Kirche verlegt, und darnach auch der Titel gebildet, die Studien dürfte der Verfasser Wohl in einer Synagoge gemacht haben.

Dabei fällt mir etwas ein, was ich neulich iu eiucm Tageblatt gelesen habe. Ein Pariser Posse»- und Singsvielverfertigcr hat etwas Neues vom Stapel gelassen. Über ei» so wichtiges Ereignis müssen natürlich große deutsche Zeitungen schleunigst weitläufig berichte». Der Höhepunkt der schmutzigen Geschichte ist, daß einBarmi" zufällig erfährt, eine lüderliche Schauspielerin, die ihn zum besten hat, sei seine Schwester, und ihr nnn erzählt, seine Mutter habe ihm ans dem Sterbebette gestanden, er sei nicht der Sohn ihres Gatten, sondern desselben Mannes, den die Schauspielen» als ihren Vater betrachtet. Diese Enthüllung sei ihm sehr unangenehm gewesen, denn er habe sich immer für den Sohn eines Herzogs gehalten. Diese Wendung fand der Bericht­erstatter ein wenigärgerlich." Ist das uicht hübsch? Die empörendste Scham­losigkeit, die überhaupt begangen werden kann, eine solche Äußerung im Munde des Sohnes über seine Mutter, istärgerlich." In Osterreich wettern Geist­liche gegen ein Schauspiel von Anzeiigruber, i» dem der Satz ausgeführt wird, daß auch die Eltern Pflichten gegen ihre Kinder haben: wenn, wie ja erwartet werden kann, die neuesteDichtung" Henri Meilhaes ans ein Wiener Theater gebracht werde» sollte, würden die frommen Herren gegründetere Ursache haben, sich zu ereifern. Darf »um sich w»»der», daß die Zahl der Leute fortwährend