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den Jnstinct und die Leidenschaft des Moments bestimmt und sein öfters ausgesprochener Haß gegen alle Ideologen war der reinste Naturwnchs. Schön war den Principien der Freiheit mit Verständniß nnd Leidenschaft ergeben und in seinem ernsten und stolzen Geist scheute er keine Konsequenzen. Stein dagegen war seinen Neigungen nach entschiedener Aristokrat, und wenn er diese Neigungen in der großen Periode seines Lebens glücklich bekämpfte, wo die vaterländische Bewegung mit der Freiheitsbewegung Hand in Hand gehn mußte, so traten sie in seinem höhern Alter um so lebhafter hervor. Für Schön war der Begriff des Staats das Höchste, er war zunächst und vor allem Preuße; für Stein das Vaterland. Leidenschaftlich waren beide, aber bei Stein tr.it die Leidenschaft mächtiger hervor, und hatte sie sich ausgetobt, so war er Gründen und Rathschlägen zugänglich; Ächön war das nie. Beide Männer haben, wenn anch in verschiedenen Zweigen, durchaus segensreich auf das Vaterland gewirkt. Was Schön für die Provinz Prcnßcn gethan, wird ewig in dem Herzen des Landes leben, und sein Name wird mit der Marienburg, deren Wiederherstellung sein Werk ist, der Nachwelt aufbewahrt bleiben. In den Papieren Schöns, wie in dem, was er mündlich seinen nächsten Freunde» mitgetheilt, muß ein überreiches Material für die Kenntniß der preußischen Geschichte vorhanden sein; es wäre dringend zu wünschen, daß irgend Einer, der ihm näher stand und der selbst in dem Fach zu Hause ist. sich so bald als möglich, so lange noch die Erinnerung lebendig ist, der Sammlung und Sichtung dieses Materials unterzöge, denn es dürfte unersetzlich sein. — Das Vaterland hat einen treuen Sohn, einen Mann im vollsten Sinn des Worts verloren, und diese sind nicht so zahlreich, daß es nicht das Recht hätte, zu trauern. —
Altdeut sch er Stndentensvi cg el. Bon Karl S eisart. Bremen, H. Strack. — Der Verfasser sucht durch zahlreiche Belegstellen nachzuweisen, daß auch in dieser Beziehung die romantischen Verehrer des Mittelalters mit ihrer Apologie der sogenannten guten alten Zeit Unrecht haben, daß unser Zeitalter anch in dieser Beziehung sittlich weit höher steht, als die vorhergegangenen. Indem wir dieser Ansicht vollkommen bcitretcn, müssen wir nur bemerken, daß manche von den hier geschilderten Unsitten sich in gewissen Kreisen der Universitäten leider noch immer erhalten haben. Gewiß werden die Erinnerungen an die Universität jedem, der dort einen passenden Freundeskreis gefunden, theuer sein; allein'es läßt sich nicht ableugnen, daß nicht blos in ihren zufälligen Äußerlichkeiten, sondern in ihrem Grundcharakter noch so manches liegt, was den allgemeinen Bedingungen des Culturlcbcns widerspricht. Conflicte, wie die nenlichen in Heidelberg, werden wir noch häufig zu beklagen haben. Freilich wünschen wir auch hier keinen radicalen Umsturz, sondern eine allmälige Reform; und um diese methodisch durchzuführen, muß man das Ziel, nach dem man hinstrcbt, fest im Auge behalten. Die Universitäten sollen eine Erziehungsanstalt sein, in welcher man sür die höhern Be- russzweige vorgebildet wird, un^> dazu gehört einerseits das bestimmte Berufsstudium, sodann die allgemeine humane Vorbildung. Was in den bisherigen Einrichtungen der Universitäten diesem Zweck widerspricht, muß allmälig entfernt werden. Eine unbedingte Nachahmung der gewöhnlichen Schulform ist durchaus unnöthig. Der Grund zu einer allmäligen Vervollkommnung der Studien ist fast in jedem Fach durch Seminarien gelegt; eine consequente Erweiterung und Ver-