Beitrag 
Friedrichs des Großen erster Waffengang. 2.
Seite
458
Einzelbild herunterladen
 

458

die erste Forderung wieder aufgeben; er drängte ungeduldiger als je zum Ab­schluß uud befahl Pvdewils am 9, Juni, er solle von Oberschlesien zu erlangen sucheu, soviel er könnte, eventuell aber selbst auf die Abtretung von Niederschlesien mit Neiße und der Grafschaft Glatz hin binnen 24 Stunden die Präliminarien abschließen. Es war unter diesen Umständen ein eigner Glücksfall, daß, als diese Depesche am II. Juni in Breslan eintraf, Podewils bereits am 10. Juni durch die Drohuug, die Verhandlungen würden sonst wieder ohne Resultat ab- gcbrochcu werden, Lord Hyndford zu dem Gcständniß gebracht hatte, daß er schlimmsten Falles ganz Oberschlesien ohne Teschen und Troppau anzubieten bevollmächtigt sei. So betraf der Abschluß uur noch Nebenpunkte, die durch gegenseitiges Nachgeben erledigt wurden, und diesmal beeilte sich der Wiener Hof ohne Weiterungen zuzugreifen, sodaß Friedrich schon am 21. Jnni die Rati- fieativn der Präliminarien in den Händen hatte, die ihm eine Provinz gewährten, welche seinen bisherigen Staat um ein volles Drittel vergrößerte.

So war geschehen, was man nach der ganzen Lage der Dinge und der Natur der antipragmatischen Allianz erwarten mußte. War Frankreich empfindlich davon berührt, so muß hervorgehoben werden, daß gerade die schwächliche und ungeschickte Kriegführung des Marschalls Brvglic in Böhmen und die Besvrgniß, der Leiter der französischen Politik, Cardinal Fleury, könne selbst durch einen plötzlichen Separatfrieden ihn ganz oder zum Theil um die Früchte seiner Krieg­führung bringen, den König zu so schnellem Abschluß drängte. Die Staats- raifon des 18. Jahrhunderts kannte nur eine Jntercssenpolitik, ihr entsprechend hat Friedrich gehandelt. Treffend charakterisirt Grünhagcn die Situation in dem Capitel über die Berechtigung des Friedens:Der Herrscher eines kleinen Staates von verhältnismäßig geringen Hilfsgnellen ringt mit Aufbietung aller Energie darnach, unter Benutzung günstiger Umstände inmitten feindlich gesinnter Großmächte soweit emporzukommen, um seinem Staate die Möglichkeit einer selbständigen Politik, einer freien Selbstbestimmung zu sichern. Alle Kräfte seines Landes setzt er an das große Unternehmen, und das Glück lächelt ihm, er wird militärisch Herr des gewünschten Landerwerbes; mir als es sich darum handelt, auch den Bundesgenossen den in Aussicht genommeneu Antheil zu sichern, haben alle seine Anstrengungen, welche diese nicht hinreichend unterstützten, keinen Er­folg, und er sieht sich vor die Alternative gestellt, das bereits erworbene um der Vuudesgcuosseu willen wieder aufs Spiel zn setzen und seinen erschöpften Ländern neue Opfer znzumuthen, oder aber, die Vnndcsgcnosscn im Stiche lassend, sich mit seinem Gewinn aus dem Spiele zurückzuziehen uud einen Sonderfrieden zu schließen." Uud daran knüpft er weiter folgende sehr richtige Erwägung:Wenn trotz aller der Erwägungen, die zn Friedrichs Guusten sprachen, sein Verfahren vielfach mit unbilliger Härte beurtheilt worden ist, so müssen wir dabei auch immer daran denken, daß daran vor allem der doch ganz colossale Gewinn, den er nnd er allein aus dem ganzen Kampfe davongetragen, die Hauptschuld